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atw - International Journal for Nuclear Power | 6.2023

Reaktorkonzepte und neue Entwicklungen

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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 6 ı November<br />

Deutschlands nukleare Zukunft:<br />

beschleunigergetriebene<br />

Neutronenquellen<br />

Franklin Servan-Schreiber, Guido Houben<br />

Die letzten Leistungsreaktoren in Deutschland sind im April vom Netz gegangen. Eröffnet dies allen<br />

Seiten die Möglichkeit, etwas unverkrampfter über die nukleare Zukunft des Landes zu diskutieren? Die<br />

Erzeugung von Energie sollte dabei gar nicht im Vordergrund stehen; es gibt andere, wichtige Themen<br />

wie die Reduzierung des langlebigen Atommülls und die Produktion medizinischer Radioisotope. Die<br />

Transmutex AG setzt dazu auf beschleunigergetriebene Transmutationsanlagen. Deren Sicherheitsprofil<br />

berücksichtigt die besonderen deutschen Befindlichkeiten und ihre technologische Entwicklung hat in<br />

den letzten Jahren so große Fortschritte gemacht, dass die ersten Anlagen in zehn Jahren in Betrieb gehen<br />

könnten. 1<br />

RESEARCH AUS DEN AND UNTERNEHMEN<br />

INNOVATION 35<br />

Entsorgung als Teil einer ganzheitlichen<br />

Nuklearstrategie<br />

Deutschland ist eines der führenden nukleartechnischen<br />

Länder mit einer großen Bandbreite von<br />

mittelständischen Weltmarktführern, Konzernen,<br />

spezialisierten Patentanwälten und einer hervorragenden<br />

universitären Forschungslandschaft, die<br />

eine unerschöpfliche Quelle von Start-ups und hochbezahlten<br />

Arbeitsplätzen sind. Es tut sich aber noch<br />

schwer, seine Nuklearindustrie ganzheitlich und<br />

zukunftsgerichtet zu betrachten oder gar strategisch<br />

zu entwickeln. Beispiel Nuklearmedizin: Unternehmen,<br />

die Radioisotope zur Krebsdiagnose und<br />

-therapie entwickeln, müssen diese zur Bestrahlung<br />

ins Ausland fliegen, weil in Deutschland dazu keine<br />

Möglichkeit mehr besteht, bevor sie hier verpackt<br />

und an Krankenhäuser verschickt werden können.<br />

Auch im Umfeld von Forschungseinrichtungen wie<br />

dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Greifswald/München<br />

sind eine Reihe nuklearer Start-ups<br />

entstanden, die in absehbarer Zeit vor allem in den<br />

Bereichen Computational Engineering, Material<strong>for</strong>schung<br />

und Lasertechnologie Mehrwert schaffen<br />

werden.<br />

Wenn Deutschland hier führend bleiben möchte,<br />

müsste es eine holistische Nuklearstrategie<br />

entwickeln, die die Elemente Kernspaltung, Kernfusion<br />

und Transmutation als notwendigem Verbindungsglied<br />

beinhaltet.<br />

In den letzten Jahren hat es zudem erhebliche<br />

Entwicklungen gegeben, die es nahelegen, die zur<br />

Entsorgung von Atommüll zur Verfügung stehenden<br />

Optionen neu zu bewerten:<br />

p in Charkiw (Ukraine) wurde bereits 2021 das<br />

erste beschleunigergetriebene System im großtechnischen<br />

Maßstab in Betrieb genommen, 2<br />

p die Bundesgesellschaft für Endlagerung hat 2022<br />

den Termin für das Endlager um mehrere Jahrzehnte<br />

in die Zukunft verschoben, 3<br />

p die Qualifizierung der Endlagerbehälter mit geladenen<br />

Brennelementen sowie die Genehmigungen<br />

für die Zwischenlager beginnen in den<br />

nächsten Jahren abzulaufen. Transport, Um- oder<br />

Entladen der Behälter sind spätestens nach dem<br />

Rückbau der KKW nicht mehr möglich.<br />

Zu diesen Optionen zählen beschleunigergetriebene<br />

Transmuter oder ADS (accelerator-driven systems),<br />

die langlebigen, hochradioaktiven Müll deutlich<br />

reduzieren und entschärfen können (transmutieren),<br />

so dass er hinterher nur noch ca. 500 statt<br />

unvorstellbare 300.000 Jahre strahlt.<br />

1 Recht gegensätzliche geschichtliche Überblicke über Neutronenquellen im Bereich Transmutation bieten<br />

– Bruno Merk et al. (2019): The Current Status of Partitioning & Transmutation and How to Develop a Vision <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Waste Management. In: <strong>atw</strong> Band 64<br />

Nummer 5 (https://core.ac.uk/download/pdf/218085089.pdf),<br />

– Friederike Frieß et al. (2021): Sicherheitstechnische Analyse und Risikobewertung von Konzepten zu Partitionierungs- und Transmutationsanlagen für hochradioaktive<br />

Abfälle (www.base.bund.de/SharedDocs/Downloads/BASE/DE/berichte/kt/gutachten-partitionierung-und-transmutation.pdf) sowie<br />

– Christoph Pistner et al. (2023): Analyse und Bewertung des Entwicklungsstands, der Sicherheit und des regulatorischen Rahmens für sogenannte neuartige Reaktorkonzepte<br />

(https://doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-2023032937041/3/BASE-012_23.pdf)<br />

2 Yousri Gohar et al. (2022): Neutron Source Facility of the National Science Center “Kharkiv Institute of Physics and Technology” at Kharkiv, Ukraine (https://publications.anl.gov/anlpubs/2022/11/179767.pdf).<br />

Aufgrund des russischen Angriffskrieges musste der Betrieb jedoch leider unterbrochen werden.<br />

3 www.base.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/BASE/DE/2022/zeitplan-endlagersuche.html<br />

Research and Innovation<br />

Deutschlands nukleare Zukunft: beschleunigergetriebene Neutronenquellen ı Franklin Aus Servan-Schreiber, den Unternehmen<br />

Guido Houben

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