Ausgabe 3/2007 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
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KolleKtivverträge<br />
2) OGH vom 28. 5. 2001,<br />
8 Ob A 236/00i.<br />
Mag. Martin Holzinger<br />
Der Autor ist Leiter der Abteilung<br />
Kollektivvertrags- und Arbeitsverfassungsrecht.<br />
literaturstudium – sofort seine Arbeit beende. In<br />
einem anderen Fall informierte er seinenVorgesetzten,<br />
dass er seine Arbeit wegen Betriebsratstätigkeiten<br />
an diesem Tag beende. Zwei Tage später teilte<br />
dieses Betriebsratsmitglied frühmorgens mit, dass<br />
er an diesem Tag wegen zweier Verhandlungen bei<br />
GerichtnichtzurArbeiterscheinenwerde.Daraufhin<br />
begehrte der Arbeitgeber vom Gericht die Zustimmung<br />
zur Entlassung, in eventu die Zustimmung zur<br />
Kündigung, da ein wiederholter Weisungsverstoß<br />
vorliegt (zeitgerechte Verständigung). Im Falle der<br />
beabsichtigten Entlassung bzw. Kündigung eines<br />
Betriebsratsmitgliedes muss bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit<br />
zuvor die Zustimmung des Gerichtes<br />
eingeholt werden (§ 121ArbVG).<br />
Keine Formvorschrift<br />
Selbst wenn man von der Zulässigkeit einer derartigen<br />
generellenWeisung desArbeitgebers ausginge,<br />
handeltessichbeidenVerstößengegeneinemögliche<br />
zeitgerechteVerständigung um bloße Ordnungswidrigkeiten.<br />
Das Vorliegen einer beharrlichen Pflichtverletzung<br />
i.S.d.§ 121 Z 3ArbVG,welche allenfalls<br />
eine Kündigung rechtfertigen könnte, wurde nie<br />
behauptet, überdies fehlten entsprechende Abmahnungen<br />
wegen beharrlicher Pflichtverletzung. Der<br />
Gesetzgeber hat nicht grundlos jegliche Formvorschriften<br />
über die Art undWeise derVerständigung<br />
des Arbeitgebers über die Abwesenheiten vermieden.<br />
Der OGH 2) hat in diesem Fall keine Zustimmung<br />
zur Entlassung bzw. Kündigung erteilt. Die<br />
höchstgerichtliche Judikatur hat bislang nur in Ausnahmefällen<br />
solche generellenWeisungen gestattet,<br />
wobei dadurch keine nennenswerten Erschwernisse<br />
der Betriebsratstätigkeit eintreten dürfen. Üblicherweise<br />
wäre die Fristsetzung zur Meldung,wann eine<br />
Arbeitsunterbrechung erfolgt, keine wesentliche<br />
Behinderung der Mandatsausübung, dies insbesondere<br />
nicht, wenn es sich um Betriebsratssitzungen<br />
handelt, da diese üblicherweise einige Tage davor<br />
geplant werden.DasAufgabengebiet der Betriebsrä<br />
te beschränkt sich natürlich nicht auf die Abhaltung<br />
von Sitzungen undTeilnahme an Gerichtsverfahren,<br />
sondern ist sehr vielschichtig. Gerade im Bereich<br />
der Beratung von Bediensteten ist es immer wieder<br />
erforderlich, unmittelbar tätig zu werden und somit<br />
seine dienstlichen Obliegenheiten zu unterbrechen.<br />
In einem solchen Fall wäre dieWeisung zur Abgabe<br />
einerAbwesenheitsmeldung 24 Stunden vor der tatsächlichenVerhinderung<br />
jedenfalls eine dieTätigkeit<br />
als Betriebsrat einschränkende Weisung, weshalb<br />
die Missachtung von den Gerichten wohl nicht als<br />
Pflichtverletzung eingestuft werden würde. Der<br />
Zweck einer Abwesenheitsmeldung liegt in erster<br />
linie darin,dass derArbeitgeber entsprechende Dispositionen<br />
betreffend desArbeitsablaufes im Betrieb<br />
treffen kann,was auch im Interesse des Betriebsrates<br />
ist,da dieAusübung derTätigkeit tunlichst ohne Störung<br />
des Betriebes zu vollziehen ist. In Ausnahmefällen<br />
hat die Judikatur sogar die nachträglicheVerständigungvonderbereitsinAnspruchgenommenen<br />
freien Zeit zugelassen. Im lichte der Bestimmung<br />
des § 115 Abs. 2 ArbVG, wonach die Mitglieder des<br />
Betriebsrates an keinerleiWeisungen gebunden sind,<br />
wirdmanzudemErgebnisgelangenkönnen,dassdie<br />
generelleWeisung desArbeitgebers,wonach jegliche<br />
Abwesenheiten zum Zwecke der Mandatsausübung<br />
jedenfalls einenTag davor demVorgesetzten zu melden<br />
sind, als unzulässig einzustufen ist.<br />
Gewährung sämtlicher entgeltbestandteile<br />
Dem Betriebsratsmitglied ist unter Anwendung<br />
des „Ausfallsprinzips“ jenes Entgelt zu bezahlen,<br />
welches es erhalten hätte, wenn es anstelle des konsumierten<br />
„Freistellungsanspruches von derArbeitsleistung“<br />
seine arbeitsvertraglichen Aufgaben erfüllt<br />
hätte. unter dem Entgelt ist nicht nur das Grundgehalt,<br />
sondern alle sonst gewährten Zulagen, aber<br />
auch das Entgelt für regelmäßig geleistete Überstunden<br />
oder Überstundenpauschalen zu verstehen.<br />
Conclusio<br />
Die Betriebsratsmitglieder können auch während<br />
ihrer Arbeitszeit betriebsrätliche Handlungen setzen,<br />
wobei sie diese möglichst ohne Störung des<br />
Betriebesdurchzuführenhaben.Eineentsprechende<br />
MeldungandenVorgesetztenisterforderlich,inhaltlicheAngaben<br />
sind aufgrund derVerschwiegenheitspflicht<br />
auf ein Minimum zu beschränken. Die unberechtigte<br />
Inanspruchnahme des Freizeitanspruches<br />
stellt in der Regel keinen Entlassungsgrund dar, im<br />
Falle der nachweisbarkeit könnte der Arbeitgeber<br />
allenfalls eine Entgeltreduktion durchführen.<br />
32 GÖD_<strong>Ausgabe</strong> 3_<strong>2007</strong>