Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/7546<br />
als im Fall der Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken<br />
und der Entstehung von Embryonen<br />
durch Zellkerntransfer in Form des „therapeutischen“ Klonens<br />
wird hier der Embryo zunächst um seiner selbst willen<br />
und nicht zu einem fremden Zweck Dritter erzeugt, so<br />
dass die Handlung, dem die infrage stehenden Embryonen<br />
ihren Ursprung verdanken, nicht als ein dem Schutz der<br />
Menschenwürde oder einer anderweitigen Schutzwürdigkeit<br />
des Embryos zuwiderlaufender Akt zu betrachten ist.<br />
3.1.1.2.2.1.3 Ethische Beurteilung im Blick auf<br />
die Hochrangigkeit der Ziele<br />
Doch auch die Entnahme von Stammzellen aus sog. „überzähligen“<br />
Embryonen verstößt gegen den jedem menschlichen<br />
Embryo geschuldeten Schutz. Eine Position, die die<br />
Gewinnung von ES-Zellen befürwortet, führt als Erfordernis<br />
einer Rechtfertigung der Tötung von Embryonen an,<br />
dass eine Verwendung für besondere, hochrangige Zwecke<br />
beabsichtigt sein müsse. Als solche Zwecke benennt diese<br />
Position: die Forschung mit dem Ziel der Gewinnung von<br />
unmittelbar oder mittelbar therapeutisch nutzbarem Wissen<br />
oder zumindest mit dem Ziel der Gewinnung von Grundlagenwissen,<br />
vor allem zur menschlichen Individualentwicklung,<br />
insbesondere auf molekularer Ebene, und zum Verständnis<br />
der Programmierungs-, Reprogrammierungs- und<br />
Transdifferenzierungsvorgänge bei embryonalen und adulten<br />
humanen Stammzellen. Gemäß den oben genannten245 Kriterien ist der Grad der Ranghöhe dieser Ziele als unterschiedlich<br />
zu betrachten, wobei sich die Unterschiede insbesondere<br />
nach der Therapienähe bemessen.<br />
3.1.1.2.2.1.4 Ethische Beurteilung im Blick auf<br />
die Hochrangigkeit der Mittel<br />
Bevor ethisch darüber entschieden werden kann, ob eine<br />
Entnahme von Stammzellen aus sog. „überzähligen“ Embryonen<br />
im Blick auf die genannten hochrangigen Ziele als<br />
verhältnismäßig betrachtet werden kann, muss angesichts<br />
der jedem menschlichen Embryo zukommenden Schutzwürdigkeit<br />
dargelegt werden, dass die Entnahme geeignet<br />
und notwendig ist, um die genannten Ziele zu erreichen.<br />
Dies gilt sowohl im Blick auf die Frage, ob solche Forschung<br />
auch mit adulten Stammzellen durchführbar ist, als<br />
auch auf die Frage, ob sie zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich<br />
ist oder zunächst ethisch weniger problematische Mittel<br />
für die Forschung zu den genannten hochrangigen Zwecken<br />
zu wählen sind.<br />
3.1.1.2.2.1.5 Fazit<br />
Geht man wie die erste der oben genannten Positionen246 davon aus, dass dem Embryo in vitro ein nicht abgestufter<br />
moralischer Status zukommt und Unverletzlichkeit der<br />
Würde und Lebensschutz untrennbar sind, dann kann eine<br />
Entnahme von Stammzellen aus sog. „überzähligen“ Em-<br />
245 Vgl. 2.1.2 Die Ziele der Forschung an humanen Stammzellen.<br />
246 Vgl. Kapitel 2.1.4.1 Position I: Dem menschlichen Embryo kommt<br />
von Beginn, d. h. von abgeschlossener Befruchtung an der Schutz der<br />
menschlichen Würde zu.<br />
bryonen, die mit der Zerstörung des Embryos verbunden<br />
