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Teil II - Jürgen Ritsert

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„Die aus feministischer Sicht entscheidenden ideologischen Komponenten<br />

sind dort zu finden, wo Objektivität mit Autonomie und Maskulinität, und<br />

dementsprechend das Ziel von Wissenschaft mit Macht und Herrschaft in<br />

Zusammenhang gebracht wird.“ 145<br />

Die gute alte Anschlussfrage taucht auch wieder einmal auf: Wovon hat dann<br />

ein Denken auszugehen habe, das weder monistisch noch „rechthaberisch<br />

realistisch“, relativistisch etc. angelegt ist und schon gar nicht – was einen<br />

durchgängigen Anspruch vieler Vertreterinnen gerade der feministischen<br />

Wissenschaftstheorie darstellt – bei dichotomisierten und starr dualistischen<br />

Perspektiven stehen bleiben will? Wovon kann ein solches Denken ausgehen,<br />

wenn es sich nicht in die Beliebigkeiten des Postmodernismus verlieren will,<br />

sondern sich Ideologiekritik zutraut? Nochmals: „Ideologie“ im Allgemeinen<br />

durchzieht jedes Denken, das im Interesse von Macht, Herrschaft und<br />

angeblichen Sachzwängen operiert. Die feministische Kritik zielt auf diese<br />

Implikationen der verschiedenen patriarchalischen Ideologien. Dabei stellt es für<br />

mich keinen Zufall dar, dass verschiedene feministische<br />

Wissenschaftstheoretikerinnen diese Frage ausdrücklich im Rückgriff auf<br />

Prinzipien bearbeiten wollen, die zur „dritten Stellung des Gedankens zur<br />

Objektivität“ gehören.<br />

Sandra Harding: Es „gibt … in jenen Forschungsbereichen, welche von Anfang<br />

an den der Physik zugeschriebenen Grad von Objektivität angestrebt haben,<br />

androzentrische Verzerrungen, die nicht nur ganz konkret den begrenzten<br />

Zugang von Männern zur Welt der Frauen oder die Unsichtbarkeit<br />

gesellschaftlicher Analysen dieser Welt betreffen. Sie tauchen auch in äußerst<br />

abstrakten und von daher ganz unschuldig aussehenden Komponenten dieser<br />

Wissenschaften auf: in Konstitutionsmodellen gesellschaftlicher Ordnung und<br />

charakteristischer kultureller Tätigkeiten; in Annahmen über das<br />

Entsprechungsverhältnis zwischen gesellschaftlichen Akteuren und den ihnen<br />

zugewiesenen Rollen; in der bis dato unbemerkt gebliebenen und verdächtigen<br />

Übereinstimmung zwischen den Kategorien der Sozialwissenschaft und denen<br />

der Führungspersönlichkeiten des Industriekapitalismus; und schließlich sogar<br />

in Annahmen über die Bedeutung von gattungsinternen<br />

Geschlechtsunterschieden und gattungsüberschreitenden Ähnlichkeiten<br />

zwischen den Geschlechtern.“ 146 Zwei Beispiele dafür sehen so aus:<br />

Evelyn Fox Keller: „Gerade diese Ideologie (die szientistischer und zugleich<br />

patriarchalischer Objektivitätsvorstellungen – J.R.) behauptet einen Gegensatz<br />

zwischen (männlicher) Objektivität und (weiblicher) Subjektivität und verneint<br />

die Möglichkeit einer Vermittlung zwischen beiden. Deshalb besteht der erste<br />

145 E. Fox Keller: Feminismus und Wissenschaft, a.a.O.; S. 287.<br />

146 S. Harding: Feministische Wissenschaftstheorie, a.a.O.; S. 111.<br />

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