Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/7546<br />
nen Embryo auf ungeschlechtliche Weise, also ohne dass es<br />
zur Befruchtung einer menschlichen Eizelle durch eine<br />
menschliche Samenzelle kommt, zu schaffen. 132<br />
Die Notwendigkeit einer Klarstellung der Gesetzeslage<br />
ergibt sich aber vor allem aus folgendem Grund:<br />
Denkbar ist, dass sich ein Forscher nicht auf den Transfer<br />
einer (somatischen) Körperzelle in eine entkernte Eizelle<br />
beschränkt, sondern die Erbinformation des somatischen<br />
Zellkerns durch genetische Manipulation vor Übertragung<br />
in die entkernte Eizelle verändert. Führt dies dazu,<br />
dass auch unter Berücksichtigung der vorangegangenen<br />
Ausführungen nicht mehr von der Erzeugung eines Embryos<br />
mit der gleichen Erbinformation gesprochen werden<br />
kann, scheidet eine Strafbarkeit wegen Klonens nach<br />
§ 6 Abs. 1 ESchG aus. Es liegt in diesem Falle aber auch<br />
kein Verstoß gegen das Verbot der künstlichen Veränderung<br />
der Keimbahn nach § 5 Abs. 1 ESchG133 vor, da somatische<br />
Zellen (Körperzellen) keine Keimbahnzellen im<br />
Sinne des § 8 Abs. 3 ESchG134 sind. Selbst wenn man unterstellt,<br />
dass im vorstehenden Falle die Erbinformation<br />
des Zellkerns einer Keimbahnzelle im Sinne des § 8 Abs. 3<br />
manipuliert würde, scheitert ein Verstoß gegen das Klonverbot<br />
daran, dass weder der veränderte Zellkern noch die<br />
entkernte Eizelle zur Befruchtung verwendet werden (§ 5<br />
Abs. 4 Nr. 1135 , § 5 Abs. 2 ESchG136 ). Mit dieser Kombinationsmethode<br />
könnten straflos beliebig viele menschliche<br />
Embryonen erzeugt werden, sogar unter Nutzung somatischer<br />
Zellkerne etwa von Toten. Hier ist nach der im<br />
„Klonbericht“ vom 26. August 1998137 dargelegten Ansicht<br />
der Bundesregierung eine gravierende Gesetzeslücke<br />
festzustellen und zu schließen.<br />
Zweifelhaft ist auch, inwieweit das „therapeutische“ Klonen<br />
unter Verwendung einer tierischen Eizelle, also der<br />
Transfer einer menschlichen somatischen Zelle (Körperzelle)<br />
in eine entkernte tierische Eizelle, wie dies in der<br />
132 Bericht zur Frage eines gesetzgeberischen Handlungsbedarfes beim<br />
Embryonenschutzgesetz aufgrund der beim Klonen von Tieren angewandten<br />
Techniken und der sich abzeichnenden weiteren<br />
Entwicklung (Klonbericht), <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 13/11263, Abschnitt<br />
D.<br />
133 § 5 Abs. 1 ESchG: „Wer die Erbinformation einer menschlichen<br />
Keimbahnzelle künstlich verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu<br />
fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“<br />
134 § 8 Abs. 3: „Keimbahnzelle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Zellen,<br />
die in einer Zell-Linie von der befruchteten Eizelle bis zu den Eiund<br />
Samenzellen des aus ihr hervorgegangenen Menschen führen,<br />
ferner die Eizelle vom Einbringen oder Eindringen der Samenzelle<br />
an bis zu der mit der Kernverschmelzung abgeschlossenen Befruchtung.“<br />
135 § 5 Abs. 4 Nr. 1 ESchG lautet: „Absatz 1 findet keine Anwendung<br />
auf eine künstliche Veränderung der Erbinformation einer außerhalb<br />
des Körpers befindlichen Keimzelle, wenn ausgeschlossen ist, dass<br />
diese zur Befruchtung verwendet wird.“<br />
136 § 5 Abs. 2 lautet: „Ebenso wird bestraft, wer eine menschliche Keimzelle<br />
mit künstlich veränderter Erbinformation zur Befruchtung verwendet.“<br />
137 Bericht zur Frage eines gesetzgeberischen Handlungsbedarfes beim<br />
Embryonenschutzgesetz aufgrund der beim Klonen von Tieren angewandten<br />
Techniken und der sich abzeichnenden weiteren Entwicklung<br />
