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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 51 – Drucksache 14/7546<br />

Der Import aus einem anderen Staat, in dem die Gewinnung<br />

embryonaler Stammzellen nicht strafbar ist, ist der<br />

einzige rechtlich zulässige Weg der Beschaffung von pluripotenten<br />

embryonalen Stammzellen in Deutschland. Voraussetzung<br />

ist, dass kein Zusammenhang zwischen der<br />

Bestellung bzw. Anforderung der embryonalen Stammzellen<br />

und ihrer Herstellung aus Embryonen besteht. Anderenfalls<br />

wäre dies eine strafbare Teilnahme an der im<br />

Ausland nach deutschem Recht strafbaren Verwendung<br />

von Embryonen zu einem nicht ihrer Erhaltung dienenden<br />

Zweck. 298 Strafrechtlich folgenlos ist daher der Import<br />

solcher Stammzellen, die zum Zeitpunkt der Anbahnung<br />

der vertraglichen Vereinbarung über die Weitergabe der<br />

Stammzellen bereits in kultivierter Form vorlagen und deren<br />

Entstehung nach Umständen und Zeitpunkt lückenlos<br />

dokumentiert und nachweisbar ist.<br />

Andere Gesetze oder untergesetzliche Regelungen, die den<br />

Import von pluripotenten humanen embryonalen Stammzellen<br />

einschränken, existieren in Deutschland derzeit nicht.<br />

Es existieren auch keine Regelungen auf Ebene der EU, die<br />

den Import in die EU oder aus anderen EU-Staaten nach<br />

Deutschland einschränken. Ebenso sind keine staatlichen<br />

Exportbeschränkungen von Seiten möglicher exportierender<br />

Staaten außerhalb der EU wie z. B. Israel, USAund Australien<br />

bekannt. Allerdings bestehen einschneidende Beschränkungen<br />

patent- und vertragsrechtlicher Art. 299<br />

3.1.2.2 Ethische Beurteilung der Forschung<br />

an importierten ES-Zellen<br />

3.1.2.2.1 Gesellschaftlich vertretene moralische<br />

Intuitionen<br />

Die Möglichkeit, in Deutschland Forschung an embryonalen<br />

Stammzellen mithilfe des Imports von pluripotenten<br />

Stammzellen aus dem Ausland zu betreiben, hat in Teilen<br />

der Gesellschaft Befremden und Ablehnung ausgelöst.<br />

Offensichtlich sieht man in dem Versuch, an dem durch<br />

das Embryonenschutzgesetz errichteten Verbot der Gewinnung<br />

solcher Zellen festzuhalten, auf die Früchte einer<br />

Forschung an diesen Zellen aber nicht zu verzichten,<br />

nicht nur einen rechtlichen Wertungswiderspruch, sondern<br />

auch eine ethisch fragwürdige „Doppelmoral“. Andere<br />

sehen darüber hinaus in der rechtlichen Zulässigkeit<br />

298 Vgl. 1.2.3.1 Embryonenschutzgesetz (ESchG).<br />

299 In den USA wird der Transfer von biologischem Material im Inland<br />

wie im Ausland durch weitgehend standardisierte Vereinbarungen<br />

(Material Transfer Agreements) geregelt. Das Einholen einer speziellen<br />

Export-Genehmigung ist nur in Ausnahmefällen erforderlich,<br />

z. B. für Materialien, die in biologischen Waffen eingesetzt werden<br />

können oder bei biologischen Proben von geschützten Tierarten. Material<br />

Transfer Agreements enthalten in der Regel Bestimmungen<br />

über die vertrags- und patentrechtlichen Eigentums- und Verfügungsrechte<br />

am Material und Folgematerial sowie an den Ergebnissen<br />

der Forschung mit dem Material, Einschränkungen der Nutzungsbefugnis<br />

für wissenschaftliche Zwecke und über die<br />

Verpflichtung des Nehmers, ggf. mögliche kommerzielle Verwertungsmöglichkeiten<br />

