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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 55 – Drucksache 14/7546<br />

Aus ethischer Sicht werden folgende Positionen bezogen:<br />

– Aus der Sicht der Position, die dem menschlichen Embryo<br />

von Anfang an Menschenwürde und Lebensrecht<br />

zuerkennt, stellt die Erzeugung und Nutzung eines Embryos<br />

zu einem Zweck, der nicht seiner Erhaltung dient,<br />

eine dem Würdeschutz zuwiderlaufende Instrumentalisierung<br />

dar. Aufgrund des Zusammenhangs von<br />

Würde- und Lebensschutz liegt aus dieser Sicht eine Instrumentalisierung<br />

auch dann vor, wenn der Embryo<br />

zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

erzeugt wurde, aber diesem Zweck nicht zugeführt werden<br />

kann und er für andere Zwecke verbraucht wird.<br />

– Aus der Sicht der Position, die im Fall des menschlichen<br />

Embryos in vitro eine Abwägung des Lebensschutzes<br />

unter Wahrung des Würdeschutzes für prinzipiell<br />

möglich hält, ist die rechtliche Erlaubnis zu<br />

Nutzung sog. „überzähliger“ Embryonen ethisch vertretbar.<br />

Dies gilt nur dann, wenn sichergestellt ist, dass<br />

der Lebensschutz des Embryos jedem noch so hochrangigen<br />

Rechtsgut Dritter vorgeht, solange die<br />

Schwangerschaft herbeigeführt werden kann, zu deren<br />

Zweck er erzeugt wurde, oder eine andere Realisierung<br />

der Lebensaussicht in Frage kommt und wenn die<br />

Geeignetheit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit<br />

der Forschung an solchen Embryonen nachgewiesen<br />

ist. Dies setzt hochrangige Ziele und die Bindung an<br />

enge Zulassungsbedingungen voraus. Aus der Sicht<br />

dieser Position ist die Erzeugung von Embryonen zum<br />

Zweck der Stammzellentnahme ethisch aber nicht legitimierbar,<br />

da sie mit dem angenommenen Würdeschutz<br />

unvereinbar ist.<br />

– Aus Sicht einer gradualistischen Position, die von einem<br />

erst im Lauf der embryonalen Entwicklung einsetzenden<br />

Würdeschutz und einem abwägbaren Lebensschutz<br />

des menschlichen Embryos ausgeht, ist die<br />

Nutzung sog. „überzähliger“ Embryonen zu hochrangigen<br />

Zwecken ethisch legitim. Etliche Vertreter und<br />

Vertreterinnen auch dieser Position gehen davon aus,<br />

dass die Schutzwürdigkeit, die auch aus dieser Position<br />

dem Embryo in vitro – im Sinn einer Gattungsoder<br />

Menschheitssolidarität – zukommt, die Herstellung<br />

von Embryonen zu Forschungszwecken ausschließt,<br />

solange Geeignetheit, Notwendigkeit und<br />

Verhältnismäßigkeit dieser Verfahren im Blick auf die<br />

genannte Schutzwürdigkeit nicht nachgewiesen sind.<br />

Die Frage nach dem Status des Embryos kann in unserer<br />

Gesellschaft zurzeit nicht im Konsens beantwortet werden.<br />

Eine Erlaubnis der Erzeugung von Embryonen zu anderen<br />

Zwecken als dem der Schwangerschaft und eine<br />

Freigabe der Verfügung von Embryonen für andere<br />

Zwecke als die ihres Selbsterhalts, sei sie auch mit hochrangigen<br />

Heilungszielen begründet, könnte der Teil der<br />

Gesellschaft, der dem menschlichen Embryo von Anfang<br />

an Menschenwürde und Lebensschutz zuerkennt, als Bedrohung<br />

der eigenen Menschenwürdegarantie ansehen.<br />

Angesichts der noch offenen Fragen bezüglich Geeignetheit,<br />

Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sowie der genannten<br />

