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Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...

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gen Männer eine reduzierte Spermienzahl aufwiesen (Rappolder<br />

& Kolossa, 2005). Für den Anstieg dieser Störungen werden<br />

in erster Linie hormonähnliche Chemikalien verantwortlich<br />

gemacht, z. B. Dibu- thylphthalat (DBP): Die oben beschriebenen<br />

Störungen konnten bei männlichen Ratten hervorgerufen<br />

werden, die im Uterus einer Belastung mit DBP ausgesetzt<br />

waren (Fisher et al., 2003).<br />

Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) als Bestandteile<br />

des Tabakrauchs führten bei Jungen von Müttern, die während<br />

der Schwangerschaft geraucht hatten, zu einer verminderten<br />

Samenqualität, einer geringeren Hodengröße <strong>und</strong> einer reduzierten<br />

Zeugungsfähigkeit (Jensen et al., 2005). Untersuchungen<br />

über die Samenqualität bei Männern aus Schweden, Polen<br />

<strong>und</strong> der Ukraine zeigten, dass die Qualität der Samen mit steigendem<br />

Gehalt von PCB 153 im Serum abnahm (Spanò et al.,<br />

2005). In einer weiteren Untersuchung fand man deutliche<br />

Hinweise darauf, dass die Beweglichkeit der Spermien bei<br />

schwedischen Fischern der höchsten Belastungskategorie mit<br />

demselben PCB deutlich geringer war als bei den Männern mit<br />

geringerer Belastung (Rignell-Hydbom et al., 2004). In einer<br />

anderen Studie wurde eine hohe Missbildungsrate in zwei<br />

Städten Siziliens identifiziert, die eine starke industrielle bzw.<br />

landwirtschaftliche Aktivität verzeichnen. Die um bis zu vierfach<br />

erhöhten Raten von Harnröhrenspaltungen werden auch<br />

hier auf die hohe Belastung mit hormonell wirksamen Umweltgiften<br />

zurückgeführt (Bianca et al., 2003).<br />

Auch polybromierte Diphenylether (PBDE), die als Flammschutzmittel<br />

eingesetzt werden, werden mit Störungen der<br />

männlichen Fortpflanzungsfähigkeit in Zusammenhang gebracht<br />

(National Institute for Environmental Health Sciences,<br />

2001; de Wit, 2002).<br />

Besonders das hormonähnlich wirkende DEHP steht im Verdacht,<br />

eine Ursache für die zunehmende Unfruchtbarkeit bei<br />

Männern zu sein, da bei Patienten mit geringerer Spermienbeweglichkeit<br />

<strong>und</strong> missgebildeten Spermien höhere DEHP-Konzentrationen<br />

gemessen wurden (Zur Nieden et al., 2005).<br />

Nachdem bereits seit längerem bekannt ist, dass vorgeburtliche<br />

(pränatale) Belastungen mit Phthalaten (Weichmachern)<br />

die Ausbildung <strong>und</strong> Funktion der männlichen Geschlechtsorgane<br />

bei Versuchstieren beeinflussen, liegen jetzt erstmalig auch<br />

entsprechende Ergebnisse aus Untersuchungen bei <strong>Kinder</strong>n vor.<br />

Es konnte gezeigt werden, dass bei männlichen Kleinkindern im<br />

Alter von 2-36 Monaten eine relativ höhere Phthalatbelastung<br />

der Mütter einherging mit einer deutlichen Minderentwicklung<br />

der männlichen Geschlechtsorgane. Das wirksame Belastungsniveau<br />

war dabei niedriger als die bei 25% der weiblichen<br />

Bevölkerung der USA gemessenen Werte. Das bedeutet, dass<br />

bereits das Niveau der Hintergr<strong>und</strong>belastung in den USA in der<br />

Lage ist, die Entwicklung der männlichen Fortpflanzungsorgane<br />

bei Föten <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>n zu stören (Swan et al., 2005). Bei drei<br />

Monate alten männlichen Säuglingen wurde eine deutliche<br />

Abnahme der männlichen Sexualhormone festgestellt. Die<br />

Ergebnisse zeigten in Übereinstimmung mit Tierversuchen,<br />

dass offenbar die Entwicklung der Leydigzellen <strong>und</strong> deren<br />

Funktion durch eine vorgeburtliche Belastung mit Phthalaten<br />

gestört wird (Main et al., 2006).<br />

Auch die östrogene Wirkung von Bisphenol kann eine vergrößerte<br />

Prostata, geringe Spermienkonzentration oder eine<br />

verfrühte Pubertät zur Folge haben (vom Saal & Hughes, 2005).<br />

6.3.2 Störungen der weiblichen Fortpflanzungsfähigkeit<br />

Eine weitere Beobachtung, die in Zusammenhang mit hormonellen<br />

Schadstoffen gemacht wird, ist die steigende Zahl der<br />

Frühgeburten. Zur Zeit kommen ca. 8% aller <strong>Kinder</strong> vor dem<br />

errechneten Geburtstermin zur Welt. Das sind in Westeuropa<br />

jährlich ca. 500 000 zu früh geborene Babys. Aus Belgien wird<br />

ein Anstieg um 40% innerhalb der letzten zehn Jahre berichtet<br />

(Devlieger et al., 2005). Auch die Folgen der Frühgeburten<br />

können somit zum Teil mit dem Einfluss von Schadstoffen in<br />

Verbindung gebracht werden, so z.B. Hörschäden. In Deutschland<br />

leiden 5–10% aller Schulkinder unter chronischen Hörproblemen.<br />

Angeborene Hörschädigungen werden bei 0,1%<br />

aller Neugeborenen festgestellt, wobei der Anteil bei Frühgeburten<br />

um das 10fache höher liegt (Oudesluys-Murphy et al.,<br />

1996). Auch eine kurz vor oder nach der Geburt auftretende<br />

Belastung mit PCB wird mit Hörproblemen in Verbindung<br />

gebracht (Sovcikova et al., 2004).<br />

Eine der gravierendsten Veränderungen in der biologischen wie<br />

psycho-sozialen Entwicklung der weiblichen Bevölkerung<br />

betrifft jedoch die immer früher einsetzende Pubertät. Inzwischen<br />

mehren sich die Anzeichen dafür, dass diese Entwicklung<br />

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