Teil II - Jürgen Ritsert
Teil II - Jürgen Ritsert
Teil II - Jürgen Ritsert
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bestätigung der Vermutung Fermats gekommen. Science is Measurement,<br />
Wissenschaft setzt exakte Messungen voraus. Bestimmt! Aber – wie das<br />
Beispiel der modernen Wirtschaftswissenschaften oder die sog.<br />
„Fliegenbeinzählerei“ mancher empirischer Sozialforscher lehrt – liefern selbst<br />
hochgradige Formalisierungen und Mathematisierungen keine absoluten<br />
Garantien für objektives Wissen. Modellschreinerei und Modellschusterei in den<br />
Wirtschaftswissenschaften gilt inzwischen sogar als ein abschreckendes<br />
Beispiel.<br />
Objektivität und Subjektivität in der Problemzone 4 (Wahrheit).<br />
In dieser Zone verschieben sich die Akzente von der Subjektseite auf die<br />
Objektseite. Damit verschieben sie sich also zu der Kernvorstellung aller<br />
einschlägigen Objektivitätsvorstellungen. Denn die Behauptung: „Diese<br />
Aussage ist wahr“ wird in vielen Fällen als gleichbedeutend mit Behauptungen<br />
wie: „Diese Aussage ist objektiv“ gelesen. Wenn eine Behauptung im<br />
wahrheitstheoretischen Sinne „objektiv“ ist, dann trifft sie zu, ist sie richtig,<br />
erfasst sie die Tatsachen etc. Doch gerade mit dieser Kernbedeutung von<br />
„Objektivität“ gerät man unversehens in ein Minenfeld. Es handelt sich um die<br />
Sprengsätze, womit die uralte Tradition der Kontroversen über die<br />
Eigenschaften „der Wahrheit“ und die Verfügbarkeit von Wahrheitskriterien<br />
durchsetzt ist. Obendrein verläuft man sich auch in der breiten Konfliktzone<br />
zwischen Wahrheitsanspruch, Relativismus und Skeptizismus. Es ist<br />
ausgeschlossen, hier auch nur die Umrisse der vielfältigen Vorschläge<br />
nachzuzeichnen, die genauere Angaben darüber versprechen, worin die<br />
Wahrheit von Gedanken und/oder Aussagen besteht und anhand welcher<br />
Anhaltspunkte man über Wahrheit und Irrtum befinden könne. Es gibt natürlich<br />
zahlreiche Bücher, die – ihrerseits immer von einem bestimmten<br />
wahrheitstheoretischen Standpunkt ausgehend – auf eingängigere Weise etwas<br />
über die üblichen Konfliktlinien sagen. 7 Doch eines lässt sich ziemlich klar<br />
behaupten: alle drei einschlägig bekannten Wahrheitstheorien können in direkter<br />
Verbindung mit dem Objektivitätsbegriff, bei dessen Erläuterung nicht selten<br />
gleichzeitig auftauchen:<br />
(a) Die Korrespondenztheorie der Wahrheit. Sie stellt zweifellos die<br />
historisch dominierende Lehre dar. Das Problem der Referenz, also die<br />
Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen, sich durch Denken und<br />
Sprache auf materielle Gegenstände und/oder linguistische Themen<br />
beziehen zu können, werden in einem Kernsatz zusammengefasst:<br />
behauptete, er habe einen Beweis gefunden, dass es überhaupt keine Lösung für diese Aufgabe geben kann, ohne<br />
jedoch diesen Beweis vorzuführen.<br />
7<br />
Ich nenne als ein schönes Beispiel dafür nur das Buch von S. Blackburn: Wahrheit. Ein Wegweiser für<br />
Skeptiker, Darmstadt 2005. Auf dieses Buch greife ich vor allem zurück, um einige Hinweise auf Motive in der<br />
Wahrheitsdebatte zu geben.<br />
9