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Spolková zpravodajská služba a pražské jaro 1968

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Dokumente des Bundesnachrichtendienstes zum Prager Frühling <strong>1968</strong> 17<br />

Der tschechoslowakische Nachrichtendienst:<br />

Ein historischer Abriss<br />

aus den BND-Akten<br />

Naturgemäß lag die Beobachtung des<br />

tschechoslowakischen Nachrichtendienstes<br />

(ND) als Dienst eines unmittelbar angrenzenden<br />

kommunistischen Staates im<br />

zentralen Fokus des BND. 28 So existiert<br />

innerhalb des BND eine Studie, welche<br />

im Rückblick auf den Wandel des ČSSR-<br />

Dienstes während und nach dem „Prager<br />

Frühling“ auf die Gefahren hinweist, welche<br />

von der (I.) Verwaltung Auslandsaufklärung<br />

im ČSSR Innenministerium (MV)<br />

ausgingen, um gleichzeitig den nun erhöhten<br />

Einfluss des sowjetischen In- und<br />

Auslandsgeheimdienstes KGB zu belegen<br />

und auch Erkenntnisse über die operative<br />

Arbeit des Dienstes aufzuzeigen. Ein<br />

Großteil der Informationen stammte von<br />

ehemaligen MV-Angehörigen, die nach der<br />

sowjetischen Invasion in den Westen übergelaufen<br />

waren. 29<br />

Die Abteilung Auslandsgegenspionage<br />

(Odbor Zahraniční kontrarozvědky – OZK)<br />

in der (I.) Verwaltung Auslandsaufklärung<br />

im Innenministerium (MV) wurde Anfang<br />

1963 gegründet. Zielrichtung waren vor<br />

allem die Nachrichtendienste der USA, der<br />

Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs<br />

und Großbritanniens. Nach einer Umorganisation<br />

im Februar 1964 erhielt sie den<br />

Namen Abteilung 6. Erst nach der Niederschlagung<br />

des „Prager Frühlings“ erfolgte<br />

28 ČSSR – Entwicklung des Nachrichtendienstes<br />

und der Staatssicherheit von <strong>1968</strong>-1971, BND-<br />

Archiv, 103.912, Entwicklung und Geschichte<br />

des ČSSR-Nachrichtendienstes, [unpaginiert].<br />

29 Vgl. Blažek, Petr/Žáček, Pavel: Zu Struktur und<br />

Entwicklung der ČSSR-Dienste Tschechoslowakei,<br />

in: Handbuch der kommunistischen Geheimdienste<br />

in Osteuropa 1944-1991, Łukasz<br />

Kamiński, Krzysztof Persak und Jens Gieseke<br />

(Hg.), Göttingen 2009, S. 396-480.<br />

eine radikale Umstrukturierung, die durch<br />

die Umbenennung in Abteilung 1 und 2 der<br />

Verwaltung B in der Hauptverwaltung Aufklärung<br />

(HSR) 1969 auch nach außen hin<br />

deutlich wurde.<br />

Bis zur Gründung 1963 war die Auslandsspionage<br />

der ČSSR auf verschiedene Behörden<br />

aufgeteilt und nicht zentralisiert - eine Folge<br />

des kommunistischen Putsches von 1948.<br />

Die verschiedenen Dienste unterstanden<br />

in dieser Zeit weniger dem Staat, sondern<br />

mehr der KPČ und schufen ein Terrorregime<br />

aus Parteisäuberungen und politischen Prozessen.<br />

Nach Außen richtete sich die Tätigkeit<br />

vor allem gegen Exilorganisationen,<br />

die als Bedrohung des kommunistischen<br />

Regimes angesehen wurden. Koordiniert<br />

wurden die Dienste von Antonin Prchal, der<br />

in der Studie als „ungeschlachter, skrupelloser,<br />

aber fähiger Nachrichtendienstmann“<br />

eingeschätzt wurde. 30 Insgesamt wurde die<br />

Auslandsspionage der 1950er Jahre als „defensiv“<br />

und „Stückwerk“ und somit weitestgehend<br />

erfolglos aus Sicht des BND bezeichnet.<br />

Innerhalb des BND wurde dem neuen<br />

Dienst eine „Sicherheitsmanie“ und ein<br />

„Fetischismus [...] der personellen Sicherheit<br />

und der Tarnung der ND-Zugehörigkeit“<br />

unterstellt. 31 Eine Enttarnung wäre<br />

eine „Todsünde“ gewesen. Die internationale<br />

Entspannung Anfang der 1960er Jahre<br />

hätte eine Aufklärungstätigkeit im Westen<br />

erleichtert. Über die zunehmenden wirtschaftlichen<br />

Kooperationen war nun auch<br />

das Einsickern von Agenten möglich. Das<br />

Interesse an Emigrantenorganisationen<br />

ging zwar zurück, dafür rückten westliche<br />

Nachrichtendienste stärker ins Blickfeld.<br />

Anfang der 1960er Jahre soll die Personal-<br />

30 BND-Archiv, 103.912, Erkenntnisse über den<br />

tschechoslowakischen Nachrichtendienst, S. 5.<br />

31 Ebd., S. 41.<br />

MFGBND 9/2016

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