(Klonbericht), <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 13/11263, Ziffer 3.1<br />
und Abschnitt D.<br />
Presse berichtet wurde138 , einen Verstoß gegen das Klonverbot<br />
nach § 6 ESchG begründet. Das Klonverbot ist verletzt,<br />
wenn ein „menschlicher Embryo“ entsteht. Embryo<br />
im Sinne des § 8 Abs. 1 ESchG ist (siehe oben) bereits die<br />
entwicklungsfähige menschliche Eizelle. Bei Verwendung<br />
einer tierischen Eizellhülle kann nicht von einer<br />
menschlichen Eizelle gesprochen werden, selbst wenn<br />
diese mit einem menschlichen Zellkern verbunden<br />
wird. 139 Die Verwendung von tierischem Zellmaterial hat<br />
der Gesetzgeber in § 7 ESchG (Chimären- und Hybridbildung)<br />
140 geregelt, dessen Anwendung hier aber zweifelhaft<br />
ist, da nicht mindestens ein menschlicher Embryo<br />
verwendet wird und keine Befruchtung unter Verwendung<br />
einer Ei- und Samenzelle stattfindet.<br />
Die Bundesregierung hat auch hier Handlungsbedarf gesehen<br />
und im „Klonbericht“ vom 26. August 1998 vorgeschlagen,<br />
die Regelung des § 7 so zu fassen, dass das Verfahren<br />
der Kerntransplantation unter Verwendung<br />
tierischen Materials eindeutig von der Vorschrift des § 7<br />
erfasst wird. 141<br />
1.2.3.2 Geltungsbereich des Embryonenschutzgesetzes<br />
Der räumliche Geltungsbereich des ESchG bestimmt sich<br />
nach dem Strafgesetzbuch. 142 Anknüpfungspunkt für eine<br />
Bestrafung ist das Territorialitätsprinzip (§ 3 StGB143 ),<br />
welches am Tatort und nicht am Täter bzw. der Täterin anknüpft.<br />
Strafbar ist nur der in Deutschland begangene Verstoß,<br />
wozu jedoch auch die strafbare Teilnahme (Anstiftung<br />
und Beihilfe) an einer im Ausland nach deutschem<br />
Strafrecht begangenen strafbaren Handlung gehört, sofern<br />
der Teilnehmer oder die Teilnehmerin innerhalb <strong>Deutschlands</strong><br />
gehandelt hat.<br />
138 „China finanziert Kreuzung menschlicher Zellen mit denen vom<br />
Tier“ 2001. In der Presse wurde außerdem auch über Patentanträge<br />
berichtet, die diese Technologie beinhalten, wie z. B. die der Firmen<br />
Stem Cell Sciences/Australien und Biotransplant/USA.<br />
139 Keller/Günther/Kaiser (1992) § 6 Rn. 5.<br />
140 § 7 lautet: „(1) Wer es unternimmt, 1. Embryonen mit unterschiedlichen<br />
Erbinformationen unter Verwendung mindestens eines menschlichen<br />
Embryos zu einem Zellverband zu vereinigen, 2. mit einem<br />
menschlichen Embryo eine Zelle zu verbinden, die eine andere Erbinformation<br />
als die Zelle des Embryos enthält und sich mit diesem<br />
weiter zu differenzieren vermag, oder 3. durch Befruchtung einer<br />
menschlichen Eizelle mit dem Samen eines Tieres oder durch Befruchtung<br />
einer tierischen Eizelle mit dem Samen eines Menschen<br />
einen differenzierungsfähigen Embryo zu erzeugen, wird mit Freiheitsstrafe<br />
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso<br />
wird bestraft, wer es unternimmt, 1. einen durch eine Handlung nach<br />
Abs. 1 entstandenen Embryo auf a) eine Frau oder b) ein Tier zu<br />
übertragen oder 2. einen menschlichen Embryo auf ein Tier zu übertragen.“<br />
141 Bericht zur Frage eines gesetzgeberischen Handlungsbedarfes beim<br />
Embryonenschutzgesetz aufgrund der beim Klonen von Tieren angewandten<br />
Techniken und der sich abzeichnenden weiteren Entwicklung<br />
(Klonbericht), <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 13/11263, Ziffer 8.2<br />
und Abschnitt D.<br />
142 Die folgenden Ausführungen sind entnommen: Wolfrum 2001.<br />
143 § 3 StGB lautet: „Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland<br />
begangen wurden.“