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Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...

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Kontakt mit Pestiziden kommen, oder weil sie zu Hause Pestiziden<br />

ausgesetzt sind, die über die Haut <strong>und</strong> die Kleidung ins<br />

Wohnumfeld gelangen. Biozide werden je nach Anwendung<br />

auf unterschiedlichen Wegen vom Körper aufgenommen; die<br />

Belastung kann bei ihnen auch über die Haut erfolgen (z.B. bei<br />

Läusemitteln) oder über die Atmung (z.B. durch Mottenbekämpfungsmittel<br />

in Teppichen <strong>und</strong> Kleidung).<br />

Teilweise längst verbotene Pestizide lassen sich noch immer in<br />

der Muttermilch, im Nabelschnurblut <strong>und</strong> im Blut von <strong>Kinder</strong>n<br />

nachweisen. Bei einer Untersuchung in Europa wurden DDT<br />

<strong>und</strong> Hexachlorbenzol (HCB) noch in ca. 75% aller Nabelschnurblutproben<br />

festgestellt (Greenpeace, 2005). Auch bei<br />

einer Untersuchung des Nabelschnurbluts von Neugeborenen<br />

in den USA wurden 14 verschiedene Organochlor-Pestizide<br />

gef<strong>und</strong>en (Environmental Working Group, 2005). Im Fett der<br />

Muttermilch ließ sich im Jahr 1997 noch immer ein mittlerer<br />

Wert von 0,3 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) Σ DDT nachweisen<br />

(B<strong>und</strong>esinstitut für ges<strong>und</strong>heitlichen Verbraucherschutz<br />

<strong>und</strong> Veterinärmedizin, 2000). Das Blut gestillter <strong>Kinder</strong><br />

weist im Mittel 0,25μg Dichlor-Diphenyl-Dichlorethylen (DDE,<br />

ein Abbauprodukt von DDT) pro Liter Blut (μg/l) auf. Dagegen<br />

liegt dieser Wert bei ungestillten <strong>Kinder</strong> bei 0,17μg/l (Wittsiepe<br />

et al., 2004)<br />

Pestizide <strong>und</strong> Biozide sind dazu da, Schädlinge zu töten. Dass<br />

diese tödliche Wirkung oft auch für den Menschen gefährlich<br />

sein kann, wissen wir spätestens seit dem Insektizid DDT. Es<br />

schädigt das Hormonsystem, wirkt im Tierversuch Krebs erregend,<br />

reichert sich im Körper an <strong>und</strong> kann nur schwer abgebaut<br />

werden. DDT gehört heute zu den zwölf gefährlichsten<br />

Chemikalien, deren Herstellung <strong>und</strong> Verwendung durch die<br />

UN-POPs-Konvention verboten ist (Stockholmer Übereinkommen<br />

über persistente organische Schadstoffe).<br />

Doch es gibt weitere, zahlreiche Pestizide auf dem Markt, die<br />

das Hormonsystem stören. Das Herbizid Atrazin z.B. unterdrückt<br />

wichtige Funktionen der Hirnanhangdrüse <strong>und</strong> kann<br />

infolgedessen bei männlichen Ratten lebenslange entzündliche<br />

Veränderungen der Prostata nachsichziehen (Stoker et al.,<br />

1999). Bei Tierversuchen an trächtigen Ratten führten Belastungen<br />

mit Atrazin zu einem verspäteten Eintritt der sexuellen<br />

Reife, zu einer verspäteten Bildung der Brustdrüsen <strong>und</strong><br />

über das Säugen zu einer verzögerten Öffnung des Vaginaltrakts<br />

(Ashby et al., 2002; Rayner et al., 2004; Ronis et al.,<br />

1998). Auch die beiden Organochlorpestizide Methoxychlor<br />

<strong>und</strong> Heptachlor waren in Tierexperimenten in der Lage, das<br />

Immunsystem zu stören. Beide Substanzen unterdrückten die<br />

Antikörperreaktionen bei männlichen Ratten (Chapin et al.,<br />

1997; Smialowicz et al., 2001). In Tierversuchen konnte auch<br />

gezeigt werden, dass die Blut-Hirn-Schranke durch die Verabreichung<br />

von Pestiziden über die Nahrung durchlässiger werden<br />

kann (Gupta et al., 1999), so dass der Körper allgemein<br />

empfindlicher gegenüber Schadstoffen wird.<br />

Im Gegensatz zu Chemikalien in Verbraucherprodukten ist der<br />

Einsatz von Bioziden <strong>und</strong> Pestiziden schon länger von gesetzlichen<br />

Regelungen betroffen, da sie dazu gemacht sind, Lebewesen<br />

(so genannte Schädlinge) zu töten, <strong>und</strong> man deshalb<br />

Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Menschen treffen wollte.<br />

In der EU werden sie durch die Pestizid-Richtlinie von 1991<br />

sowie die Biozid-Richtlinie geregelt, die 1989 in Kraft getreten<br />

ist. Doch trotz dieser Regelungen bleibt das Problem der Belastung<br />

mit Pestiziden <strong>und</strong> Bioziden bestehen: Denn es gibt zwar<br />

für einige Pestizide Grenzwerte, diese werden jedoch regelmäßig<br />

überschritten. Und selbst wenn Grenzwerte festgelegt<br />

sind, kann man nicht sicher davon ausgehen, dass ihre Unterschreitung<br />

keinen Schaden nach sich zieht. So ist z.B. bei hormonellen<br />

Schadstoffen oft der Zeitpunkt der Belastung entscheidender<br />

als die Menge. Außerdem kommen über importierte<br />

Lebensmittel Pestizide auf den deutschen Markt, die hier in<br />

Deutschland schon lange verboten sind.<br />

Das Problem der Belastung mit Pestiziden <strong>und</strong> Bioziden ist<br />

groß. Dennoch konzentriert sich diese Studie auf die Auswirkungen<br />

von Industriechemikalien in Alltagsprodukten, da hier<br />

die gesetzlichen Regelungen noch eklatantere Lücken aufweisen<br />

<strong>und</strong> bisher gar keine Tests vor der Vermarktung vorgeschrieben<br />

sind. Mehr Informationen zur Belastung mit Pestiziden<br />

<strong>und</strong> Bioziden bietet das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN)<br />

auf seiner Internetseite www.pan-germany.org.<br />

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