der BerG ist kulisse - 041 Kulturmagazin
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BüHNE<br />
nun also die herausfor<strong>der</strong>ung, drei rollen in drei stücken an<br />
einem abend auszufüllen. «ich mag dich wirklich», «land <strong>der</strong><br />
toten» und «Der grosse krieg» stammen allesamt aus <strong>der</strong> fe<strong>der</strong><br />
des amerikaners neil laBute. Der Bühnenautor, regisseur und<br />
Ex-mormone <strong>ist</strong> keiner, <strong>der</strong> es brav und schön mag. Eher sind<br />
seine figuren scheusale mit dem Blumenstrauss in <strong>der</strong> hand.<br />
manipulativ und einlullend, me<strong>ist</strong> aus ego<strong>ist</strong>ischen o<strong>der</strong> schlicht<br />
grausamen motiven. treffend dazu die von <strong>der</strong> hauptfigur in la-<br />
Butes film «in the Company of men» ausgegebene Weisung:<br />
«let’s hurt somebody». in den drei stücken spielen sich überzeichnete<br />
und abstossende, auch tragische szenen zwischen jeweils<br />
einem mann und einer frau ab. in einer einsetzenden Beziehung,<br />
die aus völlig gegensätzlichen motiven ex<strong>ist</strong>iert. in einer<br />
durch Zufall und katastrophe verhin<strong>der</strong>ten und aufgrund einer<br />
lappalie doppelt unglücklichen. in einer gescheiterten, die es<br />
aufzuarbeiten und abzuschliessen<br />
gilt. mann gegen frauen<br />
und frau gegen mann. Worte<br />
dabei als Waffen. Der grosse<br />
krieg eben.<br />
Die weiblichen Parts übernimmt<br />
Juliane lang, die ihre<br />
erste spielzeit in luzern absolviert.<br />
Die konstellation <strong>ist</strong><br />
nicht nur interessant, weil<br />
tuschy und lang die jüngsten<br />
Ensemblemitglie<strong>der</strong> sind. sie<br />
gingen auch einen ähnlichen<br />
Weg: von <strong>der</strong> kleinstadt nach<br />
Berlin zur ausbildung an <strong>der</strong><br />
hochschule für schauspielkunst<br />
Ernst Busch. tuschy von 2006 bis 2010, lang ein Jahr später.<br />
Beide führte <strong>der</strong> Weg danach nach luzern. man kannte sich<br />
da zwar vom sehen und feiern in <strong>der</strong> deutschen hauptstadt, im<br />
gleichen stück spielte man aber erstmals in <strong>der</strong> offenbach-operette<br />
«la Périchole», welche die diesjährige saison eröffnete.<br />
trotzdem darf man auf eine stimmige Chemie hoffen. haben die<br />
beiden doch mehr o<strong>der</strong> weniger bei den gleichen lehrern gelernt<br />
und zudem, laut tuschy, eine ähnliche sicht auf das arbeiten und<br />
die ästhetik im theater mitbekommen.<br />
<strong>der</strong> kurze weite Weg<br />
Den Entscheid, die Weltstadt Berlin gegen das dann doch<br />
nicht ganz so weltstädtische luzern einzutauschen, scheinen die<br />
beiden nicht bereut zu haben. Es gefällt die ambivalenz aus «Zentralschweizer<br />
gemütlichkeit» (tuschy) und internationalem<br />
flair. obwohl es natürlich nervt, wenn man sich nach Probeschluss<br />
um 22 Uhr nicht mal mehr ein Bier für zu hause holen<br />
kann. Dann kann man sich schon nach Berlin sehnen.<br />
Doch die Chance, ein fester Bestandteil eines kleineren Ensembles<br />
zu sein, wiegt das für hajo tuschy bei Weitem auf. Bekomme<br />
man in grösseren städten und häusern als junger schauspieler<br />
bestenfalls zwei o<strong>der</strong> drei grosse rollen pro spielzeit, so<br />
können es hier <strong>der</strong>en fünf sein. Eine herausfor<strong>der</strong>ung, sicher,<br />
