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Diese Lücken sollten geschlossen werden,<br />
da einige Künstlerinnen – davon sind wir<br />
überzeugt – der Vergessenheit entrissen und<br />
damit eine Neubewertung ihrer künstlerischen<br />
Leistungen angestrebt werden sollte.<br />
„Angelika Kaufmann! Wer war Angelika<br />
Kaufmann? ... Eine Malerin, also kann es<br />
auch Malerinnen geben? Ich hatte noch nie<br />
von einer gehört.“ 3<br />
(Johanna Schopenhauer, 1776)<br />
KÜNSTLERINNEN IM 16. JAHR-<br />
HUNDERT IN EUROPA<br />
Um die Situation der Künstlerinnen, ihr<br />
Leben und Wirken zu begreifen, kommt<br />
man nicht umhin sowohl die Ausbildungsmöglichkeiten<br />
für Frauen, dann auch den<br />
gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Hintergrund einer näheren Betrachtung<br />
zu unterziehen, wenn auch an dieser Stelle<br />
nur in Ansätzen darauf eingegangen werden<br />
kann.<br />
Einleitend beginnen wir mit dem 16.<br />
Jahrhundert, für das festzustellen ist, daß<br />
Künstlerinnen meist aus adeligen oder humanistisch<br />
gebildeten, bürgerlichen Familien<br />
stammten. Dies ist auf den Umstand<br />
zurückzuführen, daß der Mann im allgemeinen<br />
der Haushaltsvorstand war, der die<br />
Entscheidungsgewalt über Frau, Kinder und<br />
Gesinde innehatte.<br />
Die Bestimmung der Frau und damit ihre<br />
Erziehung war somit die Ehe und ihre Ausbildung<br />
sollte immer in Hinblick auf die Bedürfnisse<br />
des Ehemannes ausgerichtet sein.<br />
In diesem Kontext war die Ausformung gewisser<br />
künstlerischer Fertigkeiten – neben<br />
Malerei auch Handarbeiten, Tanz und Musik<br />
– gerade in diesen Kreisen gewünscht.<br />
Und wenn diese nicht dem männlichen<br />
Wunsch nach Erholung und Zerstreuung<br />
entsprang, dann – in Künstlerhaushalten –<br />
der Forderung zur Unterstützung der eigenen<br />
Arbeit.<br />
Dementsprechend wurden Frauen meist<br />
in der Werkstatt ihrer männlichen Familienangehörigen<br />
als Stecherinnen oder Kopistinnen<br />
ausgebildet. Die Familie bildete damit<br />
im weitesten Sinne die erste, manchmal<br />
auch einzige Ausbildungsstätte – eine Ausbildungspraxis,<br />
die auch in den nachfolgenden<br />
Jahrhunderten fortbestand.<br />
Nur wenige Frauen schafften in diesem<br />
und den nächsten Jahrhunderten die Loslösung<br />
aus dem Familienkreis, was nicht<br />
zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß sie<br />
nicht selten ganz im Stil ihrer Väter oder<br />
männlicher Anverwandter arbeiteten und<br />
dementsprechend als Schülerin, mehr noch<br />
als Epigonin begriffen, und ihre Leistung<br />
über jene definiert wurde. Somit gilt, daß<br />
Frauen sich nahezu ausschließlich in privaten<br />
bzw. halbprivaten Bereichen betätigten,<br />
nicht in öffentlichen.<br />
KÜNSTLERINNEN IM 17. UND 18.<br />
JAHRHUNDERT IN EUROPA<br />
Im 17. Jahrhundert ist eine wachsende<br />
Anzahl an Künstlerinnen nicht nur in Italien<br />
und Holland, sondern auch in anderen<br />
europäischen Ländern zu verzeichnen. Begünstigt<br />
durch Ideen der Aufklärung, die<br />
„Gelehrsamkeit“ und „Bildung der Frauen“<br />
förderte, nahm die Zahl an Künstlerinnen<br />
auch im 18. Jahrhundert zu. Gelegentlich<br />
Gertrude van Veen (1602-1643)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 15<br />
rühmten sich Kunstakademien, sonst Frauen<br />
verschlossen, sogar der Mitgliedschaft<br />
von adeligen Künstlerinnen, die humanistischen<br />
Ideale der Zeit sah man darin umgesetzt.<br />
Die Rousseau´schen Theorien über die<br />
Geschlechter brachten indes eine wesentliche<br />
Änderung der bürgerlichen Geschlechterauffassung.<br />
Auch für diese Epoche gilt,<br />
daß die Mehrheit der bekannt gewordenen<br />
Künstlerinnen in einem verwandtschaftlichen<br />
Verhältnis zu einem Künstler stand<br />
oder bei adeliger Herkunft Zeichen- oder<br />
Malunterricht von anerkannten Künstlern<br />
erhielt – die Abhängigkeit von den finanziellen<br />
Mitteln der Familie spielte eine wesentliche<br />
Rolle für die Dauer und Qualität<br />
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