dem Geber anzuzeigen bzw. vor einer solchen<br />

Verwertung mit diesem einen besonderen Verwertungsvertrag mit<br />

entsprechenden finanziellen Verpflichtungen abzuschließen.<br />

des Imports eine ethische Legitimation auch der rechtlich<br />

und ethisch unzulässigen Gewinnung von ES-Zellen und<br />

lehnen daher auch die Forschung an importierten ES-Zellen<br />

ab. Dahinter steht in beiden Fällen die ethische Grundintuition,<br />

dass Normbewusstsein und Handlungsregelung<br />

nicht auseinander fallen dürfen und eine Nutzung rechtlicher<br />

Möglichkeiten nicht von der Frage nach ihrer ethischen<br />

Vertretbarkeit befreit werden kann. Dieser Grundintuition<br />

ist zuzustimmen, doch wird es für geboten<br />

gehalten, bei der Frage nach der ethischen Berechtigung<br />

des rechtlich möglichen Imports zu differenzieren.<br />

3.1.2.2.2 Ethische Beurteilung unter dem<br />

Gesichtspunkt des Gegenstandes<br />

Sofern die importierten Stammzelllinien pluripotenten<br />

Charakter haben300 , liegen die ethischen Probleme nicht<br />

aufseiten des Gegenstandes der durch solchen Import ermöglichten<br />

Forschung.<br />

3.1.2.2.3 Ethische Beurteilung unter dem<br />

Gesichtspunkt des Ursprungs<br />

Das ethische Problem liegt vielmehr bei der Gewinnung<br />

dieser Stammzelllinien, sofern sie aus eigens dazu hergestellten<br />

Embryonen, aus durch Zellkerntransfer gewonnenen<br />

Embryonen („therapeutisches“ Klonen) oder aus sog.<br />

„überzähligen“ Embryonen hergestellt werden.<br />

Das Gewicht der gegen einen Import solcher Stammzelllinien<br />

geltend gemachten ethischen Bedenken hängt von<br />

der ethischen Beurteilung dieser Gewinnungswege ab.<br />

Ein Import von Stammzelllinien aus eigens hergestellten<br />

oder durch Kerntransfer gewonnenen Embryonen wäre<br />

nach den oben dargelegten Positionen zum moralischen<br />

Status des Embryos in vitro und der daraus folgenden<br />

Schutzwürdigkeit nur aus der Perspektive derjenigen Position<br />

ohne ethische Bedenken möglich, die dem Embryo<br />

in vitro keinerlei oder eine deutlich geringere Schutzwürdigkeit<br />

zubilligt.<br />

Geht man von einer nicht abgestuften Schutzwürdigkeit<br />

aus und hält eine Nutzung von sog. „überzähligen“ Embryonen<br />

für einen Verstoß gegen die Menschenwürde und<br />

damit eine Abwägung angesichts auch hochrangiger Ziele<br />

für ausgeschlossen, gilt gegenüber dem Import von<br />

Stammzelllinien aus sog. „überzähligen“ Embryonen ein<br />

entsprechend strikter Vorbehalt. Hält man eine Nutzung<br />

von sog. „überzähligen“ Embryonen nicht als solche bereits<br />

für einen Verstoß gegen die Menschenwürde und den<br />

Eingriff in das Lebensrecht dieser Embryonen unter bestimmten<br />

Bedingungen für abwägbar gegen andere hochrangige<br />

Ziele, gilt eine entsprechende Wertung auch für<br />

den Import von Stammzelllinien, die auf diesem Weg im<br />

Ausland gewonnen worden sind. Ähnliches gilt für die<br />

Position, die von einer abgestuften Schutzwürdigkeit des<br />

Embryos ausgeht.<br />

Auch für diejenige Position, die eine Entnahme von<br />

Stammzellen aus sog. „überzähligen“ Embryonen für<br />

ethisch nicht vertretbar hält, gilt, dass hinsichtlich des<br />

300 Vgl. 1.1.1.1.1 Gewinnung und 1.1.1.6 Totipotenz/ Pluripotenz.

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