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man gelange da schon mal an die grenzen <strong>der</strong> eigenen psychischen<br />
und physischen Belastbarkeit. aber es <strong>ist</strong> eine Plattform,<br />
um sich zu entwickeln.<br />
Und um geschichten und gefühle zu erleben, die über das im<br />
alltag Erlebbare hinausgehen, wie Juliane lang ihre motivation<br />
für die schauspielerei formuliert. sie sei abhängig von geschichten,<br />
wie es die me<strong>ist</strong>en leute sind. manche holen sich diese bei<br />
krimis und nachrichten. an<strong>der</strong>e eben im theater. hajo tuschy<br />
legt den Wert, den die schauspielerei für ihn hat, eher auf die<br />
Publikumswirkung. auf <strong>der</strong> Bühne stehen und etwas teilen,<br />
menschen berühren. manchmal vielleicht etwas mitgeben.<br />
Diese auffassungen decken sich mit dem Bild, das die beiden<br />
während des Probenbesuchs abgeben. tuschy wirkt extrovertierter,<br />
holt gerne mal etwas weiter aus und kann auch fast kindlich<br />
vergnügt werden, etwa wenn er erzählt, wie er einmal unbewusst<br />
das fahrrad seiner freundin<br />
geklaut hat. lang <strong>ist</strong> zwar auch<br />
keineswegs schüchtern, wirkt<br />
aber doch eher wie eine Beob-<br />
Mann gegen Frauen und<br />
Frau gegen Mann.<br />
Worte dabei als Waffen.<br />
Der grosse Krieg eben.<br />
achterin, wie jemand, <strong>der</strong> aufnimmt.<br />
Der auch wissen will,<br />
mit welchem artikel man im<br />
schweizerdeutschen rivella<br />
verbindet.<br />
eine innerliche Bewegung<br />
Da sitzt man dann also im<br />
luzerner theater an so einem<br />
mittwoch nach <strong>der</strong> Probe, isst<br />
Wurst aus <strong>der</strong> hauseigenen<br />
kantine und bereitet sich vor,<br />
einen amerikaner in luzern aufzuführen. geboren 1988, beziehungsweise<br />
1986. in meiningen o<strong>der</strong> Eckenförde. so kann es halt<br />
gehen. Und auch wenn die beiden nicht in Zeiten leben, in denen<br />
es noch aufruhr und randale gibt im theater, wie das <strong>der</strong> junge<br />
mann in «ich mag dich wirklich» beschwört. theater werde es<br />
immer geben, es werde immer einen an<strong>der</strong>en stellenwert haben<br />
als <strong>der</strong> Bildschirm, glaubt Juliane lang. Weil es etwas intimeres<br />
<strong>ist</strong>. Weil da eine kommunikation stattfindet.<br />
Einem stück könne man sich – im gegensatz zu einer wichtigen<br />
nachrichtenmeldung – entziehen, sagt hajo tuschy. Der Entschluss,<br />
ins theater zu gehen, sei immer mit aufwand verbunden.<br />
sich unter menschen begeben, sich ein ticket le<strong>ist</strong>en, sich<br />
auf etwas einlassen. mehr noch als im kino. Das macht den theaterbesuch<br />
zu etwas Beson<strong>der</strong>em. Und aufruhr im saal, das sei<br />
we<strong>der</strong> das Ziel noch sei dies <strong>der</strong> stoff dafür. man hoffe auf ein<br />
Publikum, das bereit <strong>ist</strong>, sich auf etwas einzulassen. Dem man<br />
eine anregung mitgeben kann. Und dass die leute danach vielleicht<br />
einen augenblick lang nichts tun.<br />
o<strong>der</strong> wie es Juliane lang ausdrückt: Die schönste art von applaus<br />
sei es, wenn ihm zuerst ein moment <strong>der</strong> stille vorangehe.<br />
Zuerst mal schlucken kann man ab dem 27. oktober.<br />
<strong>der</strong> grosse krieg: Bis 19. november, uG luzerner theater