ist, auch wenn sie zu den genannten hochrangigen Zwecken<br />
erfolgt, ethisch nicht rechtfertigt werden.<br />
Geht man davon aus, dass bestimmte Einschränkungen des<br />
Lebensschutzgebotes keinen Verstoß gegen den jedem<br />
Embryo geschuldeten Würdeschutz darstellen, erscheint<br />
eine Abwägung im Fall der sog. „überzähligen“ Embryonen<br />
möglich. Dies gilt umso mehr für die oben genannte<br />
zweite Position247 , die von einer abgestuften Schutzwürdigkeit<br />
des Lebensrechtes des menschlichen Embryos ausgeht<br />
und einen grundrechtlichen Würdeschutz des Embryos<br />
bis zur Nidation oder gänzlich verneint.<br />
Doch bleibt auch in der Perspektive der beiden zuletzt genannten<br />
Auffassungen die mögliche Rechtfertigung einer<br />
Entnahme von Stammzellen aus sog. „überzähligen“ Embryonen<br />
angesichts des hohen Rangs, der dem Lebensschutz<br />
auch des sog. „überzähligen“ Embryos zukommt,<br />
sofern überhaupt vertretbar, an den strikten Nachweis der<br />
Geeignetheit, der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit<br />
der mit dieser Entnahme notwendig verbundenen<br />
Tötung des Embryos gebunden. Im Blick auf die Geeignetheit<br />
ist der Frage möglicher Risiken und dem Grad,<br />
in dem die Ziele erreichbar sein werden, besondere Beachtung<br />
zu schenken. Hinsichtlich der Notwendigkeit ist<br />
durch Vergleich insbesondere mit der Forschung an AS-<br />
Zellen zu prüfen, ob die Entnahme von Stammzellen aus<br />
sog. „überzähligen“ Embryonen tatsächlich ohne vergleichbare<br />
Alternativen und bereits zum jetzigen Zeitpunkt<br />
indiziert ist. Im Blick auf die Verhältnismäßigkeit<br />
ist zu prüfen, in welcher Weise eine solche Entnahme ein<br />
bislang bestehendes moralisches Tabu bricht, insofern mit<br />
ihrer Zulassung gerechtfertigt wird, menschliches Leben<br />
zu einem fremden Zweck zu nutzen. Dies schließt die<br />
Frage ein, welche Hochrangigkeit des Zieles248 in einem<br />
solchen Fall zur Rechtfertigung gefordert werden muss.<br />
Das Gewicht dieser aus ethischer Perspektive sich stellenden<br />
Fragen macht deutlich, dass die Entscheidung im Blick auf<br />
eine rechtliche Regelung nur nach hinlänglicher Klärung der<br />
genannten naturwissenschaftlich-medizinischen Voraussetzungen<br />
und nur nach intensiver öffentlicher Debatte getroffen<br />
werden könnte. Gegenstand dieser Debatten sollten auch<br />
die Verfahren und die Zusammensetzung der hierfür geeigneten<br />
Gremien sein, mittels derer die oben genannten Nachweise<br />
ermittelt und geprüft werden. Dies gilt um so mehr, als<br />
nicht erwartet werden kann, dass sich der Dissens bezüglich<br />
der Auffassungen zum moralischen Status des menschlichen<br />
Embryos in vitro in absehbarer Zeit beheben lässt.<br />
3.1.1.2.2.2 Rechtliche Beurteilung der Gewinnung<br />
von pluripotenten embryonalen<br />
Stammzellen aus sog.<br />
„überzähligen“ Embryonen<br />
Das Embryonenschutzgesetz verbietet die Nutzung von<br />
Embryonen in vitro zur Gewinnung von embryonalen<br />
Stammzellen ausnahmslos. Das gilt auch für sog. „überzählige“<br />
Embryonen.<br />
247 Vgl. Kapitel 2.1.4.2 Position II: Dem menschlichen Embryo kommt<br />
in abgestufter Weise Schutzwürdigkeit zu.<br />
248 Vgl. 2.1.2 Die Ziele der Forschung an humanen Stammzellen.