Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – 61 – Drucksache 14/7546<br />
Sowohl die Aufforderung des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />
vom 25. Juni 1997 an die Bundesregierung, „sobald als<br />
möglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem die<br />
Transplantation fetalen Gewebes geregelt wird“ 337 , als<br />
auch die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission<br />
bei der Bundesärztekammer von 1998 haben deutlich gemacht,<br />
dass ein gesetzlicher Regelungsbedarf besteht.<br />
Die Entnahme und Verwendung von Zellen und Geweben<br />
aus Embryonen oder Feten sollte dabei unter Einschluss<br />
der Gewinnung von Stammzellen in diesem Gesetz geregelt<br />
werden.<br />
Aufgrund der Zunahme von Verwendungsmöglichkeiten<br />
für embryonales oder fetales Gewebe, gerade im Bereich<br />
von EG-Zellen, erscheint eine Überprüfung der gesetzlichen<br />
Regelungen nach einigen Jahren notwendig. Dies<br />
gilt insbesondere mit Blick auf die soziale Situation von<br />
Frauen. Der Rahmen für diese Überprüfungen kann durch<br />
den Gesetzgeber vorgegeben werden und sollte das Ziel<br />
verfolgen, die Entwicklungen möglichst transparent zu<br />
machen. In Frage kommen für die Überprüfung Behörden<br />
oder Gremien, deren Besetzung durch den Gesetzgeber<br />
vorgegeben werden sollte.<br />
5. Neonatale Stammzellen aus<br />
Nabelschnurblut<br />
5.1 Ethische und rechtliche Probleme<br />
5.1.1 Eigentumsrecht/Verfügungsrecht<br />
Das Plazentagewebe einschließlich des Plazentarestblutes<br />
(„Nabelschnurblut“) wird nach der Geburt in der Regel<br />
verworfen, obwohl es inzwischen aufgrund seines<br />
medizinischen Nutzens zu einem „Rohstoff“ geworden<br />
ist. Die Frage des Verfügungsrechtes über das Nabelschnurblut<br />
wird nach wie vor sowohl unter eigentumsrechtlichen<br />
als auch persönlichkeitsrechtlichen Aspekten<br />
kontrovers diskutiert. Es wurde auch darauf<br />
hingewiesen, dass Eltern möglicherweise einen Eigentumsanspruch<br />
geltend machen könnten, wenn sie für die<br />
Gewinnung oder Lagerung der Stammzellen Kosten auf<br />
sich nehmen. Ähnliche Argumente könnten auch von<br />
Betreibern privater Nabelschnurblutbanken geltend gemacht<br />
werden oder von Seiten der Träger des öffentlichen<br />
Gesundheitswesens, wenn die Gewinnung oder Lagerung<br />
der Stammzellen mit öffentlichen Mitteln<br />
gefördert werden sollte. 338<br />
Unabhängig von den Rechtsfragen verfügen jedoch praktisch<br />
die Eltern über die Verwendung des Nabelschnurblutes.<br />
Sie können sich für eine gerichtete (einen Empfänger<br />
benennend) oder ungerichtete (unspezifischer<br />
Empfänger – allogene) Spende des Nabelschnurblutes,<br />
eine Einlagerung oder Verwerfung desselben entscheiden.<br />
337 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit<br />
(14. Ausschuss): Entwurf eines Gesetzes über die Spende, die Entnahme<br />
und die Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz –<br />
TPG), <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 13/8017.<br />
338 Gordijn/Olthuis 2000.<br />
5.1.2 Informed consent<br />
Die gemeinsamen „Richtlinien zur Transplantation von<br />
Stammzellen aus Nabelschnurblut (CB = Cord Blood)“ 339 der<br />
Bundesärztekammer und des Paul-Ehrlich-Institutes sehen<br />
eine Zustimmung der Eltern nach Aufklärung idealerweise<br />
bereits in der Zeit der Schwangerschaft vor. Auf jeden Fall<br />
aber muss bei einer Spende des Nabelschnurblutes vor dessen<br />
Weitergabe an das Verarbeitungszentrum die schriftliche<br />
Einverständniserklärung zumindest der Mutter vorliegen.<br />
In der gegenwärtigen Praxis wird die Mutter vor der Entbindung<br />
gefragt, ob sie mit einer Einlagerung der Stammzellen<br />
aus dem Nabelschnurblut ihres Neugeborenen zur<br />
eventuellen späteren Verwendung in eine Nabelschnurblutbank<br />
einverstanden ist. Sie wird über den Ablauf der<br />
Gewinnung des Nabelschnurblutes und die Tests aufgeklärt,<br />
die mit dem Blut durchgeführt werden.<br />
In der Regel handelt es sich dabei um gerichtete oder ungerichtete<br />
Spenden, die aus altruistischen Beweggründen<br />
abgegeben werden. Für die kommerziell angebotene Einlagerung<br />
von Nabelschnurblut für den fiktiven Zweck einer<br />
autologen – eigennützigen – Transfusion bieten private<br />
Unternehmen Lagermöglichkeiten an.<br />
Die mit dem Blut durchgeführten Tests beziehen sich im<br />
Wesentlichen auf Merkmale, die für eine sichere<br />
Transplantation notwendig sind, wie die Feststellung der<br />
zellulären Zusammensetzung, die Blutgruppen- und<br />
Gewebetypisierung und das Vorhandensein von Infektionsparametern.<br />
Durch eine gründliche anamnestische Erhebung<br />
wird versucht, die Existenz erblicher Erkrankungen<br />
festzustellen. Theoretisch könnten auch genetische<br />
Tests an den Zellen durchgeführt werden, z. B. um eine<br />
Übertragung genetisch bedingter Krankheiten bei der<br />
Transplantation auszuschließen. Es bleibt zu prüfen, ob<br />
für weitergehende genetische Analysen gesonderte Einwilligungen<br />
der biologischen Eltern eingeholt werden<br />
müssen. 340<br />
Die Fragen zum Umgang mit den auf diese Weise gewonnenen<br />
Informationen über den Gesundheitszustand<br />
des Kindes und seiner biologischen Eltern entsprechen<br />
im Hinblick auf Datenschutz, Recht auf Wissen/Recht<br />
auf Nichtwissen in weiten Teilen den Problemen bei Gentests<br />
im Allgemeinen. Diskutiert wird im Zusammenhang<br />
mit der Verwendung von Nabelschnurblut die Anonymisierung<br />
der Blutpräparate, wodurch nicht nur die Fragen<br />
der Einwilligung in spezifische genetische Tests und die<br />
damit verbundene Entscheidung über die Inanspruchnahme<br />
oder Nichtinanspruchnahme der Informationen<br />
aus dem Test gelöst würden, sondern sich für diesen<br />
Bereich auch die Fragen der Offenbarungspflicht<br />
bekannter genetischer Diagnosen gegenüber Dritten<br />
(Versicherung, Arbeitgeber) erübrigen würden. Geht man<br />
davon aus, dass die Lagerungszeiten von Nabelschnurblut<br />
20 bis 30 Jahre betragen können, werden von diesen<br />
Entwicklungen auch die bereits heute eingefrorenen<br />
Spenden betroffen sein.<br />
339 Bundesärztekammer und Paul-Ehrlich-Institut 1999.<br />
340 Gordijn/Olthuis 2000.