BWGZ 1|2011 DIE GEMEINDE - Gemeindetag Baden-Württemberg
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<strong>BWGZ</strong> 1 | 2011 Bilanz und Perspektiven<br />
Vergaberechtsreform und Verbindlichkeit der VOB 2009<br />
Mit der Änderung Vergabeverordnung<br />
vom 7.6.2010, die am 11.6.2010 in Kraft<br />
getreten ist, ist die Vergaberechtsreform<br />
zu einem – vorläufigen – Endpunkt gekommen.<br />
Nach der Änderung des Kartellvergaberechts<br />
im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,<br />
die seit<br />
24.4.2009 in Kraft ist , wurden nun die<br />
neu gefassten Vergabe- und Vertragsordnungen<br />
für Vergaben ab den EU-rechtlichen<br />
Schwellenwerten eingeführt. Mit<br />
dem Inkrafttreten der Vergabeverordnung<br />
gelten für die Vergaben ab den EUrechtlichen<br />
Schwellenwerten der 2. Abschnitt<br />
der VOB/A 2009, der 2. Abschnitt<br />
der VOL/A 2009 und die VOF 2009. Mit<br />
der novellierten Vergabeverordnung soll<br />
das Vergaberecht vereinfacht, der Regelungsumfang<br />
reduziert, die Transparenz<br />
der Verfahren erhöht und die beiden Vergabe-<br />
und Vertragsordnungen VOB/A<br />
und VOL/A angeglichen werden.<br />
Verbindlichkeit der VOB 2009<br />
Die VOB 2009 ist seit 1.10.2010 verbindlich<br />
anzuwenden (siehe Hinweis in<br />
Gt-INFO vom 20.10.2010; s.a. GABl.<br />
10/2010, S. 325 und 11/2010, S. 409).<br />
Das Finanzministerium hat dies mit<br />
Schreiben vom 7.10.2010 unter Übersendung<br />
der Änderung der Vergabe<br />
VwV mitgeteilt. Zu den wesentlichen<br />
Änderungen durch die VOB 2009 gehört<br />
die Einführung von Wertgrenzen für die<br />
drei Vergabearten. Für <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
wurde in der Vergabe VwV – in Abweichung<br />
von der VOB 2009 für die<br />
Freihändige Vergabe von Bauleistungen<br />
– eine Wertgrenze von 20.000 Euro (ohne<br />
Umsatzsteuer) aufgenommen. Die<br />
Geltung der Vw Beschleunigung öA<br />
mit seinen seit Anfang 2009 geltenden<br />
höheren Wertgrenzen (1 Mio. Euro bei<br />
der Beschränkten Ausschreibung und<br />
100.000 Euro bei der Freihändigen Vergabe)<br />
wurde um ein Jahr bis Ende 2011<br />
verlängert (s. Gt-INFO 944/2010 vom<br />
20.12.2010). Auf Bundesebene haben<br />
die kommunalen Spitzenverbände<br />
ebenfalls eine Verlängerung der Geltung<br />
der höheren Wertgrenzen gefordert.<br />
Das vom Hauptausschuss des Deutschen<br />
Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA)<br />
<strong>Gemeindetag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
verfolgte Ziel, die Verfahrensabläufe zu<br />
verschlanken und zu vereinfachen, wurde<br />
aus kommunaler Sicht verfehlt. Die<br />
Position der Städte und Gemeinden als<br />
öffentliche Auftraggeber wurde in wichtigen<br />
Punkten verschlechtert. So werden<br />
Schwellenwerte für die Beschränkte<br />
Ausschreibung und die Freihändigen<br />
Vergaben einführt. Bei Aufträgen unter<br />
250.000 Euro sollen keine Sicherheitsleistungen<br />
mehr gefordert werden. Für<br />
Beschränkte Ausschreibungen wird eine<br />
Vorabtransparenz (ex-ante) eingeführt,<br />
ähnlich auch für durchgeführte Vergaben<br />
(ex-post-Transparenz). Bei fehlenden<br />
Nachweisen ist der öffentliche Auftraggeber<br />
verpflichtet (also kein Ermessen),<br />
diese nachzufordern (bei der neuen<br />
VOL 2009 ist dies ein Fall einer<br />
Ermessensentscheidung).<br />
Erst wenn diese Erklärungen oder Nachweise<br />
nicht innerhalb der Frist von 6<br />
