Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
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Drucksache 14/7546 – 14 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode<br />
Die Gewinnung solcher gewebespezifischer AS-Zellen ist<br />
möglicherweise problematisch, da die Zellen in Organen<br />
wie Herz, Gehirn oder Pankreas nur in geringer Zahl vorliegen.<br />
Andere Forscherinnen und Forscher gehen davon<br />
aus, dass die Schwierigkeiten bei der Gewinnung der AS-<br />
Zellen durch den Mangel an Erfahrungen bedingt sind.<br />
Allerdings wird vermutet, dass die Zahl der somatischen<br />
Stammzellen mit dem Alter abnimmt. 53<br />
Verhältnismäßig gut zugänglich sind die Stammzellen aus<br />
dem Knochenmark. Die Gewinnung allogener (heterologer)<br />
Blutstammzellen aus Knochenmark ist allerdings durch die<br />
notwendige Punktion des Knochenmarks unter operativen<br />
Bedingungen und Narkose durchzuführen. Dabei entsteht<br />
für den Spender eine erhebliche körperliche und psychische<br />
Belastung. Abhilfe verspricht hier die inzwischen auch<br />
klinisch eingesetzte Gewinnung von Blutstammzellen aus<br />
dem peripheren Blut (periphere Blutstammzellentransplantation,<br />
PBST). Durch den Einsatz von Wachstumsfaktoren<br />
können die Bildung und Ausschwemmung von Blutstammzellen<br />
aus dem Knochenmark in das periphere Blut stimuliert<br />
werden. Die langfristigen Effekte des Einsatzes von<br />
Wachstumsfaktoren und anderen pharmakologischen Manipulationen<br />
(z. B. Chemotherapie) zur Bildung und Ausschwemmung<br />
von Blutstammzellen sind allerdings nicht<br />
ausreichend erforscht, sodass diese Therapie zurzeit in der<br />
Regel zur autologen Gewinnung von Blutstammzellen vor<br />
einer myeloablativen oder myelosuppressiven Therapie eingesetzt<br />
wird. Die Anwendung von Wachstumsfaktoren bei<br />
allogenen Stammzellspendern ist gegenwärtig nur im Rahmen<br />
einer klinischen Prüfung nach Genehmigung durch die<br />
zuständige Ethikkommission gestattet.<br />
Nach Fettabsaugungen in der plastischen Chirurgie konnten<br />
aus dem Fettgewebe mesenchymale Stammzellen gewonnen<br />
werden, die in Knorpel-, Knochen-, Muskel- oder<br />
Sehnenzellen differenzieren können. 54<br />
AS-Zellen konnten auch schon postmortal aus dem Gehirn<br />
isoliert werden. 55 Diese Zellen wurden wenige Stunden<br />
nach dem Tod entnommen und konnten zur Differenzierung<br />
und Teilung angeregt werden. Sie waren jedoch<br />
nicht dauerhaft zur Selbsterneuerung fähig, weshalb sie<br />
hier als Vorläuferzellen und nicht als Stammzellen bezeichnet<br />
wurden.<br />
Aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften sind gewebespezifische<br />
Stammzellen aus Embryonen oder Feten vergleichbar<br />
mit adulten gewebespezifischen Stammzellen.<br />
Für einige humane embryonale oder fetale Stammzellen ist<br />
eine gewisse Vermehrbarkeit gegeben (z. B. neurale Stammzellen).<br />
Entwicklungsfähigkeit wurde z. B. für humane neurale<br />
oder pankreatische fetale Stammzellen nachgewiesen.<br />
Im Unterschied zur Gewinnung von EG-Zellen sind bei<br />
der Gewinnung von gewebespezifischen Stammzellen<br />
mehrere Embryonen oder Feten aus zeitgleichen Abtreibungen<br />
erforderlich.<br />
