Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
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<strong>Kinder</strong> <strong>besser</strong> <strong>schützen</strong><br />
2.2 Aufnahmepfade<br />
Die Wege der Belastung verändern sich im Laufe des Lebens:<br />
Der Fötus wird über das Blut der Mutter belastet, das Baby<br />
über die Muttermilch <strong>und</strong> das zahnende Kleinkind über diverse<br />
Sachen, die es in den M<strong>und</strong> nimmt. Beim Schulkind sind es<br />
vor allem Belastungen im Klassenraum <strong>und</strong> beim Jugendlichen<br />
Schadstoffe auf der Arbeitsstelle oder in der Freizeit.<br />
2.2.1 Über die Mutter<br />
Schon im Mutterleib kommt der entstehende Organismus mit<br />
vielen gefährlichen Stoffen in Berührung. Für den Kontakt des<br />
Embryos mit Chemikalien spielt die sogenannte Blut-Plazentaschranke<br />
eine entscheidende Rolle. Sie trennt den mütterlichen<br />
<strong>und</strong> kindlichen Blutkreislauf, lässt aber Sauerstoff <strong>und</strong> Nährstoffe<br />
hindurch. Bestimmte, „unerwünschte“ Stoffe werden<br />
durch die Membran zurückgehalten <strong>und</strong> können nicht in das<br />
Blut des Kindes gelangen; das Kind wird also gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
durch diesen Mechanismus geschützt. Verschiedene Studien<br />
haben allerdings gezeigt, dass eine Reihe von Stoffen die Plazentaschranke<br />
überwinden können (Greenpeace, 2005; Environmental<br />
Working Group, 2005). Dies gilt z.B. für Krebs erregende<br />
Stoffe (Waalkes et al., 2003). Schlimmer noch: Durch die<br />
Filterfunktion der Plazenta können sogar harmlose Stoffe in<br />
Krebs erregende umgewandelt werden (Meinhardt & Mullis,<br />
2002). In der Plazenta besonders häufig gef<strong>und</strong>en wird immer<br />
noch das seit vielen Jahren verbotene Alltagspestizid DDT, aber<br />
auch das Dauergift Nonylphenol sowie das Flammschutzmittel<br />
Tetrabrombisphenol A, Phthalate (<strong>besser</strong> bekannt als Weichmacher)<br />
<strong>und</strong> künstliche Moschusverbindungen (Greenpeace,<br />
2005).<br />
Darüber hinaus können über die Nabelschnur oder durch die<br />
Gebärmutterwand gefährliche Substanzen mit kleinem Molekulargewicht<br />
in den Organismus des Kindes gelangen. Dazu<br />
zählen beispielsweise Alkohole, Kohlenmonoxid oder auch die<br />
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die oft<br />
in Lacken, Farben oder Klebstoffen als Lösungsmittel eingesetzt<br />
werden. Auch Stoffe wie Quecksilber oder Blei können durch<br />
Nabelschnur <strong>und</strong> Gebärmutter zum Embryo gelangen (Hansen<br />
et al., 1990). Dazu kommen Stoffe, die im mütterlichen Fettgewebe<br />
gespeichert wurden, wie polychlorierte Biphenyle (PCB),<br />
die inzwischen längst verboten sind, aber aufgr<strong>und</strong> ihrer Langlebigkeit<br />
noch immer in den Geweben vorhanden sind. Sie kön-<br />
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nen während der Schwangerschaft mobilisiert <strong>und</strong> an den<br />
Embryo oder Fötus weitergegeben werden (European Environment<br />
Agency & World Health Organization, 2002).<br />
2.2.2 Über den M<strong>und</strong><br />
In den ersten sechs Lebensmonaten nehmen <strong>Kinder</strong> weitaus<br />
mehr Stoffe auf als Erwachsene. Dabei spielt das Stillen eine<br />
bedeutende Rolle für die menschliche Entwicklung, da es nicht<br />
nur die lebensnotwendige Ernährung darstellt, sondern auch<br />
für die Ausbildung der Immunabwehr wichtig ist. Jedoch wird<br />
die stillende Mutter damit auch ungewollt zur Quelle für die in<br />
der Muttermilch ebenfalls enthaltenen Rückstände gefährli-<br />
Stillen trotz Schadstoffbelastung?<br />
Trotz der Schadstoffproblematik wird Muttermilch als<br />
alleiniges Lebensmittel bis zum Alter von sechs Monaten<br />
von der Deutschen Stillkommission pauschal empfohlen,<br />
weil die positiven Auswirkungen des Stillens<br />
die möglichen negativen Effekte bei weitem überwiegen<br />
sollen (Tietze, 1997). Kritische Umweltmediziner<br />
sind allerdings der Ansicht, dass eine differenzierte<br />
Stillempfehlung erfolgen sollte, die die Besonderheiten<br />
des individuellen Belastungsprofils berücksichtigt. So<br />
hält der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner<br />
(dbu) aus umweltmedizinischer Sicht lediglich eine<br />
allgemeine Stillzeit von drei Monaten für akzeptabel.<br />
Dieser Zeitraum sei deshalb wichtig, weil bestimmte<br />
Defizite der immunologischen Leistung in dieser<br />
Lebensphase der Säuglinge nur durch Stillen ausgeglichen<br />
werden könnten. Danach könne der Organismus<br />
der meisten Säuglinge solche Leistungen in zunehmendem<br />
Umfang selbst erbringen. Nur durch eine spezifische<br />
umweltmedizinische Bestandsaufnahme sei es<br />
möglich, Nutzen <strong>und</strong> Risiko des Stillens individuell<br />
angemessen zu bewerten. Nach Ansicht des dbu sollten<br />
Stillempfehlungen nur jeweils auf die einzelne Person<br />
bezogen sein <strong>und</strong> nicht pauschal ausgesprochen<br />
werden. Der durch eine geringere Stillzeit eventuell<br />
verminderte Mutter-Kind-Kontakt kann durch eine<br />
Verstärkung anderer Arten der Zuwendung weitgehend<br />
kompensiert werden (Deutscher Berufsverband<br />
der Umweltmediziner, 2005).