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Ausgabe 3/2007 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

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Herr Dr. Fischler, als Präsident des<br />

Ökosozialen Forums und ehemaliger<br />

EU-Agrarkommissar befassen Sie sich<br />

seit Jahren mit dem Klimawandel.<br />

Was halten Sie vom plötzlichen öffentlichen<br />

Interesse an diesem Thema?<br />

Eshatsichgeradeindenletztenmonaten<br />

enorm viel im Bereich Klima und Energie<br />

ereignet: angefangen von Wetterextremen<br />

und naturkatastrophen, die den<br />

Klimawandel für viele menschen spürbar<br />

machen, über die Berichte desWeltbankökonomen<br />

nicholas Stern und des<br />

UnO­Klimabeirats iPCC, die endlich<br />

auchwissenschaftlichuntermauern,dass<br />

der Treibhauseffekt menschengemacht<br />

ist und enorme wirtschaftliche Schäden<br />

verursachen wird und bereits hat;bis hin<br />

zur Entscheidung des Europäischen Rats<br />

vom 9.märz für 20 Prozent erneuerbare<br />

Energien bis 2020, die für mich ein starkes<br />

Signal dafür ist, dass auch die Politik<br />

den Handlungsbedarf erkannt hat.<br />

Die globale Erwärmung ist da, und das<br />

„öffentliche Bewusstsein“ wird gar keine<br />

Wahl haben, das auch anzuerkennen.<br />

Was sind die mittel- und langfristigen<br />

sozioökonomischen Folgen,<br />

die weltweit und in Österreich aufgrund<br />

des Klimawandels zu erwarten<br />

sind?<br />

ich möchte hier nur ein Beispiel herausgreifen:<br />

Stellen Sie sich nur vor,<br />

welche Folgen es für Forstwirtschaft,<br />

Säge­ und Papierindustrie hat, wenn es<br />

in Österreich eines Tages zu warm für<br />

die Fichte wird! Oder was machen wir<br />

ohne Schnee imWintertourismus? Der<br />

Klimawandel hat neben den beträchtlichen<br />

ökologischen Folgen ebenso<br />

„nähern uns den<br />

selbst gesteckten Zielen nicht“<br />

Dr. Franz Fischler, Präsident des Ökosozialen Forums,<br />

über die Klimapolitik der Regierung, die Grundzüge einer<br />

ökosozialen Steuerreform und das Revival der Atomkraft.<br />

Interview: Mag. Katharina Kröll<br />

massive Auswirkungen auf Wirtschaft<br />

und Gesellschaft. Stern schätzt, dass<br />

ein Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts<br />

ausreichen würde, um<br />

die Treibhausgaskonzentration auf ein<br />

verträgliches maß zu stabilisieren.<br />

machen wir weiter wie bisher, liegen<br />

die Schadensabschätzungen in der Höhe<br />

von fünf bis 20 Prozent. Die Relation<br />

zeigt vor allem,dass Geld,das in Klimaschutzmaßnahmen<br />

gesteckt wird, eine<br />

Zukunftsinvestition ist, die sich mehrfach<br />

rechnet.<br />

Ist der Klimawandel überhaupt noch<br />

aufzuhalten? Was muss getan werden,<br />

um die Katastrophe abzuwenden?<br />

Der springende Punkt ist unsere Energieversorgung.<br />

Klima und Energie sind<br />

zwei Seiten der gleichen medaille. Das<br />

Problem der Treibhausgasemissionen<br />

kann man nur durch eine integrierte<br />

Energie­ und Klimaschutzpolitik lösen<br />

– das gilt für Europa und Österreich<br />

genauso wie für die „Alltagspolitik“<br />

jedes Einzelnen. Das bedeutet zuallererst,<br />

den Energieverbrauch zu senken,<br />

also: effiziente Technologien einsetzen<br />

und Energie sparen.Die Energie,die wir<br />

dann noch brauchen, muss so weit wie<br />

möglich aus klimaverträglichen, erneuerbaren<br />

Quellen gedeckt werden.<br />

Was halten Sie von der Aufwertung<br />

der Atomkraft als Energieform?<br />

Kernenergie ist nicht erneuerbar und<br />

schadet der Umwelt – Uranabbau und<br />

Atommüll setzen Radioaktivität frei,das<br />

ist nicht in den Griff zu bekommen,ganz<br />

abgesehen von den technischen Risiken<br />

eines Reaktorunfalls. Und, nebenbei<br />

bemerkt, Kernenergie ist auch nicht<br />

effizient – zwei Drittel der Energie<br />

gehen alsAbwärme verloren.DieAtomkraft<br />

widerspricht also allen Prinzipien<br />

der nachhaltigkeit.<br />

Wie die Grünen fordern Sie eine ökosoziale<br />

Steuerreform. Welche Änderungen<br />

schlagen Sie vor?<br />

Diese Forderung ist eine der Grundbotschaften<br />

der Arbeit des Ökosozialen<br />

Forums, die von den Grünen aufgegriffen<br />

wurde. Die stärkere Besteuerung<br />

von Energie und im Gegenzug die Entlastung<br />

des Faktors Arbeit müssen zentrales<br />

Element einer aufkommensneutralen<br />

– also keine neuen Belastungen,<br />

sondern ein Verschieben der Steuerlast<br />

– ökosozialen Steuerreform sein.Ziel ist<br />

weniger Verbrauch und weniger fossile<br />

Energieträger.<br />

Wie stehen Sie zur Ökostromnovelle<br />

2006?<br />

LautRegierungsprogrammsollderAnteil<br />

der erneuerbaren Stromerzeugung bis<br />

2010 auf 80 Prozent, bis 2020 sogar auf<br />

85 Prozent gehoben werden. in der PraxiswerdendieseZielsetzungenallerdings<br />

konterkariert:Die Grünstromförderung<br />

wird massiv eingeschränkt, und fossile<br />

Kraftwerkewerdenstarksubventioniert.<br />

Tatsächlich sinkt der Ökostromanteil in<br />

Österreich kontinuierlich, momentan<br />

liegen wir bereits unter 60 Prozent.Wir<br />

nähern uns den selbst gesteckten Zielen<br />

nicht,sondernentfernenunsimmerweiter.Eine<br />

Reparatur des Gesetzes ist dringend<br />

notwendig – hin zu langfristigen,<br />

stabilen Rahmenbedingungen, die investoren<br />

und Planern Sicherheit bieten.<br />

16 GÖD_<strong>Ausgabe</strong> 3_<strong>2007</strong>

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