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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/7546<br />

Eine Reihe von Staaten erlaubt die Forschung an Embryonen<br />

überhaupt nicht oder nur zur Erhaltung des konkret betroffenen<br />

Embryos. Neben Deutschland sind dies Irland,<br />

Luxemburg, Österreich, Schweiz, Norwegen und Italien.<br />

Andere Staaten erlauben zwar die Forschung, die nicht dem<br />

Embryo selbst dienen muss, verlangen aber in einem weiteren<br />

Sinne einen „gruppennützigen“ Forschungszweck, d. h.<br />

die Forschung muss sich z. B. auf die Verbesserung der<br />

Techniken künstlicher Befruchtung oder auf die Vermeidung<br />

von Fehlgeburten beziehen. Dies sind Dänemark,<br />

Frankreich und Schweden. Weitere Staaten erlauben noch<br />

eine weitergehende Forschung. Eingeschränkt werden die<br />

Forschungsmöglichkeiten hier lediglich dadurch, dass die<br />

Forschung nur in den ersten 14 Tagen nach der Befruchtung<br />

zulässig ist. Dies sind Finnland, Griechenland, Großbritannien,<br />

die Niederlande und Spanien.<br />

Ansonsten ergibt sich international eine große Vielfalt von<br />

Regelungsstrukturen, die von einer „Regelung“ durch Kommissionsentscheidungen<br />

und Richtlinien bis zu differenzierten<br />

gesetzlichen Vorgaben für die Embryonenforschung reichen.<br />

Im Anhang II werden exemplarisch die Regelungen<br />

einiger Staaten aufgeführt, wobei wegen des unterschiedlichen<br />

Informationsstandes zu den einzelnen Staaten keine<br />

einheitliche Vergleichsbasis angestrebt werden konnte.<br />

1.2.3 Rechtliche Regelungen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland zur Stammzellforschung<br />

1.2.3.1 Embryonenschutzgesetz (ESchG)<br />

Für die rechtliche Beurteilung der Forschung an Embryonen<br />

und die Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen<br />

ist das ESchG maßgeblich.<br />

Das ESchG vom 13. Dezember 1990, das am 1. Januar<br />

1991 in Kraft trat, ist ein Gesetz zur Verhinderung des<br />

Missbrauchs der künstlichen Befruchtung und des<br />

menschlichen Embryos in vitro (§§ 1 bis 4) sowie bestimmter<br />

Verfahren wie Keimbahnveränderung, Klonen,<br />

Chimären- und Hybridbildung (§§ 5 bis 7). Es hat rein<br />

strafrechtlichen Charakter und regelt daher die medizinische<br />

Anwendung der Technologie der künstlichen Befruchtung<br />

nur lückenhaft. Erst 1994 wurde dem Bund die<br />

konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die „künstliche<br />

Befruchtung beim Menschen, die Untersuchung und<br />

die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie<br />

Regelungen zur Transplantation von Organen und Geweben“<br />

übertragen (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 26 GG).<br />

Das ESchG geht von einer umfassenden Schutzwürdigkeit<br />

des menschlichen Embryos in vitro aus. Die gesetzliche<br />

Regelung erfasst den Embryo in vitro bis zu seiner<br />

Einnistung im Uterus der Frau. Mit dem Embryo darf<br />

nichts geschehen, was nicht seiner Erhaltung dient. 119 Die<br />

119 § 2 Abs. 1 ESchG: „Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer<br />

