BWGZ 1|2011 DIE GEMEINDE - Gemeindetag Baden-Württemberg
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<strong>BWGZ</strong> 1 | 2011 Bilanz und Perspektiven<br />
schen Gedankens vor Ort. Folglich war<br />
aus baden-württembergischer Kommunalsicht<br />
kritisch zu sehen, dass der Entwurf<br />
stärker auf den Gedanken der ausschließlichen<br />
Fokussierung auf die wirtschaftlich<br />
rückständigsten Regionen der<br />
EU abzielte.<br />
Ausschuss der Regionen<br />
positioniert sich zu Gunsten<br />
der Kommunen<br />
In Rahmen seiner Plenartagung im April<br />
2010 in Brüssel hatte sich daher der Ausschuss<br />
der Regionen in seiner Prospektivstellungnahme<br />
zur „Zukunft der Kohäsionspolitik“<br />
der EU nach dem Jahr<br />
2013 zum Wohle der Kommunen positioniert.<br />
Gegenstand der Stellungnahme<br />
sind die Herausforderungen, die<br />
Prinzipien, die Architektur und das Umsetzungssystem<br />
der künftigen Kohäsionspolitik<br />
sowie die Rolle der lokalen<br />
und regionalen Gebietskörperschaften.<br />
Die Stellungnahme spricht sich dafür<br />
aus, an einer ehrgeizigen Kohäsionspolitik<br />
als zentralem Bestandteil des europäischen<br />
Integrationsmodells festzuhalten.<br />
Die Mitglieder des AdR stellten klar,<br />
dass diese Politik weiterhin allen Regionen<br />
zugute kommen müsse, wobei sich<br />
der größte Teil der Mittel auf die bedürftigsten<br />
Mitgliedstaaten und Regionen<br />
konzentrieren sollte. Das Ziel „Regionale<br />
Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“<br />
(Ziel 2) müsse aber weiterhin alle<br />
übrigen Regionen der EU unterstützen.<br />
Der AdR betont darüber hinaus, dass<br />
sich der subsidiäre Ansatz der Kohäsionspolitik<br />
und das Prinzip der Mehrebenenverwaltung<br />
bewährt hätten. Diese<br />
müssten durch eine weitere Stärkung<br />
der Rolle der lokalen und regionalen<br />
Gebietskörperschaften in allen Phasen<br />
der Programmierung, Umsetzung und<br />
Evaluierung weiter ausgebaut werden.<br />
Europaabgeordnete nehmen<br />
ebenfalls kommunalfreundlich<br />
Stellung zur EU-Kohäsionspolitik<br />
Von Seiten des Europäischen Parlaments<br />
hatte der dortige Ausschuss für Regionalpolitik<br />
bereits im November 2009<br />
<strong>Gemeindetag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
eine informelle Arbeitsgruppe zur Zukunft<br />
der EU-Kohäsionspolitik eingesetzt.<br />
Mit dieser wird ein doppeltes Ziel<br />
verfolgt. Einerseits sollte die Arbeit der<br />
von der Kommission eingesetzten,<br />
hochrangigen Expertengruppe begleitet<br />
werden. Andererseits sollte die Arbeitsgruppe<br />
Empfehlungen für den Ausschuss<br />
zu den für die Entscheidung über<br />
die zukünftige Kohäsionspolitik wichtigen<br />
Themen vorbereiten.<br />
Im Oktober 2010 hatten die Europaabgeordneten<br />
nunmehr erwartungsgemäß<br />
das von der Arbeitsgruppe erarbeitete<br />
Positionspapier verabschiedet. Dieses<br />
besteht aus einer – ausdrücklich nicht<br />
abschließenden – Liste von 15 Punkten<br />
zur Zukunft der EU-Kohäsionspolitik<br />
nach 2013, über die Konsens in den<br />
Fraktionen besteht. So unterstreicht das<br />
