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Ausgabe 3/2007 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

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Den Mitgliedern des Betriebsrates ist<br />

gemäß § 116 Arbeitsverfassungsgesetz<br />

(ArbVG) unbeschadet einer<br />

eigens geregelten BildungsfreistellungdiezurErfüllungihrerObliegenheiten<br />

erforderliche Freizeit unter Fortzahlung des<br />

Entgeltes zu gewähren. Es ist keiner Bestimmung<br />

des ArbVG zu entnehmen, dass die betriebsrätliche<br />

Tätigkeit gänzlich oder überwiegend außerhalb<br />

der einzelvertraglich oder durch kollektive<br />

Rechtsnormen festgelegtenArbeitszeitgrenzen zu<br />

verrichten wäre.Es ist auch kein Grundsatz ableitbar,<br />

wonach die Betriebsratstätigkeit nur subsidiär<br />

zu den dienstlichen Aufgaben erfüllt werden darf,<br />

die dienstlichen Aufgaben also immer vorgehen.<br />

Die Beurteilung,in welchemAusmaß Freizeit zum<br />

Zwecke der Mandatsausübung erforderlich ist,<br />

obliegt dem jeweiligen Organmitglied.Diese freie<br />

Zeit steht jedoch nicht gänzlich unbeschränkt zu,<br />

die Betriebsräte haben gemäß § 39 Abs. 3 ArbVG<br />

ihreTätigkeit „tunlichst ohne Störung des Betriebes“<br />

zu vollziehen. Der Gesetzgeber hat klar zum<br />

Ausdruck gebracht, dass durch die Mandatsausübung<br />

der <strong>Dienst</strong>betrieb beeinträchtigt werden<br />

kann, es liegt aber in der Verantwortung jedes<br />

einzelnen Betriebsratsmitglieds, bei der zeitlichen<br />

Einteilung dieser Tätigkeit den <strong>Dienst</strong>betrieb zu<br />

berücksichtigen. Der Arbeitgeber muss somit<br />

eine gewisse „Störung der Betriebsabläufe“ hinnehmen.<br />

eigenverantwortung des Betriebsrates<br />

Damit ist eine Interessenabwägung verbunden,<br />

jedes einzelne Betriebsratsmitglied hat nach eigenem<br />

Ermessen jeden Einzelfall zu entscheiden, in<br />

welche Richtung das „Pendel“ dieser Abwägung<br />

ausschlägt. Im Falle der Kollision von Betriebsratstätigkeiten<br />

mit arbeitsvertraglichen Aufgaben<br />

gibt es keine „Standardregeln“,welcher der beiden<br />

Tätigkeiten der Vorzug zu geben ist – diese Entscheidung<br />

trifft das Mitglied einzelfallorientiert.<br />

Das ArbVG bringt damit klar zum Ausdruck, dass<br />

die Betriebsratstätigkeit ohne Entgeltschmälerung<br />

auch während der Arbeitszeit verrichtet werden<br />

kann. Die unberechtigte Inanspruchnahme von<br />

Freizeit stellt (außer in krassen Fällen) keinen<br />

Entlassungsgrund dar, bei Beweisbarkeit könnte<br />

jedoch ein Entgeltverlust erfolgen.<br />

Meldepflicht, kein Genehmigungserfordernis<br />

Das Betriebsratsmitglied hat grundsätzlich dem<br />

Arbeitgeber (meist dem/derVorgesetzten) mitzu­<br />

teilen, wann es die Freizeit zur Mandatsausübung<br />

in Anspruch nimmt. Dies ist aus der allgemeinen<br />

Verpflichtung abzuleiten, wonach Abwesenheiten<br />

zu melden sind. Es besteht jedoch keineVerpflichtung,<br />

die zweckmäßige und widmungsgemäße<br />

Verwendung der Freizeit nachzuweisen. Ein Verstoß<br />

gegen die Benachrichtigungspflicht ist eine<br />

bloße Ordnungsvorschrift, welche die Kündigung<br />

eines Betriebsrates nicht rechtfertigt. 1)<br />

Verschwiegenheitspflicht hat Vorrang<br />

Damit allenfalls überprüft werden kann, ob<br />

Freizeit in einem „überschießenden“ Ausmaß in<br />

Anspruch genommen wurde, müsste wohl über<br />

Verlangen des Arbeitgebers in groben Zügen mitgeteilt<br />

werden, wozu die Freizeit verwendet wird<br />

und wie lange dieArbeitsverhinderung vermutlich<br />

dauert. Die Grenzen dieser inhaltlichen Auskunft<br />

sind jedoch in der Verschwiegenheitspflicht der<br />

Betriebsräte zu finden. Dies bedeutet, dass die<br />

Weitergabe jeglicher Information im obigen Sinne,<br />

welche erkennen lassen würde, für wen die Mandatare<br />

betriebsrätliche Aufgaben wahrnehmen,<br />

mit dem Hinweis auf die Verschwiegenheitsverpflichtung<br />

(§ 115Abs.4ArbVG) abzulehnen wäre.<br />

Probleme in der Praxis<br />

In einem konkreten Fall wurde einem Betriebsrat<br />

von der Geschäftsleitung aufgetragen, dass<br />

er sich, wenn er während der Arbeitszeit seinen<br />

Betriebsratsaufgabennachgehen müsse,bei seinem<br />

Vorgesetzten abzumelden habe. Dieser Aufforderung<br />

kam der Betriebsrat nach. In dieser Funktion<br />

wurde er durch die anderen Bediensteten des<br />

Betriebes auch während seinerArbeitszeit stark in<br />

Anspruch genommen und auch zu mehrerenVerfahren<br />

vor dem Arbeits­ und Sozialgericht Wien<br />

beigezogen, die zwischen dem Betrieb und einzelnenArbeitnehmern<br />

des Betriebes geführt wurden.<br />

Dieser Betriebsrat teilte einesTages vorArbeitsbeginn<br />

seinem Vorgesetzten mit, dass er an diesem<br />

Tag wegen einerArbeitsgerichtsverhandlung,welche<br />

aufgrund eines Rechtsstreites zwischen dem<br />

Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer anberaumt<br />

wurde, nicht an der Arbeitsstelle erscheinen werde.<br />

Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass, dem<br />

Betriebsrat die Weisung zu erteilen, zumindest<br />

einenTag vorher anzukündigen, wann er aufgrund<br />

derAusübung der Mandatsfunktionen nicht arbeiten<br />

werde, bei längerenTerminen auch schon früher.EinigeTage<br />

später teilte dieser Betriebsrat dem<br />

Arbeitgeber mit, dass er – unter anderem wegen<br />

KolleKtivverträge<br />

„Der ARBEIT­<br />

GEBER muss<br />

eine gewisse<br />

STÖRunG<br />

der BETRIEBS­<br />

ABläuFE<br />

hinnehmen.“<br />

1) Einigungsamt Graz<br />

vom 30. 6. 1983, Re 9/83,<br />

Arb 10.251.<br />

GÖD_<strong>Ausgabe</strong> 3_<strong>2007</strong> 31

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