53 Mündliche Mitteilung PD Dr. Wobus im Rahmen der nicht öffentlichen<br />
Anhörung am 23. April 2001.<br />
54 Zuk et al. 2001.<br />
55 Palmer et al. 2001.<br />
1.1.1.5.2 Vermehrung und Differenzierung<br />
Ein therapeutischer Einsatz erfordert eine ausreichende<br />
Vermehrungsfähigkeit der jeweiligen Stammzellpopulation<br />
in der Zellkultur. Da im Körper eine Reihe von Kontrollmechanismen<br />
vorgesehen sind, um eine maligne Entartung<br />
der Stammzellen zu verhindern, wird mit<br />
Schwierigkeiten bei der Vermehrung von AS-Zellen gerechnet.<br />
Auf der anderen Seite reduziert diese Eigenschaft<br />
der Zellen auch die Gefahr der Tumorbildung nach einer<br />
therapeutischen Verwendung.<br />
Die Vermehrungsfähigkeit hämatopoetischer Stammzellen<br />
ist in vitro sehr gering. Dagegen weisen mesenchymale<br />
Stammzellen aus dem Knochenmark ein erhebliches<br />
Vermehrungspotenzial auf und auch Stammzellen<br />
aus Nabelschnurblut und der Haut lassen sich deutlich<br />
besser vermehren als hämatopoetische Stammzellen.<br />
Entscheidend für das Potenzial von AS-Zellen ist ihre<br />
Entwicklungsfähigkeit. Während lange Zeit davon ausgegangen<br />
wurde, dass sich gewebespezifische AS-Zellen<br />
nur in ihr Zielgewebe entwickeln können, zeigte sich in<br />
den vergangenen Jahren zunehmend, dass auch eine Differenzierung<br />
in andere Zelltypen erfolgen kann. Auch<br />
ohne den Zellkerntransfer, der zu einer vollständigen Reprogrammierung<br />
differenzierter Körperzellen führt, gelingt<br />
es gewebespezifischen AS-Zellen unter bestimmten<br />
Bedingungen, sich in eine Reihe von Zellen zu verwandeln,<br />
die nicht zu ihrem üblichen Entwicklungsspektrum<br />
gehören (Transdifferenzierung). So konnten adulte neurale<br />
Stammzellen der Maus nach Implantation in Embryonalstadien<br />
in Skelettmuskel, Herz, Lunge, Blut und<br />
Haut nachgewiesen werden. 56 Auch Stammzellen des<br />
Knochenmarks können sich bei der Maus nicht nur in<br />
Zelltypen des Blutsystems entwickeln, sondern auch in<br />
Leber- und Muskelzellen sowie neuronale Zellen. 57 Muskelzellen<br />
wiederum können in Blutzellen differenzieren. 58<br />
Von menschlichen hämatopoetischen Stammzellen ist bekannt,<br />
dass sie sich nach einer Knochenmarktransplantation<br />
zu Leberzellen entwickeln können. 59 Hinsichtlich der<br />
Stammzellen des Knochenmarks wird deshalb inzwischen<br />
von einigen vermutet, dass sie sich möglicherweise<br />
in jeden Zelltyp verwandeln können. 60<br />
Die Mechanismen der Differenzierung von AS-Zellen in<br />
bestimmte Zelltypen sind unbekannt. Da die Zellumgebung<br />
von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung<br />
der Zellen ist, wird davon ausgegangen, dass bestimmte<br />
Proteine dazu führen können, dass die Zellen sich in einen<br />
Zelltyp entwickeln, der nicht zu ihrem Entwicklungsspektrum<br />
gehört (Transdifferenzierung). Möglicherweise<br />
können die AS-Zellen sogar in ein pluripotentes Stadium<br />
zurück verwandelt werden, wie es auch ES-Zellen auf-<br />
56 Bjornson et al. 1999; Clarke et al. 2000; Krause et al. 2001.<br />
57 Ferrari et al. 1998; Petersen et al. 1999; Mezey 2000.<br />
58 Gussoni et al. 1999.<br />
59 Theise et al. 2000.<br />
60 Melton zitiert nach Vogel 2001.