Teil II - Jürgen Ritsert
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„Gegenüberliegen“ oder „Gegenüberstehen“, so wie eben das Objekt, der<br />
Gegenstand, dem Subjekt entgegen steht.<br />
Aber wie kommen Subjekt und Objekt zusammen? Hier stoßen wir sofort auf<br />
eine, wenn nicht die Kernbedeutung des Begriffs der „Objektivität“, auf seinen<br />
engen Zusammenhang mit der Frage nach der Wahrheit oder Unwahrheit von<br />
Behauptungen. Schon alltagssprachlich bezeichnet das Attribut „objektiv“ ja<br />
nicht nur eine sachliche sowie auf Verständigung (Konsens) ausgerichtete<br />
Haltung der empirischen Subjekte, sondern bedeutet auch so viel wie: „trifft zu“,<br />
„ist wahr“, „ist die reine Wahrheit“. Das Adelsprädikat „objektiv“ verdienen<br />
Erkenntnisleistungen der Subjekte oder des Subjekts in diesem Falle dann, wenn<br />
sie ihrem Wahrheitsanspruch genügen. Doch selbst wenn das alles wäre, was es<br />
mit dem Begriff der „Objektivität“ auf sich hat, stünde man sofort wieder vor<br />
einem Mount Everest an Schwierigkeiten. Nämlich vor dem Berg<br />
unüberwundener Probleme, die mit Wahrheitstheorien, Wahrheitskriterien und<br />
(vielleicht) die Wahrheit sichernden Methoden verbunden sind. Deswegen kann<br />
man sich auch nicht als Sprachspieltheoretiker und Kritiker des klassischen<br />
Subjekt-Objektschemas einbilden, man sei mit der „linguistischen Wende“ von<br />
„dem Subjekt“ auf „die Sprache“ das Objektivitätsproblem losgeworden. Macht<br />
man einen Unterschied zwischen Diskurs und Diskursgegenstand, Signifikat und<br />
Signifikand, dann ist natürlich die Wahrheitsproblematik sofort wieder da. Wie<br />
kommen und passen die beiden Pole zusammen? Und wenn kühn behauptet<br />
wird, „objektiv“ sei, was von irgendjemandem – ja von wem? – als Objektivität<br />
„konstruiert“ wird, darf man wohl diskret nachfragen: Wer konstruiert da<br />
eigentlich was und mit welcher Berechtigung verlangt er, dass man die von ihm<br />
angebotene Konstruktion als „objektiv“ und nicht als „realitätsfernes<br />
Phantasiegebilde“ akzeptieren soll? Man kann also getrost bei dem klassischen<br />
Subjekt-Objekt-Schema bleiben, um die Problemzonen abzustecken, die auch<br />
andere „Paradigmata“ mit dem Objektivitätspostulat haben.<br />
Nicht selten wird der Wissenschaftsbetrieb mit seinen wohlgesitteten<br />
Mitgliedern als die entscheidende Produktionsstätte von Objektivität ausgelobt.<br />
Nietzsche betrachtet die Lage allerdings mit der gebotenen Ironie:<br />
„Der Intellekt ist bei den allermeisten eine schwerfällige, finstere und<br />
knarrende Maschine, welche übel in Gang zu bringen ist; sie nennen es<br />
>>die Sache ernst nehmenernstwo Lachen und<br />
Fröhlichkeit ist, da taugt das Denken nichts>fröhliche Wissenschaft