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Geburten und Geburtshilfe in Deutschland - Barmer GEK

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Auskultation <strong>in</strong> Bezug auf das k<strong>in</strong>dliche Outcome überlegen ist" (Geraedts/Neumann<br />

2003, 25).<br />

Für das Ziel des CTG, die ges<strong>und</strong>heitliche Situation des K<strong>in</strong>des während des Geborenwerdens<br />

zu überwachen, gibt es für e<strong>in</strong>e normale Geburt - abgesehen von wenigen speziellen<br />

Ausnahmesituationen (z.B. bei e<strong>in</strong>em erhöhten Risiko der k<strong>in</strong>dlichen Sterblichkeit oder<br />

e<strong>in</strong>er medikamentösen Wehenunterstützung) - e<strong>in</strong>e "gute alte", nichttechnische <strong>und</strong> nützliche<br />

56 Alternativmethode: das zeitweilig aussetzende Abhorchen der k<strong>in</strong>dlichen Herztöne.<br />

Dies fand auch bereits <strong>in</strong> den evidenzbasierten Leitl<strong>in</strong>ien anderer Länder, etwa <strong>in</strong> Kanada,<br />

se<strong>in</strong>en praktischen Niederschlag.<br />

Wenn die CTG-Kontrolle trotzdem noch zur Geburts-Rout<strong>in</strong>e gehört, dient dies bewusst<br />

oder unbewusst zu anderen als den erklärten Zwecken: Zum e<strong>in</strong>en erzeugt e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Messung den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es ständig drohenden, quantitativ höheren Risikos nach der<br />

Art e<strong>in</strong>es Damokles-Schwerts. Zum anderen relativiert e<strong>in</strong>e ständige technische Messung<br />

<strong>und</strong> Beobachtung den Wert der Eigenbeobachtung <strong>und</strong> Selbstwahrnehmungen der Frauen.<br />

Selbst wenn Frauen objektiv nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, jedes Risiko über Körpersignale angemessen<br />

erkennen zu können, rechtfertigt dies nicht, alle Selbstwahrnehmungen "zur<br />

Sicherheit" durch technische Messverfahren zu ersetzen.<br />

3.3.1.4 Risikobegründete Interventionen während der Geburt - Das Beispiel Dammschnitt<br />

Neben der gerade gestreiften Bedeutung der CTG-Kontrolle vor <strong>und</strong> während der Geburt,<br />

gibt es e<strong>in</strong>e Reihe von Aktivitäten <strong>und</strong> Interventionen während der Geburt, deren Notwendigkeit<br />

oder Nutzen oft damit begründet werden, kurz-, mittel- <strong>und</strong> langfristig drohende<br />

Risiken für die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> die Lebensqualität der Frau <strong>und</strong> des K<strong>in</strong>des zu verh<strong>in</strong>dern<br />

oder abzumildern. Auf e<strong>in</strong>e der <strong>in</strong> diesem Kontext angesiedelten großen Interventionen,<br />

den Kaiserschnitt, gehen wir an anderer Stelle etwas ausführlicher e<strong>in</strong>. Die sowieso nicht<br />

risiko- <strong>und</strong> angstfreie akute Situation der Frauen wird also noch mit möglichen oder dro-<br />

56 In e<strong>in</strong>er kontrollierten Studie mit rd. 8.500 Frauen (Impey et al. 2003) zeigte sich bei<br />

Schwangeren mit e<strong>in</strong>er Nichtrisiko- oder Niedrigrisiko-Schwangerschaft, "dass e<strong>in</strong> 20m<strong>in</strong>ütiges<br />

CTG bei der Aufnahme <strong>in</strong>s Krankenhaus (vor der Geburt) der Herzton-Auskultation<br />

nicht überlegen war" (Reime 2004). Dies könnte nach Thacker <strong>und</strong> Stroup (2003, 446) bei<br />

Hochrisiko-Schwangeren anders se<strong>in</strong>. In der aktuellsten deutschen Leitl<strong>in</strong>ie wird diese diffizile<br />

Situation so zusammengefasst: " Die vorliegenden prospektiv randomisierten Studien fanden<br />

zunächst selbst <strong>in</strong> Hochrisikokollektiven ke<strong>in</strong>e Verbesserung der per<strong>in</strong>atalen Daten, abgesehen<br />

von e<strong>in</strong>er Reduktion von Krämpfen im Neugeborenenalter. Das ACOG (American College of<br />

Obstetricians and Gynecologists) kam sogar zu dem Schluss, dass die <strong>in</strong>termittierende Auskultation<br />

<strong>in</strong> vorgegebenen Intervallen der CTG-Überwachung ebenbürtig sei. Bei Verzicht auf die<br />

CTG- Überwachung wäre die Auskultation jedoch zeit- <strong>und</strong> personal<strong>in</strong>tensiv, erlaubt unter<br />

medicolegalem Blickw<strong>in</strong>kel nur e<strong>in</strong>e lückenhafte Dokumentation" (DGGG 2004). Klarer kann<br />

man nicht ausdrücken, dass nicht die ges<strong>und</strong>heitlichen Interessen der Gebärenden <strong>und</strong> ihres<br />

K<strong>in</strong>des, sondern die Organisationsprobleme des Krankenhauses <strong>und</strong> der bekannte "Versicherungsfall"<br />

das Geschehen bestimmen.<br />

<strong>GEK</strong>-Edition 105

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