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Wissen als<br />

Fähigkeit zu<br />

sozialem<br />

Handeln<br />

Wissen als<br />

„sozialer“ und<br />

„flüchtiger“<br />

Begriff<br />

Heutiger<br />

Diskussionskontext<br />

in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit<br />

Diese Ar<strong>bei</strong>t geriet Anfang <strong>der</strong> 70er zunächst unter heftige, zur Zeit <strong>der</strong><br />

antagonistischen Systemkonkurrenz auch ideologisch motivierte Kritik, dann bald in<br />

Vergessenheit und wurde erst in den 90er Jahren von Nico Stehr wie<strong>der</strong><br />

aufgenommen. Während <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Wissensgesellschaft <strong>bei</strong> Bell noch als –<br />

seltener benutztes - Synonym für „postindustrielle Gesellschaft“ erscheint, verwendet<br />

Stehr den Begriff in seiner Studie „Ar<strong>bei</strong>t, Eigentum und Wissen“ sehr konsequent.<br />

Stehr begreift Wissen als Handlungsressource, als Fähigkeit zu sozialem Handeln<br />

(STEHR 1994, S. 242) und fasst darunter – an<strong>der</strong>s als Bell - sowohl Wissenschaftsals<br />

auch Alltagswissen. Wissen ist bereits heute – wie Ar<strong>bei</strong>t und Eigentum – eine<br />

zentrale Ressource gesellschaftlicher Entwicklung. Stehr sieht nicht mehr die<br />

Wissenschaftler, son<strong>der</strong>n die „Experten“, Berater und Ratgeber in <strong>der</strong> prominenten<br />

Rolle. Diese Experten, die sich in allen gesellschaftlichen Bereichen, keinesfalls nur<br />

in <strong>der</strong> Wissenschaft, finden, verfügen über ein zwar immer mehr nachgefragtes, aber<br />

keineswegs unumstrittenes Wissen. Sie sind die eigentlichen Wissensar<strong>bei</strong>ter, die<br />

Expertenwissen an Laien weitergeben; sie organisieren Wissen, vermitteln es<br />

zwischen Produzenten und Anwen<strong>der</strong>n und lösen, wenn es gut geht, auf diese Weise<br />

gesellschaftliche, organisationale und individuelle Probleme. Mit <strong>der</strong> Übermittlung<br />

verän<strong>der</strong>n sie jedoch das Wissen und produzieren zugleich neues Wissen. Wissen<br />

erscheit als kontingent, als „zufällig“, als abhängig von den sozialen Bedingungen,<br />

unter denen es genutzt wird, ebenso kontingent wie die sozialen Beziehungen, die<br />

auf Wissen gegründet sind. Im Unterschied zu Bell geht Stehr nicht davon aus, dass<br />

das wissenschaftliche Wissen zugleich Macht begründe. Stehrs Wissensbegriff ist<br />

also wesentlich „sozialer“ und „flüchtiger“ als <strong>der</strong> von Bell. Er verweist in einer<br />

neueren Veröffentlichung ausdrücklich darauf, dass Wissen die Unsicherheit in <strong>der</strong><br />

Planung und Steuerung individueller, organisationaler und gesellschaftlicher<br />

Handlungsstrategien nicht nur reduzieren, son<strong>der</strong>n auch erhöhen könne (STEHR<br />

2000). Insgesamt ist die Diagnose von Stehr weniger zukunftsoptimistisch, weniger<br />

auf die Segnungen <strong>der</strong> Wissenschaft und die Steuerbarkeit gesellschaftlicher<br />

Entwicklungen fixiert, als das noch für Daniel Bell charakteristisch war.<br />

Von diesem noch weitgehend (sozial-) wissenschaftsinternen und hier nur kurz<br />

angeschnittenen Konzepten muss ein Diskussionskontext unterschieden werden, <strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Politik, in <strong>der</strong> Wirtschaft und in <strong>der</strong> Öffentlichkeit dominiert. Beispielhaft<br />

kann man auf die Ruck-Rede des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog aus<br />

dem Jahr 1997 verweisen, in <strong>der</strong> Bildung als die wichtigste Ressource für die<br />

Wissensgesellschaft des nächsten Jahrtausends beschreibt, in <strong>der</strong> das, was in den<br />

sozialwissenschaftlichen Untersuchungen noch mehr o<strong>der</strong> weniger zurückhaltend<br />

prognostiziert wird, bereits als Realität genommen und mit unterschiedlich<br />

begründeten Appellen verknüpft wird, vor allem mit Appellen an die lebenslange<br />

Lernbereitschaft <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften. An diesen politischen<br />

Diskurs schließt <strong>der</strong> ökonomische an, in dem selbstverantwortliche<br />

Ar<strong>bei</strong>tskraftunternehmer als angemessene Antwort auf die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

sich globalisierenden, auf schnelle und permanente Innovation angewiesenen<br />

Wissensgesellschaft dargestellt wird, als Grundbaustein einer lernenden<br />

Organisation. Während Stehr also noch auf die Relativität von Wissen, seine soziale<br />

Eingebundenheit, seinen Konstruktionscharakter herausstellte, behandelt die<br />

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