CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 02/2019

SAVOIR VIVRE WEEKENDER
BRÜSSEL | BRUSSELS
Bruegels großes Jahr
Bruegel’s big year
Text: Gerald Sturz
Selbstverständlich sind Brüssel und die Region Flandern immer eine Reise wert. Tolles Essen, spannende
Architektur, viel Kunst und Kultur. In diesem Jahr gibt es aber einen besonderen Anlass für einen Besuch.
Zum 450. Mal jährt sich der Todestag Pieter Bruegels und das wird in zahlreichen Ausstellungen und
Events gewürdigt.
It goes without saying that Brussels and the Flanders region as a whole are always worth a visit. Great
food, exciting architecture, plenty of art and culture. This year, however, there’s a particularly unique
reason for visiting the area – the 450 th anniversary of the death of Pieter Bruegel, which will be commemorated
with a whole series of exhibitions and events.
Gesamtgenuss.
Total enjoyment.
Kunstdarbietung, mal
anders: Hier kann man dem
Flämischen Meister besonders
nahe sein.
Art performance in a different
way: Here you can be especially
close to the Flemish Master.
PHOTOS: VISITFLANDERS
Das Atomium (rechts), ein Wahrzeichen Brüssels, entstand 1958 zur Weltausstellung. The Atomium (right), a landmark of Brussels,
was created in 1958 for the World‘s Exhibition.
Natürlich ist Brüssel eine Stadt mit vielen Gesichtern.
Am nachhaltigsten beeindruckt Brüssel
als Hauptstadt Europas, als Zentrum der Europäischen
Union, wo Lobbyisten, Beamte und Politiker
über das Schicksal Europas entscheiden. Dass man
es verabsäumt hat, die besten, klügsten und visionärsten
Architekten des Kontinents zusammenzuholen,
um das Regierungs- und Verwaltungsviertel
der Europäischen Union zu planen und zu entwerfen,
ist leider nicht zu übersehen.
An eindrucksvoller Architektur ist in Brüssel
dennoch kein Mangel. Man braucht nur über die
Grand-Place, den Grote Markt, zu gehen, um sich
davon zu überzeugen. Mit seinen Zunfthäusern aus
dem späten 17. Jahrhundert ist er sicherlich einer der
schönsten und eindrucksvollsten Plätze Europas.
Der Architekt, der das Bild Brüssels am Ende des 19.
und am Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt hat,
war Victor Horta. Seine im Beaux-Arts-Stil errichteten
Gebäude sind vor allem in den Stadtteilen St.-
Gilles und Châtelain zu finden.
Brüssel kann aber auch ein unterhaltsames, fröhliches
und abenteuerlustiges Gesicht zeigen. Brüssel
ist die Hauptstadt der Bandes dessinées, die im Deutschen
nur sehr unzureichend als Comics bezeichnet
werden. Hier ist die Heimat von Tim und Struppi,
von Tintin und Milou, wie sie im Original heißen.
Und auch der Schlümpfe und des Marsupilami. Gebührend
gewürdigt wird diese Kunstform im Centre
Belge de la Bande Dessinée. Auch dieses Gebäude
wurde von Victor Horta entworfen.
Als Shopping-Metropole zeigt sich Brüssel vor allem
in der Avenue Louise oder in den Galeries Royales
Saint-Hubert, wo sich Luxusladen an Luxusladen
reiht, oder an der Rue Antoine Dansaert mit
ihren trendigen Boutiquen.
Und dann ist Brüssel sehr eindrucksvoll die Stadt
der Museen, der Kunst, der Kultur: die Königlichen
Museen der Schönen Künste, das Magritte Museum,
das Palais des Beaux-Arts de Bruxelles, das Brussels
Design Museum, das Königliche Museum für Zentralafrika,
das Wiels – Zentrum für zeitgenössische
Kunst. Sie alle sollte man einmal besucht haben.
In diesem Jahr steht Pieter Bruegel im Zentrum
der Aufmerksamkeit. Nachdem er im vergangenen
Winter in Wien in einer spektakulären Ausstellung
im Kunsthistorischen Museum geehrt worden war,
ist nun Brüssel an der Reihe. Am 9. September 1569,
also vor 450 Jahren, starb hier der Renaissance-
Künstler. Die Königlichen Museen der Schönen
Künste von Belgien besitzen nach dem Kunsthistorischen
Museum in Wien die größte Sammlung von
Bruegel-Gemälden. In der Schau „Bruegel. The Originals“
sind sie zu sehen. Man kann sehr viel Zeit vor
den riesigen Wimmelbildern verbringen, die voller
Details sind und viele Geschichten erzählen. Sie geben
ein gutes Bild von der damalige Zeit.
Spannend, erhellend und lehrreich ist es, in der
Bruegel-Box im Erdgeschoss des Museums Platz zu
nehmen. Eine 3-D-Animation zeichnet ein schönes
Bild von Bruegel, seinen Werken und der Welt, in
der er lebte und arbeitete und die er in seinen Gemälden
wiedergab.
Im Musée Oldmasters kann man in zwölf virtuellen
und interaktiven Installationen Bruegels Werke,
seine Persönlichkeit und den Kontext, in dem seine
Arbeiten entstanden sind, erforschen.
Eine einzigartige Sammlung von Bruegels Druckgrafiken
besitzt die Königliche Bibliothek von Belgien.
Weil sie so empfindlich sind, sind sie sehr selten
zu sehen. Jetzt ist die Gelegenheit dafür. In der Ausstellung
„The World of Bruegel in Black and White“
werden sie von 15. Oktober bis Anfang des nächsten
Jahres präsentiert.
Man sollte sich einen dieser praktischen Stadtpläne
greifen, die in Museen und an anderen strategischen
Punkten aufliegen und die den Besucher auf
einen Bruegel-Trail durch die Stadt lotsen. Zu jenen
Orten, die in einem Zusammenhang zur Person und
zum Werk Pieter Bruegels stehen. Der Rundweg
führt auch in die Hoogstraat im Marollenviertel.
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