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Geburten und Geburtshilfe in Deutschland - Barmer GEK

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Dazu gehört z.B. die lange Verantwortlichkeit deutscher Eltern für die ökonomische Existenzsicherung<br />

ihrer K<strong>in</strong>der bis zum Ende ihrer Ausbildungszeit <strong>und</strong> dem Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es<br />

eigenen Berufslebens. Dies ist <strong>in</strong> anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel <strong>in</strong><br />

Frankreich deutlich anders geregelt. Als selbständig gelten junge Erwachsene <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

nicht schon beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e berufsvorbereitende Ausbildung, sondern erst mit<br />

dem meist Jahre später erfolgenden E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Beruf. Angesichts eher noch wachsender<br />

Ausbildungszeiten <strong>und</strong> den nicht ger<strong>in</strong>gen Übergangsproblemen vom Bildungs- <strong>in</strong> den<br />

Arbeitsbereich, verschiebt sich der Zeitpunkt der objektiven aber vor allem auch der "gefühlten"<br />

Unabhängigkeit <strong>und</strong> den möglicherweise „reproduktiven Folgen“ dieses Gefühls<br />

immer mehr <strong>in</strong> spätere Lebensjahre.<br />

Dass dieser spezifische Selbständigkeitsnachteil deutscher, junger Erwachsenen auch zu<br />

"Startnachteilen oder -verzögerungen" im Bereich der Partnerwahl <strong>und</strong> möglicherweise des<br />

K<strong>in</strong>derkriegens führt, halten Bevölkerungswissenschaftler für erwiesen. Aus Studien mit<br />

Daten des <strong>in</strong>ternationalen "Family Fertility Surveys" aus dem Jahre 1992, neuere vergleichbare<br />

Daten gibt es nicht, zitieren Bertram et al (2005, 23), dass "50 Prozent der befragten<br />

bis 25-jährigen jungen Frauen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> an(geben), ke<strong>in</strong>en festen Partner zu<br />

haben, <strong>in</strong> Italien s<strong>in</strong>d es sogar 60 Prozent, <strong>in</strong> Frankreich <strong>und</strong> <strong>in</strong> den nordeuropäischen<br />

Ländern jedoch nur 20 Prozent." Die Schlussfolgerung lautet dann: "Offenbar nehmen die<br />

jungen Erwachsenen <strong>in</strong> den Ländern, <strong>in</strong> denen die ökonomische Verantwortung ausschließlich<br />

bei den Eltern liegt, Rücksicht auf die Ressourcen ihrer Eltern <strong>und</strong> b<strong>in</strong>den sich<br />

später als <strong>in</strong> jenen Ländern, die mehr auf die Selbstständigkeit der jungen Erwachsenen<br />

setzen. Dabei darf zudem nicht vergessen werden, dass die ökonomische Selbstständigkeit<br />

e<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong> der Regel auf zwei E<strong>in</strong>kommen basiert. Nicht nur der junge Mann, sondern<br />

auch die junge Frau muss zunächst e<strong>in</strong>e eigene ökonomische Basis haben, um e<strong>in</strong>e<br />

geme<strong>in</strong>same Zukunft planen zu können" (Bertram et al. 2005, 23).<br />

Im Jahre 2004 lebten (Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2005a) noch 24 Prozent der über 21 Jahren<br />

alten männlichen Bevölkerung im Elternhaus. Mit 30 Jahren waren noch 14 Prozent <strong>und</strong><br />

mit 40 Jahren noch 5 Prozent der Männer „ledige K<strong>in</strong>der“ im Haushalt ihrer Eltern. Auch<br />

wenn dies bei den jungen Frauen deutlich anders aussah (mit 22 Jahren noch 44 Prozent,<br />

mit 30 Jahren 5 Prozent <strong>und</strong> mit 40 Jahren noch 1 Prozent bei den Eltern) beh<strong>in</strong>dert das<br />

„Hotel-Mama“-Leben der Männer sowohl die frühere Gründung e<strong>in</strong>er Ehe als auch e<strong>in</strong>e<br />

Partner- oder Elternschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebensgeme<strong>in</strong>schaft. Die "späte Abnabelung von den<br />

Eltern sorgt auch dafür, dass die jungen Männer hierzulande viel später als andere Europäer<br />

feste B<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>gehen: Von den 23- bis 27-jährigen Deutschen, die das Elternhaus<br />

verlassen haben, leben nur 30 Prozent mit e<strong>in</strong>er Partner<strong>in</strong> zusammen - <strong>in</strong> England s<strong>in</strong>d das<br />

40, <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland sogar 50 Prozent" (Berl<strong>in</strong>-Institut-Newsletter 2006). Dies ist auch e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

für den <strong>in</strong>sbesondere von jüngeren Frauen für ihre K<strong>in</strong>derlosigkeit genannten<br />

Gr<strong>und</strong> des Fehlens e<strong>in</strong>es entsprechenden Partners.<br />

Zusammen mit anderen genannten Faktoren führt dies zu e<strong>in</strong>er vor Jahrzehnten beg<strong>in</strong>nenden<br />

sukzessiven Verschiebung des bis etwa 1970 zuerst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>s niedrigere Lebensalter<br />

(dies war e<strong>in</strong>er der Gründe des <strong>Geburten</strong>-Hochs <strong>in</strong> diesen Jahren) vorgezogenen Erstheirats-Zeitpunkts<br />

von Männern <strong>und</strong> Frauen (vgl. Abbildung 14) <strong>in</strong>s höhere Lebensalter.<br />

<strong>GEK</strong>-Edition 53

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