Frau vor Abschluss seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen<br />

menschlichen Embryo veräußert oder zu einem nicht seiner<br />

Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder verwendet, wird<br />

mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“<br />

Abs. 2: „Ebenso wird bestraft, wer zu einem anderen Zweck als der<br />

Herbeiführung einer Schwangerschaft bewirkt, dass sich ein<br />

menschlicher Embryo extrakorporal weiterentwickelt.“<br />

künstliche Befruchtung einer Eizelle und damit die Herstellung<br />

eines Embryos in vitro ist nur zum Zwecke der<br />

Herbeiführung einer Schwangerschaft erlaubt. 120<br />

Als Embryo im Sinne des ESchG gilt „bereits die einzelne<br />

befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom<br />

Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem<br />

Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen<br />

der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu<br />

teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag.“ 121<br />

Damit ist die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken<br />

und die Forschung an Embryonen und einzelnen<br />

totipotenten Zellen verboten. Das Verbot erstreckt<br />

sich auch auf solche Embryonen, die zum Zwecke der<br />

Herbeiführung einer Schwangerschaft hergestellt wurden,<br />

aber nicht mehr zu diesem Zweck verwendet werden<br />

können, etwa wegen nicht nur vorübergehender Erkrankung<br />

der Frau. Mit den Verboten, mehr Eizellen zu befruchten<br />

als der Frau innerhalb eines Zyklus übertragen<br />

werden können und mehr als drei Embryonen innerhalb<br />

eines Zyklus zu übertragen (§ 1 Abs. 1 Nrn. 3 und 5), zielt<br />

das ESchG darauf ab, die Entstehung von sog. „überzähligen“<br />

Embryonen, also solchen Embryonen, die dauerhaft<br />

nicht mehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

verwendet werden können, zu vermeiden. 122<br />

Im Bericht werden diese Embryonen, die dauerhaft nicht<br />

mehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet<br />

werden können, als „sog. ‚überzählige‘ Embryonen“<br />

bezeichnet. In der öffentlichen Diskussion werden aus unterschiedlichen<br />

Gründen synonym die Begriffe „verwaiste<br />

Embryonen“ oder „Embryonen ohne Lebensaussicht“<br />

verwendet.<br />

Verboten ist ebenfalls die Gewinnung (Entnahme) von<br />

Stammzellen aus Embryonen, unabhängig davon, ob<br />

diese Zellen totipotent oder pluripotent sind und ob der<br />

Embryo dabei zerstört wird oder nicht. 123<br />

Die Forschung an pluripotenten embryonalen Stammzellen<br />

ist nach dem ESchG jedoch nicht verboten. Diese können<br />

sich nicht mehr zu einem Individuum entwickeln 124<br />

120 § 1 Abs. 1 Nr. 1 ESchG: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder<br />

mit Geldstrafe wird bestraft, wer ... es unternimmt, eine Eizelle zu einem<br />

anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft<br />

der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt, ...“.<br />

121 Vgl. § 8 Abs. 1 ESchG.<br />

122 Das ESchG hat insoweit seine Wirkung effektiv entfaltet, als es auch<br />

nach zehnjähriger Geltung nach Kenntnis der Behörden nur wenige<br />

sog. „überzählige“ Embryonen gibt. Hierzu und zur Problematik der<br />

Vorkerne vgl. 3.1.1 Gewinnung von ES-Zelllinien.<br />

123 Stammzellen werden aus der inneren Zellmasse der Blastozyste eines<br />

ca. vier Tage alten Embryos gewonnen. Nach jetzigen Erkenntnissen<br />

wird der Embryo dabei zerstört, vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

2001b, S. 13.<br />

124 Vgl. 1.1.1.6 Totipotenz/Pluripotenz: Nach derzeitigem Stand der wissenschaftlichen<br />

und technischen Erkenntnisse sind die zur Gewinnung<br />

von Stammzellen aus der Blastozyste entnommenen Zellen auf den<br />

Zellverband der Blastozyste angewiesen, um sich zu einem Individuum<br />

entwickeln zu können. Aus isolierten Zellen außerhalb dieses<br />

Zellverbandes kann sich kein Individuum mehr entwickeln. Dies wird<br />

allerdings vereinzelt auch angezweifelt. Vgl. 1.1.1.6 Totipotenz/Pluripotenz.

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