ME2BE_01_2013_Sued
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No.1<br />
Aus. Doch ich wollte weitermachen, mit dem,<br />
was ich gerade gelernt hatte, und was mir Halt<br />
gab und mich jetzt glücklich machte. Ich beschloss,<br />
mich mit meiner eigenen kleinen Chocolaterie<br />
selbstständig zu machen. Ich hatte<br />
wieder Glück und fand schnell diesen Laden.<br />
Das ist jetzt zehn Jahre her. Hattest du Anlaufschwierigkeiten?<br />
Überhaupt nicht, die Kunden kamen vom<br />
ersten Tag an. Dabei hatte ich wirklich riesige<br />
Angst, dass es nicht funktionieren könnte.<br />
Gleichzeitig war ich glücklich. Ich schuftete<br />
zum Teil 50 bis 60 Stunden in der Woche und<br />
habe es geliebt. Das ist es: In dem Moment zu<br />
lieben, was man tut. Selbst wenn man müde<br />
und erschöpft ist. Und ich bekam sofort so viel<br />
zurück an Begeisterung für diesen Laden, für<br />
meine Idee von Schokolade. Seit der französische<br />
Film „Chocolat“ mit Juliette Binoche<br />
und Johnny Depp herauskam – entdecken die<br />
Menschen überall ihre Lust auf Schokolade<br />
und sind neugierig…<br />
Du hattest mit deiner kleinen Chocolaterie<br />
also den Nerv der Zeit getroffen. Und dazu<br />
siehst du Juliette Binoche auch noch sehr<br />
ähnlich…<br />
Sie ist eines meiner großen Vorbilder, ich mag<br />
ihre ganze Art, ihre Emotionalität. Und der Film<br />
„Chocolat“ hat wirklich so wunderbar widergespiegelt,<br />
was Menschen mit Schokolade verbinden.<br />
Auch wenn er wie ein Klischee daher<br />
kommt, gibt es doch Parallelen, die sich auch<br />
in meinem Schokoladenleben wieder finden...<br />
Was ist für dich das Geheimnis guter Schokolade?<br />
Die Qualität der Rohstoffe ist absolut wichtig.<br />
Und natürlich die Handarbeit. Je länger du<br />
die Schokolade beim Schmelzen rührst, desto<br />
mehr wird sie "belüftet" und desto feiner wird<br />
der Geschmack. Das ist es ähnlich wie bei guten<br />
Weinen, bei Käse...<br />
Auf welche Kreationen bist du besonders<br />
stolz?<br />
Ich experimentiere gerne - mit Gewürzen,<br />
ätherischen Ölen, Blütenessenzen… Der Phantasie<br />
sind da keine Grenzen gesetzt. Da kommt<br />
immer wieder etwas Ungewöhnliches heraus.<br />
So gibt es bei mir auch Schokolade mit Rosenessenz,<br />
mit Curry oder Ziegenkäse. Ich liebe<br />
auch unsere Sonderanfertigungen nach speziellen<br />
Kundenwünschen: Als Geschenk für einen<br />
Professor aus dem Berliner Krankenhaus<br />
Charité schufen wir zum Beispiel ein Seepferdchen-Mikroskop,<br />
für einen anderen Kunden<br />
ein Marzipan-Lama und für Udo Jürgens<br />
einen Fagottspieler!<br />
Mittlerweile gibt es gerade in Großstädten<br />
viele Chocolaterien. Beobachtest du die Konkurrenz<br />
oder rührt jeder in seinen eigenen<br />
Töpfen?<br />
Ich freue mich über jeden einzelnen Mitstreiter<br />
– es kann gar nicht genug geben! Jeder Neuzugang<br />
prägt die Schoko-Kultur in Deutschland<br />
und baut sie mit auf, das ist enorm wichtig.<br />
Und jeder arbeitet auf unterschiedliche Art<br />
und Weise, hat seine eigenen Fans. Ich fühle<br />
einfach eine große Sympathie zu Leuten, die<br />
dieses Handwerk lieben und es ausüben. Und<br />
tausche mich auch unheimlich gerne mit Köchen<br />
aus.<br />
Du hast jetzt sicher viele junge Leser inspiriert.<br />
Was sollten sie bei Schoko-Experimenten<br />
zu Hause beachten?<br />
Bloß keine Berührungsängste! Zuallererst ist<br />
es ein Handwerk, die Grundregeln sind wirklich<br />
simpel. Als Einstieg eignen sich Tutorials<br />
auf Youtube wunderbar. Darüber hinaus findet<br />
man so viele schöne Rezepte und wertvolle<br />
Herstellungs-Tipps im Internet. Wer sich<br />
ernsthaft interessiert, sollte dranbleiben und<br />
nach Ausbildungsstätten forschen.<br />
Wie ist denn der klassische Weg zur Chocolatière<br />
oder zum Chocolatier?<br />
Das ist in Deutschland ganz klar eine Ausbildung<br />
zum Konditor und Patissier. Am besten<br />
in einem guten Hotel oder tollen Restaurant<br />
mit einer eigenen Patisserie. Als Krönung<br />
könnte man danach noch ins Ausland gehen<br />
und in Belgien oder Frankreich an eine der berühmten<br />
Chocolatier-Schulen gehen.<br />
Was sind neben Lust auf Schokolade die<br />
wichtigsten Voraussetzungen für diesen Beruf?<br />
Leidenschaftlich Schokolade zu essen allein<br />
reicht nicht (...lacht)! Du solltest gerne zeichnen,<br />
backen und dekorativ arbeiten können.<br />
Und eine positive Einstellung zum Leben solltest<br />
du auch mitbringen: Mit schlechter Laune<br />
kannst du nämlich Süßes gar nicht richtig<br />
schmecken…<br />
TEXT Katharina McKechnie<br />
FOTO Nadya-Vanessa Gruber<br />
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