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Fazer download PDF - Fundação Cultural do Estado da Bahia

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ADELICE SOUZADer Mann, der die Stundeseines Todes kannte(Kapitel aus dem Roman “O homem que sabia a hora de morrer“. Verlag Escrituras, 2012. StipendiumFUNARTE zur Förderung der literarischen Produktion sowie Ausschreibung zur Unterstützung der Herausgabeder Werke bahianischer Autoren [Pedro Calmon-Stiftung])24. Juni, Jahrestag des Heiligen St. João Batista – Festtag von São João.Ich bin meines Großvaters erste Enkelin. Nach der in Kleinstädten der Provinzhochgehaltenen Tradition sind es die Großväter, die den ersten Kindern ihrerKinder den Namen geben. Mein Großvater taufte mich. Er war mir sowohlGroßvater wie auch Taufpate. Ich war ihm sowohl Enkelin wie auch Patenkind. Ichgenoss seine Fürsorge wie eine leibliche Tochter, die bevorzugte, begünstigte.Es war seine Hand, aus der ich meine Konfirmation erhielt. Meine Großmutterhielt mich an Armen und Beinen fest und er übergoss meinen Kopf, wie derheilige Prophet es mit Christus machte. Ich hörte eine Stimme sagen: „Dies istmeine geliebte Tochter, an der ich mich erfreue“? Der Heilige Geist war zugegen,vielleicht in der Gestalt eines Tieres? War er es, der <strong>da</strong> draußen vor der Kirche sofröhlich bellte? Das Himmelreich war in greifbarer Nähe? Ich war noch sehr klein,ich wurde getauft, ehe ich mir ein Bewusstsein geformt hatte, aber ich erinneremich verschwommen, wie an etwas, <strong>da</strong>s mir im Traum erschien. Ich erinnere mich,von der Feuchtigkeit des Weihwassers in meinem Haar wie betäubt gewesen zusein. Und mit der Überschwemmung meines Kopfes, gleichsam atemlos, erlebteich <strong>da</strong>s erste echte Gefühl von Meer. Das Weihwasser der Taufe reinigte mich,säuberte meinen Körper wie Meereswellen.Mein erstes Sakrament kam zu mir durch diese ewigen Hände meinesGroßvaters, der mich in den Wassern badete und mich <strong>da</strong>bei jene Kunst lehrte,<strong>da</strong>s Unmögliche zu wissen, indem er meine Seele in Gnade tauchte bei demVersuch, Schuld und jene Sünden vor mir zu verbergen, die ich <strong>do</strong>ch schon inmir trug. Er befreite mich von dem Zustand, eine Heidin zu sein, und weihte michin andere Rituale ein, auf <strong>da</strong>ss ich diese Welt etwas besser durch ihre Elementeverstehe. Auch durch die Segnung, mit der Bitte, Gott möge mich segnen. Undwenn es denn so wäre, <strong>da</strong>ss es denn auch so sei: <strong>da</strong>ss ich meine Stunde kenne.Mein Großvater heiratete am Tag des Festes von São João. Eines Tages erzählteer mir, wie es war. Er hatte sich selbst geschworen, seine Frau nicht zu entführen,sondern ihr ein ehrenvolles Fest zu bereiten. Nicht, <strong>da</strong>ss seine eigene Mutterihre Ehre verloren hätte, weil sie einst entführt worden war, schließlich war es jaaus Liebe geschehen. Aber mit seiner eigenen Frau wünschte er sich eine anders129

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