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Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...

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Vorwort<br />

Schädliche Chemikalien können <strong>Kinder</strong>n das Leben ganz schön<br />

madig machen. Viele <strong>Kinder</strong> können im Frühling nicht mehr auf<br />

einer blühenden Wiese spielen oder eine Katze streicheln, ohne<br />

sofort Niesanfälle zu bekommen. Das neue bunte T-Shirt verursacht<br />

Hautausschlag <strong>und</strong> selbst die warme Milch aus der<br />

Babyflasche kann ein Ges<strong>und</strong>heitsrisiko darstellen. Was ist das<br />

noch für ein Leben, wenn jeder Wettlauf mit den Spielkameraden<br />

in einem Asthmaanfall endet <strong>und</strong> jeder Schokoriegel erst<br />

mal nach Inhaltsstoffen untersucht werden muss?<br />

Unser Leben ist heute ohne synthetische Chemikalien nicht<br />

mehr vorstellbar. Dennoch müssen wir uns nicht alles gefallen<br />

lassen. Dass heute noch fortpflanzungsschädigende Weichmacher<br />

im Planschbecken, Krebs erregendes Formaldehyd in der<br />

Bettwäsche <strong>und</strong> Allergie auslösende Duftstoffe in der Hautcreme<br />

gef<strong>und</strong>en werden, ist ein Skandal. Schlimmer noch, dass sich<br />

auf dem EU-Markt mittlerweile 100 000 Chemikalien befinden,<br />

von denen nur etwa vier Prozent jemals daraufhin überprüft<br />

worden sind, ob sie ges<strong>und</strong>heits- oder umweltschädliche Auswirkungen<br />

haben.<br />

<strong>Kinder</strong> sind keine kleinen Erwachsenen, ihr Körper reagiert empfindlicher<br />

auf Schadstoffe. In einigen Bereichen wird das auch<br />

dementsprechend gewürdigt: Jedes Medikament enthält besondere<br />

Dosierungsanleitungen für <strong>Kinder</strong>. Auch beim abendlichen<br />

Glas Wein lassen die wenigsten Eltern ihre Dreijährigen mittrinken.<br />

Doch bei Chemikalien ist dieses Vorsichtsdenken plötzlich<br />

vergessen – <strong>Kinder</strong> bekommen die volle Giftdosis. Neueste Bluttests<br />

beweisen: sogar mehr als das. Das Blut von <strong>Kinder</strong>n ist<br />

heute stärker mit gefährlichen Chemikalien belastet als das von<br />

Erwachsenen.<br />

Die Belastung von <strong>Kinder</strong>n mit Chemikalien beginnt schon im<br />

Mutterleib, durch den Austausch mit dem Blut der Mutter. Dazu<br />

kommt, dass selbst die beste aller Nahrungen, die Muttermilch,<br />

mittlerweile mehr als 300 Schadstoffe enthalten kann, die sich<br />

im Körper der Mutter angereichert haben. Im Krabbelalter entdecken<br />

<strong>Kinder</strong> dann die Welt durch den M<strong>und</strong>. Alles, was nicht<br />

niet- <strong>und</strong> nagelfest ist, wird erst einmal in den M<strong>und</strong> genommen.<br />

Mit fatalen Folgen. Denn leider treffen Politiker in der EU<br />

Entscheidungen, als hätten sie nie auf ihrem Plastikspielzeug<br />

gekaut oder einen Filzstift in den M<strong>und</strong> genommen: Wenn ein<br />

Produkt bei seinem „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ nicht<br />

offensichtlich ges<strong>und</strong>heitsschädlich ist, kann es in Europa vermarktet<br />

werden – ob es auch „bestimmungsgemäß“ verwendet<br />

wird, ist dann dem Verbraucher, in diesem Fall dem Krabbelkind,<br />

überlassen.<br />

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein: Bevor Chemikalien<br />

auf uns <strong>und</strong> unsere <strong>Kinder</strong> losgelassen werden, muss klar sein,<br />

dass sie keinen Schaden anrichten können. Wenn sie sich als<br />

gefährlich erweisen, sollten sie ersetzt werden, sobald es sicherere<br />

Alternativen gibt. Doch diese Selbstverständlichkeit ist<br />

noch keine Realität. In Brüssel wird um ein europaweites Gesetz<br />

gerungen, das uns <strong>besser</strong> vor gefährlichen Chemikalien <strong>schützen</strong><br />

soll. Doch im Laufe der Diskussionen sind die Vorschriften<br />

immer weiter abgeschwächt worden. Im aktuellen Entwurf sollen<br />

nicht einmal die Chemikalien, die uns bewiesenermaßen<br />

Schaden zufügen, verpflichtend ersetzt werden, wenn es sicherere<br />

Alternativen gibt.<br />

Unsere Gesellschaft wird aus vielen Gründen als kinderfeindlich<br />

beschimpft. Die Chemikalienpolitik ist ein Feld, in dem es, fernab<br />

von Diskussionen um Elternzeit oder <strong>Kinder</strong>gartenplätze,<br />

eine echte Chance gäbe, <strong>Kinder</strong>fre<strong>und</strong>lichkeit zu beweisen. Diese<br />

Chance darf nicht ungenutzt verstreichen. <strong>Kinder</strong> sind nicht<br />

nur der schwächste Teil einer Gesellschaft, sie sind auch deren<br />

Zukunft.<br />

Heide Simonis<br />

Heide Simonis<br />

|Vorsitzende von UNICEF Deutschland<br />

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