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51 Deswegen findet der Unterricht auf Kulina statt. Auch das Lesen lernen die Dorfbewohner zunächst auf Kulina. Der Lehrer weiß nur am Anfang mehr als die Schüler. 52 Eigentlich ist es seine Aufgabe, der Gruppe zu helfen, sich selbst neue Kenntnisse zu erarbeiten. Es gibt auch keine Noten, Tests oder so etwas. Auch keine Schulklassen. Mädchen und Jungen gehen zur Schule, wenn und solange sie wirklich wollen. Diese Einstellung ist für Nicht-Kulina wie Frank Tiss manchmal schwierig und anstrengend. 53 Am Unterricht nimmt teil, wer kann und mag: 54 Lesen und Schreiben der Kulinasprache, anschließend die Grundrechenarten. 55 Die Erwachsenen lernen außerdem Portugiesisch. 56 Scherze lockern den Unterricht auf. 57 Gibt es Schwierigkeiten, dann diskutiert die Gruppe sofort darüber. Die Alten des Dorfes setzen sich dazu, erzählen aus ihrem Leben und geben somit ihre Lebens erfahrung weiter. Lehrer geben zu, wenn sie etwas nicht wissen, dann springen andere ein. Man richtet sich nicht nach der Uhr, sondern danach, wie viel Zeit eine Lerneinheit braucht. Die Kulina haben eben einen eigenen Lernstil. 58 Nach dem Unterricht gibt es noch ein Fußballspiel. Meistens ist das offizielle Spielergebnis unentschieden, heute 6:6. So hat niemand verloren und keiner gewonnen. Das ist gut für alle. 59 Dann wird gemeinsam im Fluss gebadet. 60 Gegen Abend bilden sich Sitzkreise auf den Fußböden der Häuser. 61 Das Abendessen wird zubereitet. 62 Um das gemeinsame Fest zu planen, ruft einer der beiden Dorfvorsteher mit einem Blashorn aus Gürteltierhaut die Dorfgemeinschaft in seinem Hause zusammen. 116 Themeneinheit Bildung · Baustein B4 63 Allmählich finden sich Vertreter aller Familien ein. Wer etwas zu sagen hat, darf reden, solange er möchte. 64 Sich kurz zu halten, ist nicht erstrebenswert. Nur Unbedeutendes kann mit wenigen Worten erledigt werden. 65 Eria spricht ein Problem an, das die Dorfgemeinschaft schon einige Jahre beschäftigt: 66 Eindringlinge kommen immer wieder über die Grenzen in das Kulinagebiet, um Holz zu stehlen. 67 Gemeinsam entscheidet die Dorfgemeinschaft, die Grenzen wieder frei zu schlagen. 68 Die Kulina wissen, wie viel Arbeit damit auf sie zukommt. 69 Erst 1989 wurde nach jahrelanger mühevoller Arbeit die 270 km lange Grenz-Schneise um ihr Gebiet herum fertig gestellt. 70 Eigentlich ist die Regierung für den Schutz und das Markieren der Grenzen von Indianergebieten zuständig. 71 Weil aber jahrelang nichts geschah, hatten die Kulina die Grenzmarkierung selbst in die Hand genommen. 72 Am Ende dieses langen Tages spannen die Kulina schließlich ihre Hängematten auf. Und der Tag endet, wie er begann, 73 mit leisen Gesprächen: „Ato, sind in Deutschland die Grenzen der Indianergebiete schon alle geklärt?“ – „Es leben dort keine Indianer.“ „Haben die Deutschen bereits alle ihre Indianer ausgerottet?“ – „Nein, indianische Völker wie hier hat es dort nie geben.“ Kurze Pause, dann: „Ato, nun kennst Du ja uns.“ Frank Tiss, von 1994 bis 2009 Pfarrer im Indianergebiet Eirunepé Fotos: Behrend, ELM (Heine, Sass, Tiss)
.de um Gottes willen – der Welt zuliebe 4.6.4.2 Begriffsbeschreibungen B4M2 Begriff Erklärung/Beschreibung Kind Vater Produkt Regen Geringgeachtete Lehrer Stuhl ich denke sie sind fortgegangen Kleidung ein alter Mensch Schüler wie spät ist es? Themeneinheit Bildung · Baustein B4 117
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