Tagen vorgelegt werden, ist das Angebot<br />
auszuschließen. Während nach bisheriger<br />
Geltung der VOB 2006 Angebote mit<br />
fehlenden Preisen auszuschließen waren,<br />
gilt nach der neuen VOB 2009, dass<br />
ein solcher Ausschluss nicht mehr möglich<br />
ist bei einem Angebot, bei dem lediglich<br />
in einer einzelnen unwesentlichen<br />
Position die Angabe des Preises<br />
fehlt und durch die Außerachtlassung<br />
dieser Position der Wettbewerb und die<br />
Wertungsreihenfolge nicht beeinträchtigt<br />
werden. Leider hat die VOB 2009<br />
nicht geregelt, wie dieser dann fehlende<br />
Preis ermittelt wird, der schließlich im<br />
Bauvertrag verbindlich vereinbart werden<br />
muss. Die kommunale Praxis sieht<br />
solche Formulierungen als Einstieg in<br />
Manipulationsmöglichkeiten.<br />
Grundstücksgeschäfte der öffentlichen<br />
Hand sind, wie der EuGH mit seiner<br />
grundlegenden Entscheidungen vom<br />
25.3.2010 entschieden und damit die<br />
Rechtsprechung des OLG Düsseldorf<br />
korrigiert hat, regelmäßig nicht mehr<br />
ausschreibungspflichtig.<br />
Den Gemeinden ist die VOL/A 2009 –<br />
wie bisher – zur Anwendung empfohlen;<br />
die VOL gehört damit nicht zu den<br />
verbindlichen Vergabegrundsätzen für<br />
Unterschwellenvergaben; anders die<br />
VOB. Die VOL ist von allen Behörden<br />
und Betrieben des Landes sowie den<br />
landesunmittelbaren juristischen Personen<br />
des öffentlichen Rechts, die § 55<br />
LHO zu beachten haben, anzuwenden.<br />
Näheres regelt die Verwaltungsvorschrift<br />
vom 14.6.2010.<br />
Für die Leistungen im Sinne der VOL/A<br />
2009 müssen die Gemeinden jedoch das<br />
Gemeindehaushaltsrecht beachten, das<br />
in § 31 GemHVO für die Gemeinden<br />
Folgendes vorgibt: Grundsatz der öffentlichen<br />
Ausschreibung und beschränkte<br />
Ausschreibung oder freihändige<br />
Vergabe nur wegen der Natur des<br />
Geschäfts oder wegen besonderer Umstände.<br />
Über die inhaltlichen Änderungen<br />
der VOL/A 2009 und der VOL/A EG<br />
2009 wurde in <strong>BWGZ</strong> 14/2010, S. 583,<br />
585 berichtet.<br />
Im Dreiklang der Vergabe- und Vertragsordnungen<br />
ist auch die VOF, die Ende<br />
2009 im Bundesanzeiger veröffentlicht<br />
wurde, über die Änderung der Vergabeverordnung<br />
verbindlich geworden.<br />
Für Sektorenauftraggeber (Trinkwasser-,<br />
Energieversorgung und Verkehr) ist<br />
die SektVO verbindlich, die nicht zwischen<br />
Bauleistungen, sonstigen Leistungen<br />
oder freiberuflichen Leistungen unterscheidet.<br />
Bemerkenswert ist dabei,<br />
dass die Verdingungsregelungen für Sektorenauftraggeber<br />
nicht mehr über die<br />
Verdingungsausschüsse laufenden, sondern<br />
dass das Bundeswirtschaftsministerium<br />
direkt die SektVO erlassen hat.<br />
Nach der Reform ist vor der Reform:<br />
Der Koalitionsvertrag vom 26.10.2009<br />
hat für das Jahr 2010 einen Gesetzentwurf<br />
für den Rechtsschutz bei Vergaben<br />
im Unterschwellenbereich angekündigt.<br />
Es ist abzuwarten, ob dies zu einer<br />
gesetzlichen Regelung führt, die das<br />
Vergabeverfahren verzögert und noch<br />
mehr verrechtlicht und damit zum Gegenteil<br />
von Entbürokratisierung führt.<br />
Ziel des Vergabeverfahrens muss es weiterhin<br />
sein, eine wirtschaftliche Beschaffung<br />
durch die öffentliche Hand<br />
sicherzustellen. Eine Zusammenfassung<br />
zur aktuellen Situation enthält Gt-INFO<br />
947/2010 vom 20.12.2010.<br />
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