BWGZ 1|2011 DIE GEMEINDE - Gemeindetag Baden-Württemberg
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Bilanz und Perspektiven<br />
Erschließungsbeitrag: Gemeindeanteil von 5 Prozent<br />
für Anbaustraßen und Wohnwege ist in Ordnung<br />
Mit der Übernahme des Erschließungsbeitragsrecht<br />
in das Landesrecht durch<br />
das Kommunalabgabengesetz 2005<br />
wurde auch die Mindesthöhe des Anteils,<br />
den die Gemeinde an den beitragsfähigen<br />
Kosten zu tragen hat, von 10<br />
auf 5 Prozent abgesenkt. In der Literatur<br />
wurde hierzu die Auffassung vertreten,<br />
die Gemeinden könnten den Eigenanteil<br />
für Anbaustraßen und Wohnwege<br />
nicht einfach auf 5 Prozent festlegen.<br />
Vielmehr habe der Gemeinderat eine<br />
auf das gesamte Gemeindegebiet bezogene<br />
Abwägungsentscheidung zu treffen,<br />
in welchem Umfang eine Inanspruchnahme<br />
der Erschließungsanlagen<br />
durch die Allgemeinheit einerseits und<br />
durch die Beitragsschuldner andererseits<br />
zu erwarten sei, was ggf. sogar eine<br />
Differenzierung des Gemeindeanteils<br />
für Anbaustraßen nach deren Verkehrsbedeutung<br />
erforderlich mache; sogar<br />
die Notwendigkeit, beim Gemeindeanteil<br />
nach Straßenteileinrichtungen<br />
(Fahrbahn, Gehweg, …) zu differenzieren,<br />
wurde erörtert.<br />
Das VG Stuttgart hat in der Folge in einigen<br />
Entscheidungen die pauschale<br />
Festlegung des Gemeindeanteils für Anbaustraßen<br />
mit 5 Prozent beanstandet.<br />
Der Landesgesetzgeber hat auf diese<br />
Entwicklung reagiert und mit dem Gesetz<br />
zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts<br />
vom 4.5.2009 den Gemeindeanteil<br />
für Anbaustraßen und Wohnwege<br />
zwingend auf 5 Prozent festgelegt<br />
(vgl. dazu Gössl/Reif in <strong>BWGZ</strong> 2009<br />
S. 852 ff.). In der Zwischenzeit hat sich<br />
auch der VGH Mannheim mit den den<br />
Eigenanteil für Anbaustraßen betreffenden<br />
Rechtsfragen beschäftigt. Er hat<br />
zum einen die gesetzgeberische Entscheidung,<br />
den Gemeindeanteil für Anbaustraßen<br />
und Wohnwege zwingend<br />
auf 5 Prozent festzulegen, als rechtmäßig<br />
eingestuft (Urteil vom 11.3.2010,<br />
<strong>BWGZ</strong> 2010 S. 477).<br />
In einer weiteren Entscheidung vom<br />
30.6.2010 (<strong>BWGZ</strong> 2010 S. 765) hat er<br />
schließlich die vom <strong>Gemeindetag</strong> bereits<br />
im Zusammenhang mit der Herausgabe<br />
des Musters einer Erschließungsbeitragssatzung<br />
2005 (<strong>BWGZ</strong> 17/2005 S. 610)<br />
vertretene Auffassung bestätigt, wonach<br />
der Gemeindeanteil für Anbaustraßen<br />
nach § 23 Abs. 1 KAG 2005 unabhängig<br />
von der Verkehrsbedeutung auf 5 Prozent<br />
festgelegt werden konnte.<br />
Rückblickend betrachtet hätte es somit<br />
der Gesetzesänderung durch den Landtag<br />
im Jahr 2009 nicht bedurft. Immerhin<br />
ist nun klar: Der Gemeindeanteil für<br />
Anbaustraßen und Wohnwege beträgt<br />
nunmehr gesetzlich zwingend 5 Prozent;<br />
einen höheren Gemeindeanteil zu übernehmen<br />
ist der Gemeinde verwehrt. Die<br />
Angabe des Gemeindeanteils für Anbaustraßen<br />
und Wohnwege in der Satzung<br />
hat nur nachrichtlichen Charakter. Städte<br />
und Gemeinden, die in einer vor dem<br />
9.5.2009 (dem Inkrafttreten des Gesetzes<br />
zur Reform des Gemeindehaushalts-<br />
<strong>BWGZ</strong> 1 | 2011<br />
rechts) beschlossenen Erschließungsbeitragssatzung<br />
den Gemeindeanteil für<br />
Anbaustraßen und Wohnwege pauschal<br />
auf 5 Prozent festgelegt hatten, brauchen<br />
deswegen ihre Erschließungsbeitragssatzung<br />
nicht zu ändern.<br />
Für die Erschließungsanlagen i.S. des<br />
§ 33 Satz 1 Nrn. 3 bis 7 KAG, für die die<br />
Gemeinde anders als für Anbaustraßen<br />
und Wohnwege keine Beitragserhebungspflicht<br />
hat (§ 20 Abs. 2 KAG 2005),<br />
sondern ein Erhebungsermessen (§ 20<br />
Abs. 3 KAG 2005), hat sich durch die<br />
Änderung des § 23 KAG durch das Gesetz<br />
vom 4.5.2009 nichts geändert. Hier<br />
bleibt es nach wie vor dabei, dass der<br />
Gemeindeanteil mindestens 5 Prozent<br />
beträgt und die Gemeinde einen höheren<br />
Gemeindeanteil übernehmen kann,<br />
was eine Abwägungsentscheidung bezüglich<br />
des Gemeindeanteils erfordert,<br />
in der die Vorteilslage für die Anlieger<br />
aus der Inanspruchnahmemöglichkeit<br />
der Anlage und die Vorteilslage für die<br />
Allgemeinheit gegenüberzustellen und<br />
abzuwägen sind.<br />
34 <strong>Gemeindetag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Foto: irisblende.de