Papier eingangs die Bedeutung der Regionalpolitik<br />
als eine Politik für das gesamte<br />
Unionsgebiet und für alle Regionen.<br />
Sie habe sich für den Europäischen<br />
Integrationsprozess als wesentlich erwiesen.<br />
Es handele sich bei ihr um eine<br />
Politik mit europäischem Mehrwert, die<br />
Modernisierung und nachhaltiges<br />
Wachstum unterstütze und ebenso den<br />
Europäischen Solidaritätsgedanken unterstreiche.<br />
Die wichtigsten Punkte lauten:<br />
• Die Kohäsionspolitik ist unabdingbar<br />
für den Erfolg der Europa 2020-Strategie<br />
/ eine Renationalisierung ist zurückzuweisen;<br />
• Beibehaltung der aktuellen Ziele / BIP<br />
weiterhin Hauptkriterium für die<br />
Einteilung;<br />
• Votum für den Verbleib des Europäischen<br />
Sozialfonds in der Kohäsionspolitik;<br />
• Förderung polyzentrischer Entwicklung<br />
/ Stärkung der urbanen Dimension;<br />
• Mehrebenenregieren als ein Schlüsselprinzip<br />
anerkennen;<br />
• Vereinfachung des Antragssystem gefordert<br />
/ stärkere Nutzung anderer<br />
Finanzinstrumente.<br />
EU 2020: Jahr 2010 als Geburtsjahr<br />
für neue EU-Strategie<br />
der kommenden Dekade<br />
Neben der zukünftigen Kohäsionspolitik<br />
als eines der kommunalbedeutsamsten<br />
EU-Politikfelder bildet die bereits<br />
erwähnte Europa 2020-Strategie den<br />
übergeordneten EU-Handlungsrahmen<br />
für die kommende Dekade im Nachgang<br />
zur Lissabon-Strategie aus dem Jahr<br />
2000, die das Europabüro bereits im Jahr<br />
ihrer Verabschiedung 2010 maßgeblich<br />
beschäftigte.<br />
Die im Frühjahr 2010 verabschiedete<br />
Strategie, die auf intelligentes, nachhaltiges<br />
sowie integratives Wachstum abzielt,<br />
konkretisiert sich durch fünf, bis<br />
2020 zu verwirklichende Kernziele:<br />
• 75 Prozent der Bevölkerung im Alter<br />
von 20 bis 64 Jahren sollen in Arbeit<br />
stehen;<br />
• 3 Prozent des EU-BIP sollen für Forschung<br />
und Entwicklung aufgewendet<br />
werden;<br />
• 20-20-20-Klimaschutz-/Energieziele<br />
sollen erreicht werden (einschließlich<br />
einer Erhöhung des Emissionsreduktionsziels<br />
auf 30 Prozent, falls<br />
entsprechenden Voraussetzungen erfüllt<br />
sind);<br />
• Anteil der Schulabbrecher soll auf<br />
unter 10 Prozent abgesenkt werden<br />
und mindestens 40 Prozent der jüngeren<br />
Generation sollen einen Hochschulabschluss<br />
haben;<br />
• Zahl armutsgefährdeter Personen soll<br />
um 20 Millionen sinken.<br />
Während die ersten beiden Ziele aus<br />
Lissabon-Zeiten herrühren – und damals<br />
bereits im noch weniger ambitionierten<br />
Umfang nicht erreicht werden<br />
konnten – und das Klimaschutzziel den<br />
jüngeren Entwicklungen im globalen<br />
Kontext geschuldet ist, kommt den beiden<br />
letztgenannten Zielen durchaus<br />
Neuigkeitscharakter zu, die weit in die<br />
originären Zuständigkeitsbereiche der<br />
Kommunen hineinreichen. Deutlich<br />
wird daher bereits an dieser Stelle, dass<br />
eine tatsächliche Verwirklichung auf<br />
EU-Ebene unabdingbar mit der erfolgreichen<br />
Einbeziehung von lokalen Ansätzen<br />
in den kommunalen Handlungs-<br />
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