Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Kinder besser schützen - Verband arbeits- und. berufsbedingt ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Kinder</strong> <strong>besser</strong> <strong>schützen</strong><br />
Aus fast allen westeuropäischen Ländern wird von einer<br />
Zunahme der Allergien innerhalb der letzten Jahrzehnte<br />
berichtet. In Großbritannien ist das Auftreten von Asthma von<br />
1970–1990 von 6 auf 12% gestiegen, bei Heuschnupfen sogar<br />
von 12 auf 23%. Zwar werden aus der letzten Dekade aus<br />
Deutschland <strong>und</strong> Italien keine Steigerungen mehr gemeldet,<br />
die jetzt stabile Rate in Deutschland beträgt allerdings ca.<br />
35% (Ronchetti et al., 2001; Zöllner et al., 2005). Bei 11% der<br />
deutschen <strong>Kinder</strong> wurde schon einmal Heuschnupfen diagnostiziert,<br />
bei 13% Neurodermitis, bei 5% Asthma. Aktuell leiden<br />
17% aller 3-17jährigen unter einer Allergie (Robert-Koch-<br />
Institut, 2006).<br />
Da sich <strong>Kinder</strong> bis zu 90% ihrer Zeit in Innenräumen aufhalten<br />
<strong>und</strong> keinen Einfluss auf die Belastung ihrer Umgebung haben,<br />
ist die Verschmutzung der Innenraumluft durch die große<br />
Anzahl von Lungenreizstoffen die bedeutendste Quelle für<br />
Schadstoffeffekte auf das Atmungssystem von <strong>Kinder</strong>n (Woodcock<br />
& Custoviv, 1998). Dabei hat sowohl der zunehmende<br />
Gebrauch von chemischen Reinigungsmitteln <strong>und</strong> die Belastung<br />
der Baumaterialien <strong>und</strong> Einrichtungsgegenstände mit<br />
giftigen Substanzen als auch die ver<strong>besser</strong>te Isolation <strong>und</strong><br />
damit ein verringerter Luftaustausch zu einer Verstärkung der<br />
Probleme geführt. Häufige Innenraumschadstoffe sind Stickstoffdioxid,<br />
u.a. über die Benutzung von Gasherden <strong>und</strong> aus<br />
Tabakrauch, <strong>und</strong> flüchtige organische Verbindungen (VOC)<br />
(World Health Organization et al., 2006).<br />
Flüchtige organische Verbindungen wie Formaldehyd sind<br />
Bestandteil von Haushaltsreinigern, Klebstoffen <strong>und</strong> Einrichtungsgegenständen.<br />
Sie gelten als Auslöser für Asthma bei<br />
<strong>Kinder</strong>n (Rumchev et al., 2002). Formaldehyd soll zu zunehmendem<br />
Auftreten von Atopie (der verstärkten Neigung zu<br />
Allergien) als auch zu erhöhten Immunglobulin E-Werten (IgE)<br />
führen, das zu Überempfindlichkeitsreaktionen beiträgt (Garrett<br />
et al., 1999; Wantke et al., 1996). Auch wird Formaldehyd<br />
in Konzentrationen, die üblicherweise in Häusern vorkommen,<br />
mit Entzündungen der Atemwege von ges<strong>und</strong>en <strong>Kinder</strong>n in<br />
Verbindung gebracht (Franklin et al., 2000).<br />
Es wurden aber auch negative Auswirkungen auf die Lungenentwicklung<br />
der Föten als Effekte von diversen Chemikalien<br />
nachgewiesen, mit denen die Mutter in Berührung gekommen<br />
46<br />
ist; so von flüchtigen <strong>und</strong> polyaromatischen Kohlenwasserstoffen<br />
(VOC <strong>und</strong> PAKs) aus Haushaltschemikalien, aber auch von<br />
Dioxin <strong>und</strong> ähnlichen Stoffen (Revich et al., 2001). Auch konnten<br />
Beziehungen zwischen der Belastung von Müttern mit<br />
flüchtigen organischen Verbindungen <strong>und</strong> einer Verringerung<br />
der Anzahl der Abwehrzellen im Nabelschnurblut des Neugeborenen<br />
festgestellt werden, was ein Gr<strong>und</strong> für das anfälligere<br />
Immunsystem sein könnte (Lehmann et al., 2002).<br />
Neuere Bevölkerungsstudien zeigen, dass Ozon, Stickoxide<br />
(NOx) <strong>und</strong> Feinstaub – die Masse davon aus Autoabgasen –<br />
diejenigen Komponenten der Außenluftverschmutzung sind,<br />
die am direktesten mit kindlichem Asthma in Zusammenhang<br />
stehen (Centers for Disease Control and Prevention, 1995;<br />
American Academy of Pediatrics, 1993).<br />
6.6 Störungen des Nervensystems<br />
Das sich entwickelnde Nervensystem ist gegenüber Störungen<br />
durch Chemikalien wesentlich empfindlicher als das erwachsene<br />
Gehirn. Konzentrationen von Substanzen, die keine oder nur<br />
geringe Auswirkungen auf das ausgereifte Nervensystem von<br />
Erwachsenen haben, können für das sich entwickelnde Nervensystem<br />
ein schwerwiegendes Risiko darstellen (Faustman et<br />
al., 2000). Für einige Substanzen wie Blei, Quecksilber <strong>und</strong> PCB<br />
wurde in Versuchen bestätigt, dass sie auf die Gehirne von<br />
Föten, Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern einen größeren Einfluss<br />
haben als auf diejenigen von Erwachsenen (Heinemeyer &<br />
G<strong>und</strong>ert-Remy, 2002). Das liegt vor allem an dem langen Zeitraum<br />
der Gehirnentwicklung <strong>und</strong> der großen Anzahl der einzelnen<br />
Schritte bei der Entwicklung des Nervensystems, von<br />
denen jeder einzelne durch Chemikalien beeinträchtigt werden<br />
<strong>und</strong> zu Langzeitschäden der Gehirnfunktion führen kann<br />
(Barone et al., 2000; Rodier et al., 1994).<br />
Da sich die verschiedenen Fähigkeiten des menschlichen<br />
Gehirns an verschiedenen Stellen <strong>und</strong> zu unterschiedlichen<br />
Zeiten entwickeln, hängen die durch Chemikalieneinfluss entstehenden<br />
Störungen vom Zeitpunkt ihrer Einwirkung ab. Der<br />
größte <strong>und</strong> bedeutendste Teil der Entwicklung des Gehirns<br />
vollzieht sich noch vor der Geburt. Während die frühen Beeinträchtigungen<br />
die schwerwiegendsten Folgen haben, beweisen<br />
neuere pädiatrische Studien, dass sich die physiologischen