Anduin 77
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außerdem ist der<br />
Besitz von GURPS<br />
Biotech hilfreich.<br />
Versierte Spielleiter,<br />
die mehr Wert auf<br />
Handlung als auf<br />
Regeln legen, sollten<br />
jedoch auch mit<br />
den kostenlosen<br />
GURPS-Lite Regeln<br />
auskommen (www.pegasus.de/gurps/). Doch<br />
wenden wir uns nun dem Band selbst zu.<br />
Auffallend ist auf den ersten Blick die<br />
anspruchsvolle grafische Aufmachung, die<br />
phantastischen Bilder im Inneren und allen voran<br />
das grandiose Cover. Hierfür ist Christopher<br />
Shy verantwortlich, dessen düstere, morbide<br />
Bilder stellenweise an H.R.Giger erinnern und<br />
die Hintergrundstimmung hervorragend zu<br />
vermitteln wissen.<br />
Der Band selbst ist GURPS-üblich sehr<br />
übersichtlich gegliedert und bietet am Ende<br />
einen sehr nützlichen und umfangreichen Index,<br />
sowie eine Bibliographie mit weiterführender<br />
Literatur. Nach einer kurzen Einführung erfährt<br />
man in Kapitel 1 anhand einer umfangreichen<br />
Zeitleiste, was in den nächsten 100 Jahren alles<br />
geschehen wird und erfährt auch etwas über die<br />
grundlegenden Themen der Hintergrundwelt.<br />
Kapitel 2 geht genauer auf unser Sonnensystem<br />
und seine Planeten ein und behandelt auch<br />
Dinge wie Mikrogravitation, Schwerelosigkeit<br />
und ihre Wirkungen auf den menschlichen<br />
Körper. Kapitel 3 bietet auf fast 50 Seiten eine<br />
umfangreiche und detaillierte Enzyklopädie<br />
zum Hintergrund von Transhuman Space. Hier<br />
stehen in leicht nachschlagbarer Form die<br />
wichtigsten Informationen über die vorhandenen<br />
Technologien, die Möglichkeiten der<br />
Energiegewinnung, die Nationen des Jahres 2100,<br />
die Nano- und Biotechnologie, die künstlichen<br />
Intelligenzen, das Militär, das Verbrechen und<br />
noch vieles mehr. Kapitel 4 enthält alles was<br />
man für die Charaktererstellung benötigt und<br />
bietet dem Spieler ein großes Spektrum an<br />
möglichen Rollen: normale Menschen, Homo<br />
Superior (Gentechnik), künstliche Intelligenzen,<br />
Infomorphs, Biodroids, „getunete“ Tiere mit<br />
einem IQ über 120, Cybershells und dergleichen<br />
mehr. Außerdem findet man hier auch neue Vor-<br />
und Nachteile, sowie Fertigkeiten und alles was<br />
Helden der Zukunft sonst noch alles gebrauchen<br />
können. Das fünfte und letzte Kapitel geht noch<br />
genauer auf die Technologie der Zukunft ein und<br />
bietet auch deren GURPS-Werte. Neben den<br />
obligatorischen Waffen- und Ausrüstungslisten<br />
finden sich hier auch so witzige Dinge wie<br />
Rezensionen<br />
„Top Six Fun Foods as of 1.1.2100“ – teilweise<br />
gewohnte Rollenspielkost, aber auch sehr<br />
originelle Einfälle, besonders im Biotech- und<br />
Nanotechnologiebereich. In den 30 Seiten<br />
Anhang findet man Regeln zum Schiffsdesign,<br />
eine Liste vorgefertigter Schiffskonzepte und<br />
Regeln zum Raumkampf. Zuletzt sei noch<br />
das Glossar erwähnt, das Fachausdrücke,<br />
Slangbegriffe und Abkürzungen der Zukunft<br />
erklärt.<br />
Die Hintergrundwelt von Transhuman Space zu<br />
beschreiben ist aufgrund ihres Facettenreichtums<br />
eine aussichtslose Aufgabe, weswegen ich mich<br />
auf die wichtigsten Konzepte beschränken<br />
will. Entgegen anderer SF-Rollenspiele wie<br />
SpaceGothic, Blue Planet oder Shadowrun wird<br />
die Geschichte in THS einigermaßen realistisch<br />
fortgeschrieben. Es gibt keine gewaltigen<br />
Kataklysmen wie beispielsweise Seuchen und<br />
Atomkriege, die alles radikal verändern – und<br />
doch ist die Welt von 2100 eine andere als die<br />
unsrige. Dafür verantwortlich ist die vierte und<br />
fünfte „Welle“ – Kulturrevolutionen, die ihren<br />
Ursprung in der Erfindung und Anwendung<br />
neuer Schlüsseltechnologien haben. Derzeit<br />
befinden wir uns mitten in der vierte Welle, dem<br />
Aufblühen der Gentechnik und dem Eingriff in<br />
das menschliche Genom. Von der fünften Welle<br />
sind wir noch einige Jahrzehnte entfernt: Die<br />
Existenz künstlicher Intelligenzen und der Einzug<br />
