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atw - International Journal for Nuclear Power | 6.2023

Reaktorkonzepte und neue Entwicklungen

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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 6 ı November<br />

Dual Fluid-Reaktortechnologie:<br />

Neue Kerntechnik in Ruanda<br />

Götz Ruprecht<br />

Einleitung<br />

Die deutsch-kanadische Firma Dual Fluid arbeitet seit rund einem Jahrzehnt an einem völlig neuen Reaktordesign.<br />

Wie es dazu kam, wie sich das Unternehmen bisher entwickelte und welche Schritte jetzt geplant<br />

sind, um die Technologie zu realisieren, ist im folgenden Beitrag erläutert.<br />

Weltweit werden gerade neue Reaktordesigns entwickelt.<br />

Echte Innovationen sieht man dabei eher<br />

selten, denn die meisten Konzepte ähneln verkleinerten<br />

Leichtwasserreaktoren. Eine der wenigen<br />

echten Neuerungen kommt aus Deutschland: Dual<br />

Fluid, inzwischen eine kanadische Firma, verbindet<br />

die Vorteile von flüssigem Brennstoff mit Bleikühlung.<br />

Diese Kombination zweier bekannter Konzepte<br />

könnte die Leistungsfähigkeit heutiger Kernkraft<br />

um ein Vielfaches steigern. Geht das Konzept auf,<br />

könnte es ein ganz neues Kapitel in der Energieversorgung<br />

aufschlagen.<br />

Die Anfänge<br />

Im Jahr 2009 suchen die Physiker Ahmed Hussein<br />

und Götz Ruprecht am TRIUMF National<br />

Laboratory in Kanada wegen der Molybdän-Krise<br />

nach einem neuen Weg, um seltene medizinische<br />

Isotope mit Hilfe eines Ionenbeschleunigers herzustellen.<br />

Die ersten Simulationen des Verfahrens<br />

sind vielversprechend. Ruprecht ist fasziniert von<br />

der Idee und entschließt sich, sie weiterzuverfolgen.<br />

Zusammen mit Armin Huke, Postdoc an der<br />

Technischen Universität Berlin, und Konrad Czerski,<br />

Lehrstuhlinhaber für Kern- und Medizinphysik<br />

an der Universität Stettin, rechnet er die Methode<br />

grundlegend durch. Auch die neuen Ergebnisse bestätigen<br />

das Funktionsprinzip, doch der gefundene<br />

Weg, um die knappen Isotope bereitzustellen, wäre<br />

wenig wirtschaftlich.<br />

Um den Entwurf zu verbessern, erweitert Armin<br />

Huke den Beschleuniger um eine Anordnung, die<br />

den Neutronenfluss verstärken soll. Er entwirft<br />

dafür zwei ineinander verschränkte Kreisläufe, in<br />

denen jeweils flüssiger Kernbrennstoff und eine die<br />

Wärme abführende Substanz zirkulieren. Bald ist<br />

klar, dass Hukes Idee auch als eigenständiger Reaktor,<br />

ohne den Beschleuniger, funktionieren würde.<br />

Damit ist der Dual Fluid Reaktor geboren. Das neue<br />

Design könnte den nuklearen Brennstoff bei höchsten<br />

Temperaturen vollständig nutzen und so die<br />

Grenzen aktueller Kernkraft aufheben.<br />

Was seitdem passiert ist<br />

In den folgenden Jahren versuchen die Erfinder,<br />

Geld oder politische Unterstützung in Deutschland<br />

aufzutreiben – nach dem Unfall von Fukushima<br />

ein aussichtloses Unterfangen, trotz namhafter<br />

Fürsprecher. Als der Dual Fluid Reaktor 2013 überraschend<br />

die Publikumnominierung der „GreenTec<br />

Awards“ gewinnt, schließen die Veranstalter das<br />

Konzept kurzerhand nachträglich vom Wettbewerb<br />

aus. Auch davon lassen sich die beiden Haupterfinder<br />

Armin Huke und Götz Ruprecht nicht<br />

entmutigen und verfolgten ihre Idee unbeirrt. Den<br />

Rahmen dafür bietet das von ihnen mitgegründete<br />

gemeinnützige Institut für Festkörper-Kernphysik,<br />

das ihnen durch Spendenmittel erlaubt, das Konzept<br />

zu vertiefen und um eine Brennstoff-Recyclinganlage<br />

zu erweitern. Damit kann der Reaktor jeglichen<br />

spalt- oder brütbaren Stoff nahezu vollständig verwerten.<br />

Der Unterstützerkreis wächst derweil um<br />

weitere Enthusiasten und Spezialisten, die das Projekt<br />

jeweils auf ihre Art voranbringen.<br />

Allen Widrigkeiten zum Trotz gründet das inzwischen<br />

zwölf Personen zählende Team Anfang<br />

2021 die Firma Dual Fluid Energy Inc., um das<br />

Dual Fluid Prinzip erstmals in einem kleinen modularen<br />

Reaktor (SMR) zu realisieren. Die Wahl<br />

für die Rechts<strong>for</strong>m des neuen Unternehmens fällt<br />

auf das Unternehmer- und Kernenergie-freundliche<br />

Kanada. Mitte des Jahres schließt Dual Fluid<br />

die Seed-Finanzierungsrunde erfolgreich ab und<br />

sammelt über vier Millionen Euro von Investoren<br />

aus dem deutschsprachigen Raum ein – überwiegend<br />

Unternehmer, die den Wert einer stabilen und<br />

bezahlbaren Energieversorgung erkennen. Die eingeworbenen<br />

Mittel dienen dazu, die Firma weiter<br />

aufzubauen, bestehende Kooperationen mit akademischen<br />

Partnern zu festigen und neue einzugehen.<br />

Neue Partner<br />

Da es sich um ein völlig neues Reaktordesign handelt,<br />

ist die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen<br />

Instituten ein wichtiger Eckpfeiler der Entwicklung.<br />

RESEARCH AUS DEN AND UNTERNEHMEN<br />

INNOVATION 41<br />

Special Research | KERNTECHNIK and Innovation 2022<br />

Dual Fluid: Neue Ehrenmitgliedschaft Kerntechnik Aus in den Ruanda ı Antwort Unternehmen<br />

ı Götz Erwin Ruprecht Fischer

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