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AUTOStraßenverkehr Heft 05-2013

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man besitzt“, sagt Karin Buhl.<br />

„Wir waren völlig schockiert,<br />

dass wir so viel nur für den<br />

schönen Garten bezahlen sollen.“<br />

Als Irrtum habe sich auch<br />

herausgestellt, dass Erschließungskosten<br />

lediglich dann<br />

fällig würden, wenn es sich um<br />

neue Straßen handelt.<br />

Insgesamt sind ein Dutzend<br />

Aldinger Hausbesitzer von der<br />

städtischen Verschönerungsmaßnahme<br />

der Kelterstraße<br />

betrof-<br />

fen. „Nach einer Nachbarin, die<br />

sogar 35 000 Euro zahlen soll,<br />

wird unsere Familie am zweitstärksten<br />

zur Kasse gebeten“,<br />

sagt Buhl. Mittlerweile sind die<br />

Rechnungen verschickt, denn<br />

die Baumaßnahme ist beendet.<br />

Buhl hat sich wie andere Anwohner<br />

auch entschlossen,<br />

Einspruch gegen die Kostenbescheide<br />

einzulegen. Am Erfolg<br />

dieser Maßnahme hat sie jedoch<br />

Zweifel: „Die Bürger sind<br />

inzwischen leider<br />

der Will- Will-<br />

kür der Städte ausgeliefert“,<br />

meint die Aldingerin fast schon<br />

resigniert. Sie versteht die Welt<br />

nicht mehr und kann nicht fassen,<br />

dass so etwas rechtens<br />

sein soll.<br />

Was die Frau aus Baden-<br />

Württemberg erlebt, ist keine<br />

Ausnahme, sondern die Regel<br />

in Deutschland, wie Erik Uwe<br />

Amaya von Haus & Grund<br />

Rheinland weiß. „Das ist bundesweit<br />

übliche Praxis“, sagt<br />

der Verbandsdirektor. Die Verfahrensweisen<br />

seien im Baugesetzbuch<br />

und in den jeweiligen<br />

Landesgesetzen oder Kommunalsatzungen<br />

geregelt. „Das<br />

ist die Ermächtigung, um<br />

die Anlieger zur Kasse<br />

zu bitten“, so Amaya.<br />

Der Kreativität der<br />

Kommunen seien<br />

keine Grenzen<br />

gesetzt, wenn<br />

es darum gehe,<br />

Baukosten<br />

auf die Bürgerabzuwälzen.<br />

Da fragt sich<br />

mancher betroffene<br />

Hausbesitzer:<br />

Und wofür<br />

bezahle ich<br />

Grundbesitzsteuer?<br />

„Das ist eine<br />

so genannte Substanzsteuer,<br />

die lediglich<br />

auf das Eigentum<br />

ausgerichtet ist“, erklärt<br />

der Mann von Haus & Grund.<br />

Dass davon die Straßen der<br />

Anlieger in Schuss gehalten<br />

werden, sei zwar gerecht, ist<br />

aber nicht vorgesehen.<br />

Was auch immer gebaut oder<br />

erneuert wird, um eine Straße<br />

oder ein Haus zu versorgen,<br />

fällt unter Erschließungskosten<br />

– Leitungen für Abwasser,<br />

Strom, Gas, Fernwärme und<br />

Frischwasser ebenso wie Straßenlaternen,<br />

Fahrbahndecken<br />

oder Parkplätze. Vor allem in<br />

Nordrhein-Westfalen gehen die<br />

Hauseigentümer vermehrt auf<br />

die Barrikaden. Sie wollen<br />

nicht mehr hinnehmen, die<br />

Kosten für Straßensanierungen<br />

von den Kommunen aufs Auge<br />

gedrückt zu bekommen. Widerstand<br />

regt sich auch in<br />

Opladen: Dort fürchten Hausbesitzer<br />

in der Peterstraße um<br />

ihre Ersparnisse – insgesamt<br />

rund 630 000 Euro will die<br />

Stadt Leverkusen ihnen abknöpfen.<br />

Je nach Grundstücksgröße<br />

kommen auf die 64 Eigentümer<br />

zwischen 8000 und<br />

50 000 Euro zu.<br />

„Das bedeutet für einige von<br />

uns den finanziellen Ruin“,<br />

sagt Hausbesitzer Bruno Savigny,<br />

der seit 30 Jahren in der<br />

kaum befahrenen Sackgasse<br />

lebt. „Einige müssen vielleicht<br />

sogar ihre Häuser verkaufen,<br />

weil sie das Geld nicht haben“,<br />

so der 70-Jährige. „Die meisten<br />

Städte sind pleite und können<br />

die Bauarbeiten nicht mehr<br />

anders bezahlen“, sagt Erik<br />

Uwe Amaya. Die nordrheinwestfälischen<br />

Gemeinden stützen<br />

sich dabei auf das regio-<br />

nale Kommunalabgabengesetz,<br />

das besagt, dass sich alle Eigentümer<br />

an der Runderneuerung<br />

einer Straße, die an ihr<br />

Grundstück grenzt, beteiligen<br />

müssen. Wird dagegen auf einer<br />

Straße nur der Belag erneuert,<br />

trägt allein die Stadt die<br />

Kosten.<br />

Ein Beschluss des nordrheinwestfälischenOberverwaltungsgerichts<br />

besagt sogar,<br />

dass die Gemeinden selbst die<br />

Sanierungskosten für 40 bis<br />

50 Jahre alte Straßen auf die<br />

Anwohner umlegen können.<br />

Gibt es eine Chance, sich dagegen<br />

zu wehren – notfalls vor<br />

Gericht? „In der Sache grundsätzlich<br />

nicht, aber möglicherweise<br />

gegen die Höhe der Kosten“,<br />

sagt Amaya. Er rät den<br />

Betroffenen, sich von der Stadt<br />

ganz genau bis ins letzte Detail<br />

auflisten zu lassen, wofür ihr<br />

Geld genutzt werden soll, und<br />

sich gegebenenfalls einen Anwalt<br />

zu nehmen. „So kann im<br />

Einzelfall viel Geld gespart werden,<br />

weil sich die Kommunen<br />

zuweilen kräftig verrechnen“,<br />

sagt er.<br />

So fiel auch der Erschließungsbeitrag<br />

für einen Hausbesitzer<br />

aus Neukirchen-<br />

Vluyn, der genauer hingeschaut<br />

hatte, um stolze 7000<br />

Euro geringer aus: Die Stadt<br />

hatte ihn irrtümlich an den<br />

Baukosten für einen Kreisverkehr<br />

beteiligen wollen, der<br />

gar nicht in seiner Straße geplant<br />

war.<br />

Brigitte Haschek<br />

630 000 EURO: Die Kanalsanierung in der Opladener Peterstraße kommt die 64 Anwohner – darunter auch Bruno Savigny – teuer zu stehen<br />

Fotos: Dino Eisele, Uwe Miserius (2)<br />

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