Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
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Drucksache 14/7546 – 54 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode<br />
che Einschränkung der für die Forschung notwendigen<br />
Tierversuche im Tierschutzgesetz, insbesondere § 7 Abs. 3<br />
Tierschutzgesetz, der Versuche an Wirbeltieren nur zulässt,<br />
wenn sie ethisch vertretbar sind. 315<br />
Inwieweit ein generelles Verbot des Imports humaner embryonaler<br />
Stammzellen mit dem EU-Recht vereinbar<br />
wäre, ist derzeit nicht eindeutig zu klären. Es wird auch<br />
die Herbeiführung einer innerhalb der EU abgestimmten<br />
und EU-weit geltenden Lösung zum Import diskutiert.<br />
Inwieweit ein generelles Verbot des Imports gesetzlich geregelt<br />
werden könnte, ist vor diesem Hintergrund schwer<br />
entscheidbar. Eine abschließende Einschätzung des verfassungsrechtlich<br />
zulässigen Spielraumes seitens der Enquete-<br />
Kommission ist daher nicht möglich. Der Gesetzgeber ist<br />
der erste Interpret der Verfassung, er hat die verfassungsrechtlich<br />
möglichen und gebotenen Grenzziehungen durch<br />
Gesetz zu bestimmen. Der Schwerpunkt der Beratungen der<br />
Enquete-Kommission liegt hier daher bei den ethischen Fragen,<br />
die für die Bewertung des Gesetzgebers ebenfalls<br />
grundlegend sind.<br />
3.1.2.4.2 Generelle Freigabe des Imports von<br />
ES-Zellen<br />
Diese Position wird im Meinungsspektrum nur von Vertretern<br />
und Vertreterinnen jener Position zum Status des Embryos<br />
eingenommen, die im Kapitel über den moralischen<br />
Status des Embryos als „radikale Graduierungsposition“ beschrieben<br />
ist. 316<br />
3.1.2.4.3 Beschränkung des Imports<br />
Als Alternative zum Verbot des Imports wird diskutiert, die<br />
Zulässigkeit des Imports an strenge Bedingungen zu knüpfen.<br />
Diese Bedingungen können sich einerseits an bestimmten<br />
Kriterien orientieren, z. B. einen Import der ES-Zellen<br />
nur dann erlauben, wenn der Nachweis erbracht wird, dass<br />
ihre Verwendung im jeweiligen Einzelfall geeignet, erforderlich<br />
und verhältnismäßig ist. Die Bedingungen für den<br />
Import der ES-Zellen können andererseits auch an die Herkunft<br />
und die Gewinnung der embryonalen Stammzellen<br />
geknüpft werden. Denkbar ist z. B. eine Beschränkung auf<br />
diejenigen Stammzelllinien, welche aus kryokonservierten,<br />
sog. „überzähligen“ bzw. dauerhaft verwaisten Embryonen<br />
gewonnen worden sind und bei deren Gewinnung weitere<br />
zusätzliche Bedingungen erfüllt wurden. Diese Bedingungen<br />
betreffen unter anderem die freiwillige Zustimmung des<br />
Spenderpaares nach Aufklärung über Art und Zweck der<br />
Forschung und ihrer potenziellen gewerblichen Verwertung<br />
(qualifizierter informed consent) sowie die Sicherstellung,<br />
315 Tierschutz ist derzeit nicht in der Verfassung verankert und ist nach<br />
wie vor Gegenstand verfassungspolitischer Überlegungen. Gleichwohl<br />
spricht das Bundesverfassungsgericht von der Konzeption eines<br />
ethisch ausgerichteten Tierschutzes im Sinne einer Mitverantwortung<br />
des Menschen für das seiner Obhut anheim gegebene<br />
Lebewesen. Damit wird das Menschenbild des Grundgesetzes ins<br />
Spiel gebracht, das den verfassungsrechtlichen Bezugspunkt für den<br />
