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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 45 – Drucksache 14/7546<br />

gelte jedoch nur, solange das Leben des Embryos noch geschützt<br />

werden kann und es noch eine Chance des Austragens<br />

bis zur Geburt gibt.<br />

Vertreter und Vertreterinnen der gradualistischen Position<br />

II261 kommen bei Anwendung des abwägbaren Lebensgrundrechtes<br />

und bei Verneinung eines Menschenwürdeschutzes<br />

für den Embryo bis zur Nidation oder<br />

gänzlich ebenfalls zur Möglichkeit der Zulässigkeit der<br />

verbrauchenden und fremdnützigen Forschung an sog.<br />

„überzähligen“ Embryonen.<br />

Der Gesetzgeber hat bei der Güterabwägung, sofern man<br />

diese nicht wegen des Menschenwürdeschutzes für den<br />

Embryo und des Vorranges seines Lebensrechts für unzulässig<br />

erachtet, aber neben der Verletzung des Lebensrechts<br />

auch die mögliche Gefährdung des Lebensrechts262 zu berücksichtigen. Im konkreten Fall hat er zu berücksichtigen,<br />

dass weitere Embryonen in größerer Zahl in<br />

ihrem Lebensrecht gefährdet werden könnten, wenn die<br />

Verwendung von sog. „überzähligen“ Embryonen zum<br />

Zwecke der Gewinnung von Stammzellen zugelassen<br />

würde. Eine solche Gefährdung kann sich daraus ergeben,<br />

dass – jedenfalls nach Ansicht vieler – die Anzahl sog.<br />

„überzähliger“ Embryonen in der Folge bewusst gesteigert<br />

werden könnte. Das geschähe allerdings entgegen der derzeitigen<br />

Rechtslage, nach der die Existenz sog. „überzähliger“<br />

Embryonen eine unerwünschte und zu vermeidende<br />

Nebenfolge der In-vitro-Fertilisation darstellt. Aber auch<br />

eine ungewollt bzw. ungezielt sich ergebende Steigerung<br />

der Anzahl sog. „überzähliger“ Embryonen wird befürchtet.<br />

Die Akzeptanz der Abwägbarkeit von Embryonen gegenüber<br />

hochrangigen Forschungsinteressen könnte das<br />

Bewusstsein dafür verringern, dass der Gesetzgeber im<br />

Embryonenschutzgesetz deutlich bestrebt ist, jedem in<br />

vitro gezeugten Embryo eine Lebenschance zu garantieren.<br />

Die Entscheidung darüber, wann ein Embryo „überzählig“<br />

ist, also wann eine Realisierung der Weiterentwicklung<br />

nicht mehr infrage kommt, ist von persönlichen Einschätzungen<br />

der beteiligten Personen und sozialen Sachverhalten<br />

abhängig, die nicht immer eindeutig zu bewerten sind.<br />

Die Beurteilung der konkreten Situation – so wird befürchtet<br />

– wird sich von den Forschungsinteressen kaum trennen<br />

lassen. Eine forschungsbedingte Nachfrage nach sog.<br />

„überzähligen“ Embryonen könnte daher ein höheres Angebot<br />

an solchen Embryonen nach sich ziehen, die es nach<br />

der Zielsetzung des Embryonenschutzgesetzes eigentlich<br />

nicht geben sollte. Es könnte sich ein „Dammbruch“ ereignen,<br />

der den Embryonenschutz insgesamt aushöhlt.<br />

Auch diese Gefahr hat der Gesetzgeber im Interesse der<br />

Achtung vor menschlichem Leben und menschlicher<br />

Würde ins Auge zu fassen, wenn er die Frage behandelt,<br />

ob für die Forschung embryonale Stammzellen gewonnen<br />

werden dürfen.<br />

Die Lockerung des Verbots, verbrauchende Forschung an<br />

menschlichen Embryonen vorzunehmen, ließe auf die<br />

medizinisch unterstützte Fortpflanzung zwangsläufig den<br />

261 Vgl. Kapitel 2.1.4.2 Position II: Dem menschlichen Embryo kommt<br />

in abgestufter Weise Schutzwürdigkeit zu.<br />

262 Vgl. Kapitel 2.1.4.2 Position II: Dem menschlichen Embryo kommt<br />

in abgestufter Weise Schutzwürdigkeit zu.<br />

Verdacht fallen, sie diene nicht nur den Paaren, denen sie<br />

zur Elternschaft verhelfen solle, sondern stelle auch „Material“<br />

für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung. Die<br />

Voraussetzungen für die gesellschaftliche Akzeptanz der<br />

Fortpflanzungstechniken wären erheblich beeinträchtigt.<br />

Damit werden Gründe sichtbar, die gegen eine Zulassung<br />

der Gewinnung von Stammzellen aus menschlichen Embryonen<br />

in Deutschland sprechen.<br />

3.1.1.2.3 Embryonenspende und -adoption<br />

3.1.1.2.3.1 Problembeschreibung<br />

Als Prämisse für die hier anstehende Diskussion ist die<br />

Annahme zu verstehen, dass dem Embryo bereits in vitro<br />

der Schutz der menschlichen Würde und das Recht auf<br />

Leben zukommen.<br />

Es ist zu klären, ob die Möglichkeit der Embryonenadoption<br />

das Problem der sog. „überzähligen“ Embryonen beheben<br />

oder reduzieren kann, ferner<br />

– ob sie lediglich theoretisch als dritte Möglichkeit im<br />

Umgang mit sog. „überzähligen“ Embryonen diskutiert<br />

wird, oder<br />

– ob sie den Charakter des Regelfalls bzw. nur des Ausnahmefalls<br />

(„Notlösung“) trägt,<br />

– oder ob sie möglicherweise verfassungsrechtlich sogar<br />

geboten ist. 263<br />

Mit der Zulässigkeit der Embryonenadoption sind eine<br />

Reihe assoziierter Probleme zu beschreiben und zu klären:<br />

– Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz?<br />

– Verfügungsrecht der Eltern?<br />

– Einfluss auf die IVF-Techniken, missbräuchliche<br />

„Herstellung“ sog. „überzähliger“ Embryonen?<br />

– Gespaltene Mutterschaft?<br />

– Psychosoziale und rechtliche Folgen für das „adoptierte“<br />

Kind?<br />

– Bürokratische Überreglementierung („Wartelistenplätze“<br />

für adoptionswillige Frauen)?<br />

– Kommerzialisierung?<br />

– Notwendige rechtliche Regelungen (ESchG, §§1741ff.<br />

BGB, Berufsrecht für Ärzte)?<br />

– Förderung der PID („Qualitäts-Check“ vor der Adoption)?<br />

– Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen?<br />

3.1.1.2.3.2 Der Begriff der „Adoption“ im<br />

Zusammenhang mit sog.<br />

„überzähligen“ Embryonen<br />

Weder die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />

zur Annahme als Kind (Annahme an Kindes Statt) nach<br />

§§ 1741ff. BGB noch das Adoptionsvermittlungsgesetz<br />

263 Höfling 2001a, S. 176 ff.

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