Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Kinder</strong> <strong>besser</strong> <strong>schützen</strong><br />
5 Problematische Chemikalien<br />
5.1 Chemische Altstoffe wie PCB <strong>und</strong> Dioxine<br />
Polychlorierte Biphenyle (PCB) <strong>und</strong> Dioxine haben, zusammen<br />
mit noch zehn anderen sogenannten chemischen Altstoffen,<br />
also Stoffen, die vor 1981 zum ersten Mal vermarktet wurden,<br />
einiges gemeinsam: Ihre ges<strong>und</strong>heitsschädliche Wirkung ist<br />
weitestgehend unumstritten <strong>und</strong> ihre bewusste Produktion<br />
<strong>und</strong> ihre Verwendung durch die UN-POP-Konvention (Stockholmer<br />
Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe)<br />
aus dem Jahr 2004 weltweit verboten. Sie alle sind sehr<br />
schwer biologisch abbaubar <strong>und</strong> reichern sich im Gewebe an.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Eigenschaften findet man sie noch heute in<br />
hohen Konzentrationen in tierischem <strong>und</strong> menschlichem<br />
Gewebe in allen Teilen der Welt.<br />
Die PCB wurden lange Zeit als Isolierflüssigkeit für elektrische<br />
Leitungen verwendet. PCB stehen unter dem Verdacht, viele<br />
verschiedene Ges<strong>und</strong>heitsstörungen bei <strong>Kinder</strong>n hervorzurufen<br />
(Tab. 3). Sie wirken Krebs erregend <strong>und</strong> Nerven schädigend <strong>und</strong><br />
sind in der Lage, das Immun- <strong>und</strong> Hormonsystem zu beeinträchtigen.<br />
Zunehmend interessieren sich die Forscher auch für<br />
die kombinierte Wirkung verschiedener Chemikalien auf den<br />
Körper: Bei niedrigen Konzentrationen konnte man die gleichzeitige<br />
Einwirkung von PCB <strong>und</strong> Dioxinen auf die Produktion<br />
des Schilddrüsenhormons addieren, bei höheren Konzentrationen<br />
sank die Hormonproduktion zwei- bis dreifach unter den<br />
Wert (Crofton et al., 2005).<br />
Die schädigenden Wirkungen von Chemikalien lassen sich<br />
besonders gut verdeutlichen, wenn sie ungewollt, also durch<br />
Unfälle, in besonders großen Mengen austreten. Im Umkreis<br />
einer Fabrik, die chlorierte Kohlenwasserstoffe produzierte,<br />
wurden nach einem Unfall erhöhte Dioxin-Werte in der Luft,<br />
im Trinkwasser, in der Kuhmilch <strong>und</strong> in der Muttermilch sowie<br />
im Blut gemessen. Dies führte zu erhöhten Todesfallraten bei<br />
Lungenkrebs (3,1fach erhöht), Krebs im Urogenitalbereich<br />
(2,6fach erhöht), Brustkrebs (2,1fach erhöht) <strong>und</strong> Gebärmutterkrebs<br />
(1,8fach erhöht). Darüber hinaus konnten verschiedene<br />
Reproduktionsstörungen nachgewiesen werden. Die Rate an<br />
Spontanaborten erhöhte sich um 24,4%, die Rate der Frühgeburten<br />
um 7,4% (Revich et al., 2001).<br />
28<br />
5.2 Flammschutzmittel<br />
In vielen Alltagsgegenständen wie Computern, Möbeln oder<br />
Vorhängen sind Flammschutzmittel enthalten, um die Entflammbarkeit<br />
der Materialien zu verringern. Die bekanntesten<br />
sind die bromierten Flammschutzmittel, von denen in Europa<br />
im Jahr 2005 knapp 30 000 Tonnen verwendet wurden (Salomon,<br />
2005).<br />
Addititve bromierte Flammschutzmittel gehen keine chemische<br />
Verbindung mit dem Kunststoff ein. Deshalb gelangen sie<br />
in der Gebrauchs- <strong>und</strong> Abfallphase in die Umwelt <strong>und</strong> in den<br />
Menschen. Die bekanntesten Vertreter der additiven Flammschutzmittel<br />
sind die polybromierten Diphenylether (PBDE)<br />
sowie das Hexabromcyclododecan (HBCD). Polybromierte<br />
Diphenylether (PBDE) werden hauptsächlich in Verbindungen<br />
mit fünf (pentaBDE), acht (octaBDE) oder zehn (decaBDE) Bromatomen<br />
verwendet. Sie sind schwer abbaubar (persistent)<br />
<strong>und</strong> können sich in Lebewesen anreichern (bioakkumulierbar).<br />
Die PBDE, von denen jährlich in Europa ca. 9 000 Tonnen in die<br />
Umwelt gelangen (European Chemicals Bureau, 2003), lassen<br />
sich in der Innenraumluft nachweisen. Sie sind im Blut, im<br />
Fettgewebe <strong>und</strong> auch in der Muttermilch in beachtlichen Konzentrationen<br />
zu finden (Kanasakie et al., 2003). Der Gehalt von<br />
PBDE in der Muttermilch hat sich in Schweden seit den 1970er<br />
Jahren alle fünf Jahre verdoppelt, inzwischen sind die Werte<br />
allerdings rückläufig. Dafür sind die Werte in der Muttermilch<br />
englischer Frauen noch immer höher, die Belastung deutscher<br />
Muttermilch liegt in etwa in derselben Größenordnung. Eine<br />
deutlich höhere Belastung liegt in den USA vor, wo aufgr<strong>und</strong><br />
höherer Brandschutzvorschriften auch deutlich größere Mengen<br />
eingesetzt werden (Fürst, 2001; Kanasakie et al., 2003;<br />
Norén & Meironyte, 1998; 2000; Meironyte et al., 1999;<br />
Meironyte & Noren, 2001; She et al., 2004; Weber & Heseker,<br />
2004).<br />
PBDE <strong>und</strong> HBCD besitzen das Potenzial, in das Hormonsystem<br />
einzugreifen. In seinen schädlichen Auswirkungen ist penta-<br />
BDE mit den PCB vergleichbar: In Tierversuchen konnte eine<br />
dauerhafte Schädigung des Lern- <strong>und</strong> Erinnerungsvermögens<br />
sowie des Verhaltens nachgewiesen werden, die mit dem Alter<br />
zunimmt (National Institute for Environmental Health Sciences,<br />
2001; de Wit, 2002). Eine Schädigung des Nervensystems<br />
konnte auch für octaBDE einwandfrei belegt werden.