Tierschutz darstellt. Der Gesetzgeber darf diese Verantwortung des<br />
Menschen durch Grundrechtsschranken geltend machen, vgl. Starck<br />
1999, Rn. 383 mit weiteren Nachweisen.<br />
316 Vgl. Kapitel 2.1.4.2 Position II: Dem menschlichen Embryo kommt<br />
in abgestufter Weise Schutzwürdigkeit zu.<br />
dass kommerzielle Interessen sowohl seitens der Ärztin<br />
bzw. des Arztes und der Forscherin bzw. des Forschers als<br />
auch des embryospendenden Paares bei der Gewinnung und<br />
Zustimmungserklärung ausgeschlossen waren.<br />
Hier stellen sich in Bezug auf die Einschränkung der Forschungsfreiheit<br />
im Prinzip die gleichen Fragen wie bei einem<br />
generellen Verbot des Imports. 317 Der Gesetzgeber<br />
hat zu entscheiden, inwieweit zugunsten anderer verfassungsrechtlicher<br />
Werte die Zulässigkeit der Forschung an<br />
importierten embryonalen Stammzellen an bestimmte<br />
Genehmigungsvoraussetzungen zu knüpfen ist.<br />
Am strengsten und einem generellen Importverbot am<br />
nächsten wäre dabei die von einigen vorgeschlagene<br />
Regelung, den Import nur solcher embryonaler Stammzelllinien<br />
zuzulassen, mit deren Gewinnung entsprechend<br />
der Entscheidung des US-amerikanischen Präsidenten bereits<br />
vor dem 9. August 2001, 9.00 p.m. EDT318 begonnen<br />
wurde und die in einer von den National Institutes of<br />
Health (NIH) 319 zusammengestellten Liste enthalten sind.<br />
3.2 Regelungsoptionen und Empfehlungen<br />
3.2.1 Regelungsoptionen und Empfehlungen<br />
für die Gewinnung und Nutzung<br />
embryonaler Stammzellen aus sog.<br />
„überzähligen“ Embryonen<br />
Die Gewinnung von embryonalen Stammzellen setzt die<br />
„verbrauchende Nutzung“, d. h. die Tötung von Embryonen<br />
voraus.<br />
Rechtlich verbietet das Embryonenschutzgesetz<br />
– die Erzeugung von Embryonen zu einem anderen<br />
Zweck als dem der Herstellung einer Schwangerschaft<br />
(§ 1 Abs. 1 Satz 1 ESchG) und damit die Erzeugung<br />
von Embryonen zum Zwecke einer Stammzellentnahme<br />
und<br />
– ganz allgemein die fremdnützige Verwendung des in<br />
vitro erzeugten Embryos (§ 2 Abs.1 ESchG), damit<br />
auch die Nutzung sog. „überzähliger“ Embryonen zur<br />
Stammzellentnahme.<br />
317 Importregelungen, welche sich auf die Einhaltung bestimmter Verfahrensvorschriften<br />
beschränken (Anmeldung, Dokumentationsund<br />
Mitteilungspflichten etc.) stellen keinen unzulässigen Eingriff in<br />
die Forschungsfreiheit dar. Das gleiche gilt für Richtlinien, deren<br />
Einhaltung als Voraussetzung für eine öffentliche Förderung zur Bedingung<br />
gemacht wird.<br />
318 EDT (Eastern Daylight Saving Time) = Mitteleuropäische Sommerzeit<br />
minus 6 Stunden.<br />
319 National Institutes of Health 2001b: Folgende Kriterien müssen die<br />
Zelllinien erfüllen, damit an ihnen auch mit öffentlichen Mitteln der<br />
USA geforscht werden darf:<br />
– mit der Gewinnung der Zellen wurde vor dem 9. August 2001,<br />
9.00 p.m. EDT begonnen,<br />
– es liegt ein informed consent des Paares vor, von dem der Embryo<br />
abstammt,<br />
– die Zellen stammen von einem Embryo, der für die Fortpflanzung<br />
erzeugt, aber für diesen Zweck nicht mehr verwendet wurde<br />
(sog. „überzähliger“ Embryo),<br />
– es gab keine finanziellen Anreize, den Embryo für die Forschung<br />
zur Verfügung zu stellen.