BWGZ 1|2011 DIE GEMEINDE - Gemeindetag Baden-Württemberg
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<strong>BWGZ</strong> 1 | 2011 Bilanz und Perspektiven<br />
Mit Spannung war deshalb die Beratung<br />
im Koalitionsausschuss der Regierungsfraktionen<br />
von CDU/CSU und<br />
FDP am 18.11.2010 erwartet worden.<br />
Die Ergebnisse lauten zusammengefasst<br />
kurz wie folgt:<br />
• Die Gewerbesteuer bleibt als solche<br />
erhalten. Gegen den erklärten Willen<br />
der Kommunen solle es auf diesem Gebiet<br />
keine Veränderungen geben. Die<br />
Bundesregierung wolle im Einvernehmen<br />
mit den Kommunen und ihren<br />
Vertretern handeln. Allerdings erhielt<br />
das Bundesfinanzministerium den Auftrag,<br />
als „Maßnahme unterhalb der<br />
kompletten Abschaffung der Gewerbesteuer“<br />
zu prüfen, ob bei den Substanzsteuerelementen<br />
der Gewerbesteuer<br />
Streichungen vorgenommen und wie<br />
diese für die Gemeinden entsprechend<br />
an anderer Stelle kompensiert werden<br />
könnten.<br />
• In diesem Zusammenhang ist bedeutsam,<br />
dass der Koalitionsausschuss den<br />
weiteren Prüfauftrag das Hebesatzrecht<br />
der Kommunen bei der Einkommensteuer<br />
betreffend bestätigte, weil in der<br />
Koalition wohl Maßnahmen im einen<br />
Bereich nicht ohne Maßnahmen in dem<br />
anderen Bereich vorstellbar sind. Ob der<br />
Zuschlag auf die Einkommensteuer als<br />
Kompensation für einen Eingriff in die<br />
Gewerbesteuer zu verstehen sein soll<br />
oder den Kommunen zusätzliche Einnahmemöglichkeiten<br />
verschaffen soll,<br />
war allerdings offen gelassen worden.<br />
• Auch die Übernahme von Kosten für<br />
die Grundsicherung im Alter durch den<br />
Bund war Thema im Koalitionsausschuss.<br />
Entscheidungen oder gar ein<br />
Junktim im Zusammenhang mit der Gewerbesteuerreform<br />
soll es aber nicht gegeben<br />
haben. Im Koalitionsausschuss<br />
wurde auch beschlossen, dass untersucht<br />
werden solle, ob die Kommunen<br />
stufenweise entweder bei den Kosten<br />
der Unterkunft oder bei der Grundsicherung<br />
entlastet werden können.<br />
Insgesamt wurden die weiteren Entscheidungen<br />
zur Reform der Gemeindefinanzen<br />
auf 2011 vertagt. Bis Februar<br />
2011, so heißt es, sollen nun Lösungen<br />
gesucht und gefunden werden.<br />
<strong>Gemeindetag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Auch wenn im Koalitionsausschuss bekräftigt<br />
wurde, die Gewerbesteuer als<br />
solche zu erhalten, so ist damit für die<br />
Kommunen noch längst keine Entwarnung<br />
gegeben:<br />
Es ist darauf hinzuweisen, dass Veränderungen<br />
bei den so genannten „ertragsunabhängigen<br />
Elementen“ bei der<br />
Gewerbesteuer einen massiven Eingriff<br />
in die Substanz der Gewerbesteuer bedeuten<br />
würden. Mit der Unternehmensteuerreform<br />
2008 (Gesetz vom<br />
14.8.2007, BGBl. I S. 1912) wurde gerade<br />
das Ziel verfolgt, das bis dahin geltende<br />
System der Hinzurechnungen zum<br />
Gewerbeertrag bzw. entsprechender<br />
Kürzungen aufkommensneutral dergestalt<br />
zu verändern, dass die Basis der<br />
Hinzurechnungen verbreitert, dafür<br />
aber die Hinzurechnungssätze abgesenkt<br />
werden (weniger „Zuschläge“ auf<br />
eine größere Basis). Der Wegfall der bis<br />
einschließlich 2007 geltenden 50 Prozent-Hinzurechnung<br />
von Dauerschuldzinsen<br />
bei der Gewerbesteuer einschließlich<br />
bisher hinzugerechneter Mieten<br />
und Pachten sollte die Unternehmen<br />
nach dem Finanztableau zu dem Steuerreformgesetz<br />
um 995 Mio. Euro entlasten,<br />
der Ersatz durch eine 25-prozentige<br />
Hinzurechnung von Zinsen sowie den<br />
pauschalierten Finanzierungsanteile<br />
von Mieten, Pachten, Leasingraten und<br />
Lizenzen bei der Gewerbesteuer mit einem<br />
Freibetrag von 100.000 Euro mit<br />
955 Mio. Euro aufkommensneutral sein.<br />
Bereits vor dem eigentlichen Inkrafttreten<br />
des Gesetzes zum 1.1.2008 wurde<br />
mit dem Jahressteuergesetz 2008 vom<br />
20.12.2007 (BGBl. I S. 3150) der Finanzierungsanteil<br />
von Mieten und Pachten<br />
für unbewegliches Vermögen von 75<br />
auf 65 Prozent abgesenkt, mit dem<br />
Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom<br />
22.12.2009 (BGBl. I S. 3950) nochmals<br />
von 65 auf 50 Prozent.<br />
Weitere Eingriffe in das System der gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnungen<br />
würden die für die Gemeinden wichtige<br />
Stabilisierungsfunktion der Gewerbesteuer<br />
gefährden und sie zu einer abhängig<br />
von der Entwicklung der Erträge<br />
stark schwankenden (volatilen) „zweiten<br />
Körperschaftsteuer“ machen. Und<br />
ob die seinerzeit angenommene Summe<br />
von knapp einer Mrd. Euro an veränderten<br />
Hinzurechnungen heute der Realität<br />
entspricht, ist zu bezweifeln. Die<br />
Kommunen lehnen eine weitere Beschneidung<br />
der gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnungen rundweg ab.<br />
Dem wird entgegen gehalten, dass am<br />
Gesamtaufkommen aus der Gewerbesteuer<br />
von bundesweit zirka 31,5 Mrd.<br />
Euro (2010) die ertragsunabhängigen<br />
Bestandteile lediglich einen Anteil von<br />
zirka 1,2 Mrd. Euro haben würden und<br />
somit eine geringe Bedeutung für das<br />
Gewerbesteueraufkommen hätten.<br />
Wenn dem so ist, muss die Frage erlaubt<br />
sein, warum dann politische ein solch<br />
zähes Ringen um deren Abschaffung geführt<br />
wird. Viel eher passen da Aussagen<br />
ins Bild, die den Anteil der ertragsunabhängigen<br />
Bestandteile am Gewerbesteueraufkommen<br />
bundesweit bei 5 bis 7<br />
Mrd. Euro sehen. Belastbare Statistiken<br />
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