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Teil II - Jürgen Ritsert

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auf Gruppen in der Gesellschaft, die ihre Interessen nicht so eindeutig<br />

artikulieren, geschweige denn durchsetzen können.<br />

„Eben diese Lagen sind in der Hinsicht politisch randständig, dass<br />

diejenigen Leute, welche sich in diesen Interessenlagen befinden, selten<br />

gehört werden … Daher hat der Sozialwissenschaftler aus<br />

erkenntnistheoretischen Gründen ein Interesse daran, die Diskussion über<br />

moralische und politische Themen in seiner eigenen Gesellschaft zu<br />

vertiefen und dabei sicher zu stellen, dass diejenigen in der Gesellschaft,<br />

welche Gründe dafür haben mögen, sich gegenüber den vorherrschenden<br />

Hypothesen kritisch zu verhalten, die Gelegenheit finden, ihre alternativen<br />

Begriffsschemata und die ´Tatsachen` zu präsentieren, die von diesen<br />

herausgehoben werden.“ 129<br />

Auf welche Werte stützt sich dieses Interesse? Eine Art Maßstabsproblem einer<br />

kritischen Theorie. Überlegungen wie die referierten weisen noch nicht die<br />

ganze ideologiekritische Schärfe auf, welche für spätere Arbeiten aus der<br />

Frauenbewegung, nicht zuletzt auch für die Arbeiten von Sandra Harding<br />

charakteristisch sind. Ihre Schrift zur „Feministische(n) Wissenschaftstheorie“<br />

sowie ein Aufsatz von Mary E. Hawkesworth sind vorzüglich geeignet,<br />

wesentliche Stellungen des Gedankens zur Objektivität sowie Argumente<br />

zusammenzufassen, welche gegen die eine oder die andere daran anschließender<br />

Varianten aufgeboten werden. 130<br />

Das Kernproblem einer feministischen Wissenschaftstheorie fasst Evelyn Fox<br />

Keller in Form einer Frage zusammen:<br />

„Besteht ein Konflikt zwischen unserem Bekenntnis zum Feminismus und<br />

unseren Verpflichtungen als Wissenschaftlerinnen.“ 131<br />

Diese Frage berührt natürlich unmittelbar das Problem der „Objektivität“ von<br />

Aussagen und Aussagensystemen – und das heißt: nicht zuletzt der jeweils<br />

eigenen! So stellt eine Variante der feministischen Wissenschaftskritik an der<br />

Biologie nach Sandra Harding oftmals „das gesamte methodologische Ethos von<br />

Objektivität, Wertfreiheit, leidenschaftsloser Forschung usw. in Frage, behauptet<br />

aber zugleich, objektive, wertfreie und leidenschaftslose Tatsachen über Natur<br />

und Gesellschaft vorzubringen.“ 132 Es gibt also auch im feministischen Diskurs<br />

ein Wissenschaftsverständnis, das mit Annahmen wie der (a) arbeitet, es gäbe<br />

129 Ebd.<br />

130 Vgl. S. Harding: Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem<br />

Geschlecht, Hamburg 1990 und Mary E. Hawkesworth: From Objectivity to Objectification: Feminist<br />

Objections, in: A. Megill: Rethinking Objectivity, Durham and London 1994, S. 151 ff. Vgl. Auch E. Fox<br />

Keller. Feminismus und Wissenschaft, in: E. List und H. Studer (Hrsg.): Denkverhältnisse. Feminismus und<br />

Kritik, Frankfurt/M 1989, S. 281 ff.<br />

131 E. Fox Keller: Feminismus und Wissenschaft, a.a.O.; S. 281.<br />

132 S. Harding: Feministische Wissenschaftstheorie, a.a.O.; S. 107 f.<br />

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