Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
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höheren Schadstoffmengen ausgesetzt sein können (Faulck et<br />
al., 1999). So gebaren Frauen von schwedischen Anglern, die<br />
an der Ostsee lebten, im Verhältnis weniger Jungen als eine<br />
Vergleichsgruppe, die in der Nähe der geringer belasteten<br />
schwedischen Westküste lebte (Rylander et al., 1995). Auch<br />
durch eine erhöhte Dioxinbelastung nach Industrieunfällen<br />
oder eine extreme Belastung am Arbeitsplatz ist eine Verschiebung<br />
im Geschlechterverhältnis hin zu mehr Mädchengeburten<br />
festgestellt worden, insbesondere, wenn die Väter zum Zeitpunkt<br />
der Zeugung jünger als 19 Jahre waren (James, 1995;<br />
Mocarelli et al., 2000). Auch nach dem Dioxinunfall im italienischen<br />
Seveso zeugten belastete Väter unter 19 Jahren signifikant<br />
mehr Mädchen verglichen mit denjenigen, die diesem<br />
Gift nicht ausgesetzt waren (Mocarelli et al., 2000). Ein weiteres<br />
Beispiel: Der Konsum von mit PCB, Dioxinen <strong>und</strong> Furanen<br />
belastetem Reisöl in Taiwan führte zu einer signifikant reduzierten<br />
Wahrscheinlichkeit, männliche Nachkommen zu<br />
bekommen (del Rio Gomez et al., 2002). Auch Jarell (Jarell et<br />
al., 2002) stellte fest, dass Dioxin <strong>und</strong> Hexachlorbenzol (HCB)<br />
die Anzahl männlicher <strong>Kinder</strong> unter Neugeborenen reduzieren.<br />
6.1.2 Wachstumsverzögerungen<br />
Effekte von vorgeburtlicher Belastung mit Chemikalien auf das<br />
Wachstum von Embryo <strong>und</strong> Fötus werden üblicherweise durch<br />
Veränderungen des Geburtsgewichts festgestellt. Wenngleich<br />
die Hauptursache für zu geringes Gewicht bei der Geburt im<br />
Tabakkonsum der Mutter liegt (DiFranza et al., 2004), konnten<br />
auch erhöhte PCB-Gehalte von Müttern mit verringertem<br />
Geburtsgewicht ihrer Töchter in Verbindung gebracht werden.<br />
So waren Töchter von Müttern, deren PCB-Gehalte während<br />
der Schwangerschaft über dem Mittelwert von 5 ppb lagen,<br />
11% leichter als die der geringer belasteten Mütter (Blanck et<br />
al., 2002).<br />
Unter Größenwachstumsverzögerung innerhalb der Gebärmutter<br />
(Intrauterine Growth Retardation, IUGR) versteht man eine<br />
krankhafte Verringerung des Wachstums eines Fötus, so dass er<br />
nicht die Größe erreicht, die von seinen Anlagen her möglich<br />
wäre (Pollack & Divon, 1992). Man rechnet damit, dass heute<br />
3–10% aller Babys ein verzögertes Wachstum haben. Es ist<br />
bekannt, dass viele Stoffe, mit der die Mutter belastet wird<br />
<strong>und</strong>/oder die bereits in ihren Depots abgelagert sind, die Entwicklung<br />
des Fötenwachstums negativ beeinflussen können.<br />
Auch werden die Babys oftmals zu früh geboren. Im Erwachsenenalter<br />
kann IUGR zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes,<br />
Nierenerkrankungen <strong>und</strong> Bluthochdruck führen (Roseboom et<br />
al., 2001).<br />
Bereits im Niedrigdosisbereich unterhalb des von der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />
(WHO) festgelegten Grenzwerts von 100<br />
Mikrogramm pro Liter (μg/l) Blut sind Wachstumsstörungen<br />
<strong>und</strong> Nierenfunktionsstörungen bei <strong>Kinder</strong>n festgestellt worden<br />
(Wilhelm, 1999).<br />
6.1.3 Geburtsfehler<br />
Auf der einen Seite führen Untersuchungen in weniger als 1%<br />
der Fälle die Geburtsfehler auf die Einwirkungen von Chemikalien<br />
<strong>und</strong> andere Umweltfaktoren zurück, auf der anderen Seite<br />
bleibt die Ursache bei 65% der Geburtsfehler unbekannt (Brent<br />
& Beckman, 1990). Da aber feststeht, dass die Embryonalentwicklung<br />
das Ergebnis eines Zusammenspiels von Erbfaktoren<br />
<strong>und</strong> Umwelteinflüssen ist, <strong>und</strong> die Schadstoffeinwirkungen –<br />
im Gegensatz zu den erblichen Voraussetzungen –zu beeinflussen<br />
oder zu verhindern sind, kommt ihnen unter dem Aspekt<br />
der Vorsorge eine besondere Bedeutung zu. Für diverse Chemikalien<br />
konnten Effekte in allen Stadien der Entwicklung von<br />
Embryo <strong>und</strong> Fötus mit einer großen Bandbreite an Defekten<br />
aufgezeigt werden (World Health Organization et al., 2006).<br />
Ungefähr acht Millionen <strong>Kinder</strong>, 3% aller Lebendgeburten,<br />
kommen jährlich mit Geburtsfehlern zur Welt, weitere 3%<br />
werden bis zum Alter von sieben Jahren diagnostiziert. Diese<br />
Missbildungen sind für ca. 20% der <strong>Kinder</strong>sterblichkeit <strong>und</strong><br />
den überwiegenden Teil der Krankenhausaufenthalte von <strong>Kinder</strong>n<br />
verantwortlich. Sie sind damit die Haupttodesursache <strong>und</strong><br />
haben daher eine enorme gesellschaftliche Bedeutung (Lynberg<br />
& Khoury, 1990). Bei einem Geburtsfehler kann es sich um<br />
einen anatomischen oder funktionellen Defekt handeln, der<br />
jeweils das Ergebnis einer Störung des normalen Entwicklungsprozesses<br />
ist. Hierbei kann es sich um sichtbare oder<br />
andere schwerwiegende Deformationen wie Lippen- <strong>und</strong> Gaumenspalten,<br />
offenen Rücken oder angeborene Herzfehler handeln,<br />
Geburtsfehler, die operative Eingriffe notwendig machen,<br />
oder um Fehlfunktionen verschiedener Organe, deren Ausprägung<br />
unterschiedlich ausfallen kann, bis hin zu speziellen<br />
Stoffwechselstörungen wie der Phenylketonurie oder auch gei-<br />
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