ethischen und verfassungsrechtlichen Aspekte und<br />

der Regel, dass die ethisch weniger problematischen Mittel<br />

den problematischeren vorzuziehen sind, kann eine rechtli-<br />

che Freigabe der Gewinnung von Stammzelllinien aus sog.<br />

„überzähligen“ Embryonen durch Änderung des Schutzstandards<br />

des Embryonenschutzgesetzes nicht empfohlen<br />

werden.<br />

3.2.2 Regelungsoptionen und Empfehlungen<br />

zum „therapeutischen“ Klonen<br />

Die Erzeugung einer totipotenten Zelle durch Zellkerntransfer<br />

kann als die Erzeugung eines Embryos betrachtet<br />

werden, da die so erzeugte Zelle die Potenz besitzt, sich<br />

als Mensch zu entwickeln, sodass von einer normativen<br />

Äquivalenz auszugehen ist.<br />

Ethisch trifft für solche Kerntransfer-Embryonen, die zu<br />

Zwecken der Stammzellentnahme erzeugt worden sind, deshalb<br />

der für menschliche Embryonen im Allgemeinen bestehende<br />

und hier diskutierte Würde- und Lebensschutz voll zu.<br />

Für Vertreter und Vertreterinnen der Positionen, dass dem<br />

menschlichen Embryo von Anfang an Menschenwürde zukommt,<br />

ist die Erzeugung menschlichen Lebens zum<br />

Zwecke seiner fremdbestimmten Nutzung eine ethisch nicht<br />

akzeptierbare Verletzung der Menschenwürde und die Tötung<br />

solchen menschlichen Lebens durch Stammzellentnahme<br />

eine nicht zu rechtfertigende Verletzung des Würdeund<br />

Lebensschutzes, auch wenn die Ziele hochrangig sein<br />

mögen.<br />

Für Vertreter und Vertreterinnen der Positionen, die von einer<br />

abgestuften Schutzwürdigkeit ausgehen, sind die Erzeugung<br />

und Nutzung von Kerntransfer-Embryonen ethisch<br />

rechtfertigungsfähig, wenn sie den Geboten der Verhältnismäßigkeit,<br />

der Geeignetheit und der Notwendigkeit entsprechen.<br />

Für viele Vertreter dieser Position führt aber die<br />

Überprüfung dieser Kriterien zu einer Ablehnung, insbesondere<br />

im Hinblick auf eine mögliche breitere Anwendung<br />

und die damit verbundene Problematik des hohen Bedarfs<br />

an Eizellspenden.<br />

Darüber hinaus stellt für Vertreter und Vertreterinnen der<br />

verschiedenen Positionen das „therapeutische“ Klonen einen<br />

Einstieg in die Technik des reproduktiven Klonens dar<br />

und bleibt der Gefahr ausgesetzt, durch Implantierung des<br />

so erzeugten Embryos in den Uterus einer Frau für die Geburt<br />

eines geklonten Menschen benutzt zu werden. Da das<br />

reproduktive Klonen eine nicht nur den einzelnen Menschen,<br />

sondern auch die Gattung betreffende Instrumentalisierung<br />

darstellt, die gegen fundamentale aus der Menschenwürde<br />

folgende Rechte verstößt, muss die Gefahr des<br />

Missbrauchs – über die genannten anderen Gründe hinaus –<br />

als gewichtiger Einwand auch gegen das „therapeutische“<br />

Klonen betrachtet werden.<br />

Rechtlich widerspricht die Erzeugung eines Kerntransfer-<br />

Embryos, unabhängig davon, ob diese mit der Intention<br />

der Stammzellentnahme oder der Reproduktion erfolgt,<br />

dem Embryonenschutzgesetz.<br />

Eine gesetzliche Klarstellung im Sinne des Bestimmtheitsgebotes<br />

sollte aber aus folgenden Gründen erfolgen:<br />

– Kerntransfer-Embryonen, bei denen fremde Eizellen<br />

verwendet wurden, sind genau genommen nur zu<br />

99,98 % erbidentisch und damit keine Klone im engsten<br />

naturwissenschaftlichen Sinne;

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