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Spolková zpravodajská služba a pražské jaro 1968

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52<br />

Dokumente des Bundesnachrichtendienstes zum Prager Frühling <strong>1968</strong><br />

heiten nur eine Spekulation. Wenn es aber<br />

auch nicht möglich sein sollte, die direkte<br />

Wirkung dieses Falsums auf die Geschehnisse<br />

in der Tschechoslowakei im Frühling<br />

und Sommer <strong>1968</strong> nachzuvollziehen, so<br />

ist ein Einfluss auf die rückwirkende Interpretation<br />

des Demokratisierungsprozesses<br />

mindestens im Apparat des Innenministeriums<br />

unbestreitbar.<br />

Schluss<br />

der Wahrnehmung der „westlichen“ Nachrichtendienste<br />

und ihrer eventuellen Rolle<br />

bei der Formung des tschechoslowakischen<br />

Demokratisierungsprozesses <strong>1968</strong><br />

beschäftigen, lässt jedoch auch einen eindeutigen<br />

Schluss zu: Die Tschechoslowakei<br />

des Jahres <strong>1968</strong> war Objekt von Manipulationen<br />

der Nachrichtendienste aus den<br />

sozialistischen Ländern und nicht aus den<br />

westlichen Staaten. 163<br />

Obwohl die wichtigen Parteidokumente,<br />

die sich zu den Ursachen der „Krisenzeit“,<br />

wie die Etappe der kurzen Liberalisierung<br />

des tschechoslowakischen kommunistischen<br />

Regimes später genannt wurde,<br />

äußern, die Hauptursachen der Ereignisse<br />

des Jahres <strong>1968</strong> im Parteiapparat sehen<br />

und dem ausländischen Einfluss keine bedeutende<br />

Rolle beimessen, ist dies in den<br />

Materialien des Sicherheitsapparats umgekehrt.<br />

162 Einige Gründe, warum dem so<br />

ist, wurden bereits formuliert oder angedeutet:<br />

Der Hinweis auf hochgefährliche<br />

Aktivitäten eines äußeren Feindes hatte<br />

einen stark aufrüttelnden, aber auch Orientierung<br />

verleihenden Charakter, war ein<br />

starkes Argument gegen jeglichen Eingriff<br />

in die privilegierte Machtposition des Repressionsapparats<br />

des Regimes, und gleichzeitig<br />

entsprach sie dem allgemeinen kommunistischen<br />

Verständnis grundsätzlicher<br />

geschichtlicher Prozesse. Gerade die tschechoslowakischen<br />

Archivmaterialien mit<br />

Sicherheitscharakter aus dem Jahr <strong>1968</strong><br />

zeigen anschaulich, wie diese Mischung<br />

aus bewusstem Kalkül und unbewussten<br />

Motiven für die repressiven Regimeeinheiten<br />

Waffe und Fallstrick zugleich war. Die<br />

Untersuchung der Dokumente, die sich mit<br />

162 Das Grundsatzdokument stellt eine „Belehrung<br />

aus der Krisenentwicklung“ dar, verabschiedet<br />

am 11. 12. 1970 vom Plenum des ZK<br />

der KSČ.<br />

MFGBND 9/2016<br />

163 Vgl. Andrew, Christopher; Mitrokhin, Vasili: The<br />

Mitrokhin Archive: The KGB in Europe and the<br />

West, London 1999, S. 331-341.

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