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Sinne des Interviewers „richtig“ versteht bzw. verstehen will und wie zuverlässig er<br />

sie beantwortet. Systematisch können Verzerrungen, die auf sogenannte<br />

Interviewereffekte zurückgehen, von solchen unterschieden werden, die auf –<br />

bewusst o<strong>der</strong> unbewusst – fehlerhafte Angaben <strong>der</strong> Interviewten zurückzuführen<br />

sind. Das Problem möglicher Interviewereffekte, also die Beeinflussung des<br />

Antwortverhaltens durch beson<strong>der</strong>e Merkmale o<strong>der</strong> Verhaltensweisen des<br />

Interviewers wie etwa sein Aussehen, sein Auftreten, seine Herkunft, seine „verbalen<br />

Konditionierungen“ usw. wird in <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung bereits seit<br />

Jahrzehnten erforscht und diskutiert. Eine an<strong>der</strong>e Frage lautet, ob und inwieweit <strong>der</strong><br />

Befragte als mögliche „Fehlerquelle“ betrachtet werden muss, inwieweit er bewusst<br />

o<strong>der</strong> unbewusst Falschangaben macht. Die Zuverlässigkeit <strong>der</strong> Angaben eines<br />

Interviewten zu überprüfen, ist insofern in <strong>der</strong> Regel schwierig, als das Kriterium<br />

„wahre Antwort“ selbst nur ungenügend reliabel ist, insbeson<strong>der</strong>e im Einstellungsund<br />

Meinungsbereich. Aber auch dort, wo sich prinzipiell das Verhältnis von<br />

verbaler Darstellung und tatsächlichem Verhalten prüfen ließe, scheitert eine solche<br />

Überprüfung in <strong>der</strong> Regel an den Forschungsbedingungen o<strong>der</strong> an dem nötigen<br />

Respekt vor dem Interviewten.<br />

Für Experteninterviews gelten diese Einschränkungen in beson<strong>der</strong>er Weise.<br />

Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass sie auf verschiedene Weise<br />

„scheitern“ können (vgl dazu insgesamt MEUSER/ NAGEL 1991, S 449-451). Dies ist<br />

etwa dann <strong>der</strong> Fall, wenn <strong>der</strong> Experte das Interview blockiert; dies ist zwar <strong>bei</strong> einer<br />

freiwilligen Teilnahme nach vorangehen<strong>der</strong> Information über die Themen des<br />

Interviews nicht sehr wahrscheinlich, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.<br />

Scheitern kann das Interview auch dann, wenn <strong>der</strong> Experte das Gespräch mit einem<br />

Außenstehenden nutzt, um einmal „richtig auszupacken“. In wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Fällen<br />

kann es vorkommen, dass <strong>der</strong> Experte ständig die Rollen zwischen Experte und<br />

Privatmensch wechselt o<strong>der</strong> dem Forscher (dem wirklichkeitsfremden „Theoretiker“)<br />

einen Fachvortrag über das „wirkliche“ Ar<strong>bei</strong>tsleben hält. Weniger eindeutig sind<br />

solche Fälle, in denen <strong>der</strong> Interviewte den Forscher in die Rolle des Ko-Experten<br />

drängt und mit ihm einen „Diskurs“ führen möchte. Dies kann durchaus nützlich<br />

sein, z.B. wenn <strong>der</strong> Forscher aufgrund seiner Sachkenntnis gezielt nachfragen o<strong>der</strong><br />

die Einschätzungen des Experten problematisieren kann, so dass auf diese Weise<br />

eine vertiefte, auch dem Experten bislang unbekannte Problemsicht erreicht wird. Es<br />

birgt aber auch die Gefahr, dass das Interview in eine Prüfungssituation abgleitet.<br />

Hier zu verhin<strong>der</strong>n, dass ein Hinterfragen von Problemlösungen, Wissens- und<br />

Handlungsstrukturen, ein Einbringen alternativer Handlungsoptionen als<br />

„Beurteilung“ <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t des Experten missverstanden wird, dürfte nicht immer<br />

leicht sein. Gerade <strong>bei</strong> Experteninterviews sind Antworten im Sinne <strong>der</strong> sozialen<br />

Erwünschtheit dann zu erwarten, wenn <strong>der</strong> Befragte sich <strong>der</strong> auftraggebenden o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> forschenden Institution unterlegen o<strong>der</strong> sich von ihr gar bedroht fühlt.<br />

Ertragreich verspricht ein Experteninterview dann zu werden, wenn es gelingt, den<br />

Experten für das Forschungsprojekt zu gewinnen und wenn <strong>der</strong> Interviewte bereit ist,<br />

seine Sicht <strong>der</strong> Dinge zu entfalten und in einen Gedankenaustausch einzutreten.<br />

Daher sollen hier einige Strategien und Verhaltensregeln für die Interviewführung<br />

benannt werden, die ertragreiches Interviewmaterial sichern helfen sollen. Zunächst<br />

ist eine „neutrale“ Gesprächsführung anzustreben, die gleich zu Beginn einen<br />

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