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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 63 – Drucksache 14/7546<br />

werden. Auch ein Verzicht der Eltern auf dieses Wissen<br />

wäre möglich. Dies sollte gesetzlich geregelt werden.<br />

Nabelschnurblutbanken können entweder öffentlich oder<br />

privat finanziert werden. Es ist möglich – wie bisher –<br />

beide Formen parallel beizubehalten. Bei der Entscheidung<br />

über die Finanzierung der Einlagerung von Nabelschnurblut<br />

spielen die Erfolgsaussichten der Therapien,<br />

die durch die Einlagerung von Nabelschnurblut ermöglicht<br />

werden sollen, eine zentrale Rolle. So ist eine öffentliche<br />

Finanzierung der Nabelschnurblutbanken insbesondere<br />

dann sinnvoll und aus Gründen der<br />

gesellschaftlichen Solidarität angebracht, wenn Stammzellen<br />

aus dem Nabelschnurblut zur allogenen Transplantation<br />

verwendet werden können.<br />

Eine dem Stand der Erkenntnis Rechnung tragende adäquate<br />

Aufklärung über das Potenzial von Stammzellen aus Nabelschnurblut<br />

sollte von staatlicher Seite aus erfolgen, z. B.<br />

durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.<br />

6. Adulte Stammzellen (AS-Zellen)<br />

6.1 Ethische und rechtliche Probleme<br />

6.1.1 Informed consent bei der Verwendung<br />

von AS-Zellen<br />

Der entscheidende Vorteil bei der Verwendung von<br />

AS-Zellen zu Transplantationszwecken ist die Möglichkeit,<br />

Zellen der Patientin oder des Patienten zu verwenden<br />

und auf diese Weise die immunologische Abstoßungsreaktion<br />

zu verhindern. Solange die Verfahren nicht standardisiert<br />

sind, ist rechtlich von Heilversuchen oder experimentellen<br />

Studien auszugehen, die durch das jeweilige<br />

Risiko besonderer Sorgfalt in der Einholung der informierten<br />

Einwilligung bedürfen. Kommt die Transdifferenzierung<br />

oder Reprogrammierung autologer AS-Zellen jedoch<br />

nicht in Frage, können allogene (heterologe)<br />

AS-Zellen auch Dritten zugute kommen. Die Vorgehensweise<br />

entspricht in mancher Hinsicht der Blutspende. Handelt<br />

es sich jedoch um risikobehaftete invasive Techniken,<br />

ist das Verfahren eher mit der Lebendspende von Organen<br />

oder Geweben wie Knochenmark vergleichbar.<br />

6.1.2 AS-Zellen als postmortale Gewebespende<br />

Können erste Hinweise bestätigt werden, dass sich auch<br />

postmortal AS-Zellen gewinnen lassen, müsste dieser<br />

Vorgang ebenfalls ähnlich wie die Organspende behandelt<br />

werden mit der Folge, dass ein spezifisches Verfahren der<br />

Einwilligung erforderlich ist. 344<br />

344 Besonderheiten könnten sich bei Stammzellen des Hirns ergeben.<br />

6.1.3 Reprogrammierung zur Totipotenz<br />

Sollen gewebespezifische AS-Zellen für eine breite medizinische<br />

Verwendung zur Verfügung stehen, müssen sie<br />

Methoden der Reprogrammierung (Rückverwandlung in<br />

ein pluripotentes Stadium) und der Transdifferenzierung<br />

(Entwicklung in einen Zelltyp, der nicht zum bisherigen<br />

Entwicklungsspektrum der Zelle gehört) unterzogen werden.<br />

Die Möglichkeit, aus adulten Stammzellen durch<br />

eine vollständige Reprogrammierung totipotente Zellen<br />

zu erhalten, ist medizinisch-naturwissenschaftlich bisher<br />

nicht belegt. Sollte dies aber möglich oder gar bei bestimmten<br />

Verfahren der Reprogrammierung unvermeidbar<br />

sein, wäre der Regelungsbereich des Embryonenschutzgesetzes<br />

betroffen. In diesem Fall würden alle<br />

ethischen und rechtlichen Überlegungen, wie sie zu den<br />

embryonalen Stammzellen dargelegt wurden, zutreffen.<br />

6.2 Regelungsoptionen und Empfehlungen<br />

Die Gewinnung und Verwendung von adulten Stammzellen,<br />

soweit sie im autologen Rahmen und ohne Reprogrammierung<br />

zur Totipotenz erfolgt, ist rechtlich und<br />

ethisch unproblematisch und durch bestehende Gesetze<br />

und Richtlinien ausreichend geregelt.<br />

Die Gewinnung und Verwendung im allogenen (heterologen)<br />

Rahmen erfordert die gesetzliche Präzisierung der<br />

Einwilligungsregelungen für den Spender oder die Spenderin<br />

und den Empfänger bzw. die Empfängerin sowie die<br />

Regelung der Zuteilung und des Ausschlusses von Handel<br />

parallel zum Transplantationsgesetz.<br />

In Bezug auf die Verwendung postmortalen Gewebes zeigen<br />

die Erfahrungen mit dem Transplantationsgesetz eine<br />

Tendenz zur mutmaßlichen Einwilligung, sodass die persönliche<br />

Einwilligung immer stärker in den Hintergrund<br />

tritt und gleichzeitig die Zustimmung durch Dritte zunimmt.<br />

Um dieser Tendenz entgegen zu wirken, sollte die<br />

Bereitschaft zur Organspende – auch im Hinblick auf die<br />

potenziellen Möglichkeiten der Therapie mit Stammzellen<br />

– stärker als bisher durch Aufklärung und öffentliche<br />

Diskussion gefördert werden. Die Entnahme von allogenen<br />

(heterologen) Zellen zu fremdnützigen Zwecken aus<br />

dem Körper von Minderjährigen sollte ausgeschlossen<br />

werden, um von vornherein Tendenzen zu vermeiden,<br />

dass ein Kind zu dem Zweck gezeugt wird, ihm AS-Zellen<br />

für einen Verwandten zu entnehmen.<br />

Sofern eine Reprogrammierung von AS-Zellen zur Totipotenz<br />

stattfindet, sollte eine Klarstellung des Embryonenschutzgesetzes<br />

erfolgen.<br />

Aus ethischer Sicht soll die Forschung mit adulten Stammzellen,<br />

insbesondere ihrer Proliferation, Reprogrammierung<br />

und Transdifferenzierung in der Bundesrepublik<br />

Deutschland auch weiter vorrangig gefördert werden.

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