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Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 59 – Drucksache 14/7546<br />

4.1 Ethische und rechtliche Probleme<br />

4.1.1 Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch<br />

Der Zusammenhang zwischen der Gewinnung von Keimzellen<br />

aus embryonalem oder fetalem Gewebe und der<br />

Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs wird als<br />

entscheidendes Problem im Umgang mit EG-Zellen betrachtet.<br />

Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Zahl von<br />

Schwangerschaftsabbrüchen führen könnten, müssen unbedingt<br />

vermieden werden. Die Möglichkeit zur Gewebespende<br />

könnte aber, so wird befürchtet, eine zusätzliche<br />

Rechtfertigung von Schwangerschaftsabbrüchen darstellen.<br />

Frauen, die bei der Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch<br />

noch unentschlossen sind, könnten<br />

sich eher für einen Abbruch entscheiden, wenn sie der<br />

Auffassung sind, dass die Gewebespende die Entwicklung<br />

von Therapien für bisher nicht heilbare Krankheiten<br />

unterstützen kann. Die Gewinnung von EG-Zellen wäre<br />

dann indirekt verantwortlich für steigende Zahlen von<br />

Schwangerschaftsabbrüchen (Legitimations-Argument).<br />

Der Zusammenhang zwischen EG-Zell-Gewinnung und<br />

Schwangerschaftsabbruch ist in der Praxis nur schwer<br />

auflösbar, weil die Gewinnung der Zellen von einer moralisch<br />

bedenklichen und rechtfertigungsbedürftigen<br />

Handlung abhängt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

könnten durch die Herstellung von EG-Zellen<br />

und die Forschung an ihnen zu „Komplizen“ einer unmoralischen<br />

Handlung werden (Komplizen-Argument).<br />

Der Schwangerschaftsabbruch und die darauf folgende<br />

Nutzung des embryonalen oder fetalen Gewebes zu Forschungszwecken<br />

oder therapeutischen Zwecken kann<br />

auch als unzulässige Instrumentalisierung menschlichen<br />

Lebens betrachtet werden (Instrumentalisierungs-Argument).<br />

Dieses Argument setzt jedoch voraus, dass der<br />

Schwangerschaftsabbruch das Ziel verfolgt, embryonales<br />

oder fetales Gewebe bereitzustellen. In eine ähnliche Richtung<br />

gehen Befürchtungen, dass sich die gesellschaftliche<br />

Einstellung gegenüber dem menschlichen Leben verändern<br />

könnte, wenn abgetriebene Embryonen oder Feten<br />

zur Gewinnung von EG-Zellen verwendet werden.<br />

Diese der Diskussion um die Verwendung fetalen Gewebes<br />

zu Transplantationszwecken entnommenen Argumente325<br />

lassen sich auch auf die Nutzung von abgetriebenen<br />

Embryonen oder Feten zur Stammzellentnahme<br />

übertragen. Den Argumenten liegt die Annahme zugrunde,<br />

dass eine Kopplung zwischen der Entscheidung zum<br />

Schwangerschaftsabbruch und der Entscheidung zur Gewebespende<br />

vorliegt. Entscheidend für die Beurteilung der<br />

Herstellung von EG-Zellen aus embryonalen oder fetalen<br />

Keimzellen ist deshalb die Frage, ob eine Trennung der<br />

beiden Entscheidungen und damit eine Trennung der ethischen<br />

Bewertung von Schwangerschaftsabbrüchen und<br />

der auf diesem Wege gewonnenen EG-Zellen möglich ist.<br />

325 Vgl. z.B. Ach et al. 2000, S. 140 ff.<br />

Die Trennung der Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch<br />

und zur EG-Zellentnahme ist auch deshalb<br />

unabdingbar, um zu verhindern, dass der Zeitpunkt oder<br />

die Methode des Abbruchs möglicherweise so beeinflusst<br />

werden, dass besonders günstige Voraussetzungen für die<br />

Gewinnung embryonaler oder fetaler Keimzellen geschaffen<br />

werden. Diese Bedenken sind insbesondere bei der<br />

Verwendung fetalen Gewebes in der Transplantationsmedizin<br />

geäußert worden, da hier zum einen sieben bis acht<br />

Schwangerschaftsabbrüche möglichst zeitnah erfolgen<br />

müssen, um ausreichend Gewebe für eine Transplantation<br />

zu erhalten und diese Gewebe zum anderen während des<br />

Abbruchs möglichst wenig geschädigt werden sollen. 326<br />

Diese Sachlage stellt sich bei der Gewinnung von Keimzellen<br />

zur Herstellung von EG-Zellen jedoch anders dar.<br />

Eine zeitliche Koordination mehrerer Abbrüche ist nicht<br />

erforderlich und für Zwecke der Forschung dürften einige<br />

wenige Embryonen oder Feten aus Schwangerschaftsabbrüchen<br />

ausreichend sein. Jedoch sind modifizierte Abtreibungsmethoden,<br />

die für die Frau mit höheren gesundheitlichen<br />

Risiken verbunden sind, Voraussetzung für die<br />

Gewinnung von EG-Zellen und der Abbruch muss in der<br />

5. bis 11. Schwangerschaftswoche stattfinden.<br />

4.1.2 Informed consent<br />

Die Frage, wer die Zustimmung zur Verwendung embryonalen<br />

oder fetalen Gewebes nach Schwangerschaftsabbrüchen<br />

geben darf, wurde bereits im Zusammenhang mit<br />

Fragen der Transplantationsmedizin ausführlich diskutiert.<br />

Einzelne Autorinnen und Autoren gehen davon aus,<br />

dass die Frau durch ihre Entscheidung zum Abbruch das<br />

Recht verloren hat, über die weitere Verwendung des abgetriebenen<br />

Embryos oder Feten zu entscheiden. 327 In den<br />

Regelungen zur embryonalen oder fetalen Gewebetransplantation<br />

anderer Staaten hat sich jedoch überwiegend die<br />

Auffassung durchgesetzt, dass allein die Frau über eine<br />

mögliche weitere Verwendung nach dem Schwangerschaftsabbruch<br />

entscheiden kann.<br />

Die Rolle des Vaters beim informed consent ist überwiegend<br />

nicht geregelt. Während es z.B. in den USA Regelungen<br />

gibt, die dem Vater die Möglichkeit geben, der Zustimmung<br />

der Frau zu widersprechen, gehen die<br />

Richtlinien der Bundesärztekammer von 1991 zwar in der<br />

Vorbemerkung vom Verfügungsrecht der Eltern aus, im<br />

Richtlinientext ist aber nur die Aufklärung und Einwilligung<br />

der Schwangeren geregelt. 328<br />

Eine eindeutige Trennung der Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch<br />

und der Entscheidung zur Spende des<br />

embryonalen oder fetalen Gewebes ist nur möglich, wenn<br />

die Entscheidung zur Gewebespende unabhängig vom<br />

Schwangerschaftsabbruch erfolgte. 329<br />

326 Schneider 1995, S. 212 f.<br />

327 Vgl. etwa Burtchaell 1988.<br />

328 Vgl. Bundesärztekammer 1991, Ziff. 4.5. Nach Laufs 1999, § 130,<br />

Rn. 43, bedarf der Ge- oder Verbrauch embryonaler oder fetaler Organe<br />

oder Gewebe zu Forschungszwecken der schriftlichen Einwilligung<br />

der genetischen Eltern.<br />

329 Vgl. zur Situation bei der Transplantation: Ach et al. 2000, S. 155 f.

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