der Nanotechnologie in unser Alltagsleben (aber<br />
immerhin gibt es schon jetzt erste Schritte<br />
in diese Richtung: Materialoberflächen mit<br />
einer Nanostruktur, die beinahe „magische“<br />
Eigenschaften aufweisen).<br />
Diese Technologien führen zu signifikanten<br />
gesellschaftlichen Umwälzungen und zur<br />
Bildung ganz neuer Lebensformen, seien sie nun<br />
biologischen oder elektronischen Ursprungs. In<br />
den reichen Ländern des Jahres 2100 werden<br />
kaum mehr „normale“ Kinder geboren. Es<br />
gehört vielmehr zur Pflicht verantwortungsvoller<br />
Eltern, zumindest einen standardisierten Genfix<br />
für ihr Kind zu kaufen, um ihm später bessere<br />
Chancen im Berufsleben zu ermöglichen. Die<br />
Menschen leben immer länger und gesünder<br />
und werden zunehmend intelligenter. Dies führt<br />
leider auch dazu, daß alte Generationen nicht<br />
einfach aussterben und somit Platz für neue<br />
Ideen und Konzepte machen.<br />
In einer Welt mit sprachbegabten Tieren,<br />
künstlichen Menschen, hochintelligenten<br />
Computersystemen in cybernetischen Körpern<br />
und nicht mehr ganz „menschlichen“ Menschen<br />
wird es zudem immer schwieriger, zu definieren,<br />
was einen Menschen als solchen ausmacht. Wo<br />
ist die Grenze zu ziehen? Ist die Produktion<br />
78<br />
intelligenter Arbeitsmaschinen und Sexsklaven<br />
ethisch vertretbar? Ist Xoxing – das Anlegen<br />
einer virtuelle Kopie eines menschlichen<br />
Geistes in einem Computer – strafbar? Das<br />
sind nur einige hochkomplexe Themen, die die<br />
Gesellschaft von 2100 beschäftigen und für die<br />
es keine einfachen Antworten gibt.<br />
Ein weiterer Aspekt von THS ist die Raumfahrt.<br />
Es gibt zwar keine Aliens und überlichtschnelle<br />
Raumschiffe, aber es leben immerhin bereits 2,5<br />
Millionen Menschen auf dem Mars. Auch Merkur,<br />
Venus, der Erdmond, der Asteroidengürtel und<br />
einige Monde der Gasriesen Jupiter und Saturn<br />
sind besiedelt. Die Gründe hierfür sind vielfältig.<br />
Zum einen wird 3He – ein energiereiches<br />
Helium-Isotop – abgebaut, das die Grundlage<br />
der Energieversorung der Zukunft bildet (und<br />
derzeit wirklich als Energieform der Zukunft<br />
gilt). Andererseits gibt es auch politische<br />
Flüchtlinge, die sich im Asteroidengürtel<br />
eine neue Existenz aufgebaut haben. Manche<br />
unorthodoxe Wissenschaftler wollen sich<br />
vielleicht nicht durch restriktive Erdgesetze in<br />
ihre Forschungsarbeiten hineinreden lassen ... die<br />
Gründe sind vielschichtig. Jenseits der Plutobahn<br />
und am Rande der Oortschen Wolke wurden<br />
mehrere mikroskopische Schwarze Löcher<br />
entdeckt, die zwar keine Gefahr darstellen, sich<br />
jedoch zur Energiegewinnung nutzen lassen.<br />
Unter der Eiskruste des Jupitermondes Europa<br />
wurde ein planetarer Ozean mit primitivem<br />
Leben entdeckt. Piraten machen die Passage des<br />
Asteroidengürtels mit wertvoller 3He-Fracht<br />
nicht gerade einfach.<br />
Doch das soll genügen. Es sind derzeit<br />
einige Bände angekündigt, die diverse Themen<br />
genauer behandeln. So ist ein Band über das<br />
innere Sonnensystem mit Schwerpunkt Mars<br />
in Arbeit, ein weiterer über die Ozeane der<br />
Zukunft auf der Erde und dem Mond Europa<br />
(soll etwas in Richtung Blue Planet gehen), ein<br />
Band über den Mond und den Erdorbit, ein Band<br />
über das äußere Sonnensystem weit jenseits des<br />
Asteroidengürtels sowie zwei Bände über die<br />
Erde selbst.<br />
Der Hintergrund ist faszinierend und weiß den<br />
Leser in seinen Bann zu ziehen. Doch THS ist<br />
Hard-SF und somit nicht gerade leicht zu leiten.<br />
Wer bei Hintergründen wie beispielsweise<br />
„Cyberpunk 2020“ schon ins Schwimmen<br />
kommt, sollte von THS lieber die Finger lassen.<br />
Zu umfangreich sind die Möglichkeiten, die die<br />
Mischung aus Nano- und Biotechnologie der<br />
Gruppe bietet. Diese Möglichkeiten alle adäquat<br />
in der Spielrunde zu berücksichtigen und die Welt<br />
umfassend den Spielern zu schildern ist beinahe<br />
unmöglich. Andererseits bleibt es jeder Gruppe