Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
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<strong>Kinder</strong> <strong>besser</strong> <strong>schützen</strong><br />
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• Für Krebs erregende Substanzen kann man keine Grenzwerte<br />
festlegen. Denn man geht davon aus, dass es keine<br />
unbedenkliche Dosis gibt. Auch hormonell wirksame Chemikalien<br />
entziehen sich der traditionellen Risikobewertung.<br />
Bei ihnen ist insbesondere der Zeitpunkt der Einwirkung<br />
entscheidend. Ein Jugendlicher in der Pubertät reagiert<br />
anders als eine Frau in den Wechseljahren oder als<br />
ein dreißigjähriger Mann. Geschlecht <strong>und</strong> Zeitfenster der<br />
Entwicklungsstufe beeinflussen die Wirkung massiv.<br />
• Da für Langzeit-Tierexperimente maximal 100 Tiere verwendet<br />
werden, die Versuchsergebnisse dann aber auf viele<br />
Millionen Menschen umgerechnet werden müssen, können<br />
aus statistischen Gründen durchaus relevante<br />
Ges<strong>und</strong>heitsrisiken für den Menschen nicht erkannt werden.<br />
• Im Alltag sind wir niemals nur einem Stoff ausgesetzt. Die<br />
Kombination verschiedener Chemikalien kann die schädigende<br />
Wirkung auf den Organismus addieren oder gar<br />
potenzieren.<br />
Grenzwerte für <strong>Kinder</strong>?<br />
Die unterschiedlichen Empfindlichkeiten der verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen werden bei der Grenzwertfindung zu<br />
wenig berücksichtigt. In der Regel werden alle Berechnungen<br />
auf den ges<strong>und</strong>en normalgewichtigen Erwachsenen (Mann)<br />
„Sichere Bleigrenzwerte“ reduzieren Intelligenzquotienten (IQ) bei <strong>Kinder</strong>n<br />
bezogen, der jedoch nur eine Minderheit in Bezug zur gesamten<br />
Bevölkerung darstellt (Dohmen & Baitsch, 1994). So gehen<br />
auch die speziellen Risiken von Schwangeren <strong>und</strong> ungeborenen<br />
<strong>Kinder</strong>n nicht in die Berechnungen der Grenzwerte ein.<br />
Aber es gibt auch schon positive Beispiele für Regelungen, bei<br />
denen die besondere Empfindlichkeit von <strong>Kinder</strong>n mit entsprechenden<br />
Sicherheitsfaktoren berücksichtigt wird. Im Bodenschutzrecht<br />
beispielsweise wurden die Werte für Krebs erregende<br />
Stoffe mit einem Sicherheitsfaktor von 10 versehen, um<br />
auch <strong>Kinder</strong> davor zu <strong>schützen</strong> (B<strong>und</strong>esministerium für Justiz,<br />
1999). Auch die Maßnahmewerte der Trinkwasserverordnung<br />
berücksichtigen <strong>Kinder</strong> mit einem gesonderten Sicherheitsfaktor<br />
(Dieter & Henseling, 2003). Die Kommission „Innenraumlufthygiene“<br />
des Umweltb<strong>und</strong>esamtes (UBA) hat die Richtwerte<br />
für Innenraumschadstoffe um den Faktor 2 gesenkt, damit<br />
auch <strong>Kinder</strong> geschützt sind (Innenraumlufthygienekommission,<br />
1996). Für Pestizide wird ein zusätzlicher Faktor 10 in die<br />
Grenzwertsetzung einbezogen. Dieser Faktor wird auch dann<br />
angewendet, wenn für einen Stoff die Datenlage zur Toxizität<br />
in der Entwicklungsphase noch lückenhaft ist. Ebenso berücksichtigen<br />
natürlich die Vorschriften für Säuglings- <strong>und</strong> Folgenahrung<br />
die besondere Empfindlichkeit der Kleinkinder (International<br />
Programme on Chemical Safety, 1987).<br />
Amerikanische Wissenschaftler haben entdeckt, dass auch niedrige Bleiwerte zu gefährlichen Ges<strong>und</strong>heitsschäden bei<br />
<strong>Kinder</strong>n führen können. Auch wenn die Grenzwerte eingehalten werden, kann Blei die Intelligenz der <strong>Kinder</strong> langfristig<br />
mindern. Die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation hatte 1991 den Wert von 10 Mikrogramm Blei pro Deziliter Blut (μg/dl)<br />
als Risikogrenze für Ges<strong>und</strong>heitsschäden angegeben. Die neue Studie zeigt eindeutig, dass die negativen Wirkungen<br />
des Bleigehalts schon vor Erreichen des Grenzwertes auftreten. <strong>Kinder</strong> mit einem Bleigehalt von 10μg/dl hatten einen<br />
verminderten IQ von 7,4 Punkten im Vergleich zu <strong>Kinder</strong>n mit einem Bleigehalt von nur 1μg/dl. <strong>Kinder</strong> mit noch höheren<br />
Blei-Blutwerten (10–30μg/dl Blut) schnitten um weitere 2,4 IQ-Punkte schwächer ab. Nach Angaben des „US Center<br />
for Disease Control“ weisen 10% der amerikanischen <strong>Kinder</strong> Bleiwerte von 5–10μg/dl Blut auf. Die Wissenschaftler<br />
kommen zu dem Schluss, dass es keinen sicheren Grenzwert für Bleibelastung im Blut gibt (Canfield et al., 2003).<br />
Genau diese Erkenntnis spiegelt sich auch in den immer weiter herabgesetzten Grenzwerten für Blei wider (Abb. 7).