12.07.2015 Views

Fazer download PDF - Fundação Cultural do Estado da Bahia

Fazer download PDF - Fundação Cultural do Estado da Bahia

Fazer download PDF - Fundação Cultural do Estado da Bahia

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Väter zu sein, wenn sie sich zärtlich und gastfreundlich zeigen. Zum Teufel mitFreud und seinen Komplexen! Im Gegensatz zu dem, was mir meine Analytikerineinflüstert – ja, ich mache durchaus Analyse – sind die Eltern <strong>da</strong>s allerletzte, anwas man denkt, wenn man vögeln möchte. Sie kommen einem nicht in denSinn, wenn sie es aber <strong>do</strong>ch täten, wäre er <strong>do</strong>ch sofort schlapp. Wenn dieLeidenschaft zupackt, <strong>da</strong>nn sind mir diese ganzen Erklärungsversuchevollkommen scheißegal! Da sind wir beiden, ich und er. Zwei Kerle. Männer. Diesich lieben. Und der Kleine <strong>da</strong> neben mir ist richtig hübsch. Er hat etwasArabisches an sich. Habe ich schon erzählt, <strong>da</strong>ss ich auf Araber stehe? Nicht?Macht ja nichts. Er hat dichte Brauen und Mandelaugen. Er schaut michmanchmal an, mit einem schüchternen, schiefen Blick. Wir sitzen janebeneinander, aber er sieht mich im Spiegel an der Wand, zwischen all den<strong>da</strong>vor stehenden Flaschen, Whisky, Wodka, Martini. Spiegelwand hinter demRegal, sie reflektiert die suchenden Blicke. Meine, seine, die der anderen auch.So zwischen den Flaschen sehe ich ihn, hübscher Kerl. Der Barmann stellt <strong>da</strong>snächste Bier vor mich auf den Tresen. Wie viele habe ich wohl schon gekippt?Es ist an der Zeit, eine Zigarette anzuzünden. Wir beiden verharren wie erstarrt.Nichtmal atmen. Seite an Seite. An einem Tisch in der Mitte unterhalten sichdrei Jungs über Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, korrupte Politik, Verzweiflung.Sie sind in dieser Bar in der Minderheit. An allen übrigen Tischen und hier amTresen <strong>do</strong>minieren die Älteren, die Gereiften, wenn ihr so wollt. Die Jungen sindin der Minderzahl, aber sie sind ganz entspannt. Einer von ihnen steht auf undlässt eine Münze in den Schlitz der Maschine im Hintergrund fallen. Er wählteinen dieser altmodischen Tangos. Dann beginnt er zu tanzen. Es ist wederGardel noch Piazzola. Er tanzt mit einem imaginären Partner, seine Armeumfassen seinen eigenen schlanken Körper. Das Unglaubliche an dieser Bar istgenau dies, <strong>da</strong>ss du <strong>da</strong>s Andere sein und begehren kannst. Man kann sichsogar den Luxus erlauben, in dieser trockenen Herbstnacht melancholisch zuwerden. Und romantisch <strong>da</strong>zu. An einem Tisch in der Nähe des Eingangs hältein Mann mit üppigem Schnauzbart die Hand eines schwarzen Herrn in Jeansund weißem Baumwollhemd. Ich paffe meine Zigarette. Ich bin James Gan<strong>do</strong>lfiniund kann mich auf Wunsch jederzeit in den Pornostar Jack Radclif verwandeln.Ich, James und Jack. Nach Ansicht einiger meiner Bekannten ist Jack ein beinaheperfekter Mann. Meine Rettung ist dieses „beinahe“. Ich mag keine Perfektion.Auf der Welt gibt es <strong>do</strong>ch nichts Schäbigeres als diese dämliche Vollkommenheit.Man verwahrt sie in einer Kristallkästchen, <strong>da</strong>mit sie von allen bewundert wird,Anfassen und Fotografieren verboten, auf keinen Fall die gelbe Linieüberschreiten! Jedenfalls wende ich mich jetzt einmal dem Araber zu. Er heißtwahrscheinlich Kalil, Lázaro oder Marcelo. Ich drehe zuerst den Kopf, <strong>da</strong>nn folgtder Körper, wobei mein Knie leicht seine Hüfte berührt. Mein Blick aber ist ineine vage Ferne außerhalb des „Silbernen Kruges“ gerichtet. Ich schwitze. EinigeSekunden verharre ich wartend in dieser Position. Aber er bleibt unbeweglich,LIMA TRINDADE205

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!