Hand und Auge
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Hand und Auge
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ens, des gestischen oder sprachlichen Ausdrucks <strong>und</strong> in den Gewohnheiten,<br />
die sich über das Gedächtnis dieser Akte konstituieren. Die Repräsentation<br />
hat ihre Realität zuerst im Akt <strong>und</strong> dann über das Gedächtnis (<strong>und</strong><br />
die Gewohnheit) in einem System von Erwartungen <strong>und</strong> Plänen für mögliche<br />
Akte. Die Existenz des Systems nur im Akt mit einer Spur im Gedächtnis<br />
<strong>und</strong> einem sich daraus ergebenden Repräsentationspotential stellt<br />
eine der Gr<strong>und</strong>schwierigkeiten aller semiotischen Wissenschaften dar.<br />
Im Akt der gestischen Kommunikation wird ein Raum definiert, in dessen<br />
Ursprung der Körper liegt <strong>und</strong> dessen Grenzen die sichtbare Umgebung<br />
bildet (dies kann beim Beobachten der Sterne das sichtbare Universum<br />
sein). In diesem Raum hat auch der Kommunikationspartner seinen<br />
Platz. Dieser Basisraum dient als Einbettungsort für imaginäre Räume, die<br />
entweder aus der gemeinsamen Erinnerung (dem gemeinsamen Wissen)<br />
konstruiert oder kreativ-imaginal gestaltet werden. Beim Übergang vom<br />
realen Raum der Situation zum Wissens- <strong>und</strong> Erinnerungsraum <strong>und</strong> zum<br />
Raum kreativer Imagination müssen Bedingungen der Stabilität erfüllt<br />
werden, da sonst die gemeinsame Basis der Partner zerbricht bzw. langsam<br />
in verschiedene Richtungen abdriftet.<br />
Neben dieser sozial-kommunikativen Kontrolle gibt es wohl auch interne<br />
Kontrollen, d.h. auch das Individuum kann den Boden seines Denkens<br />
mit Zeichen “verlieren”. In Randbereichen des abstrakten Denkens<br />
können Regeln (z.B. des mathematischen Beweises) die Kohärenz künstlich<br />
sichern, wodurch sich ein Konflikt zwischen imaginaler Kreativität<br />
<strong>und</strong> propositionaler Kontrolle, etwa durch Regeln des logischen Schließens,<br />
ergibt. Auch die “Metaphysik-Kritik” des logischen Empirismus,<br />
könnte als Reflexion über die Grenzen nicht-imaginal bzw. erfahrungsf<strong>und</strong>ierten<br />
Kommunizierens neu formuliert werden.<br />
4.2. <strong>Auge</strong>nbewegungen als Zeichen<br />
Daß die <strong>Auge</strong>n auf den Ort, das Objekt der Aufmerksamkeit gerichtet<br />
sind, daß sie im Gesicht des anderen lesen, daß ihr Verharren ein Indikator<br />
innerer Denkprozesse ist, das alles ist auch für den normalen Beobachter<br />
deutlich erkennbar <strong>und</strong> kann deshalb im Gesicht “gelesen” werden. Die<br />
Selbsterfahrung des <strong>Auge</strong>nlesens kann wiederum vom Sprecher reflektiert<br />
werden, so daß er mit den <strong>Auge</strong>n ausweicht, das Objekt der Begierde mit<br />
den <strong>Auge</strong>n meidet usw. Dies kann wiederum als Zeichen gelesen werden,<br />
<strong>und</strong> es können sich in diesem Reflexionszyklus Gewohnheiten, Konventionen<br />
herausbilden. Die <strong>Auge</strong>n sind wie die Hände gegliederte Ganzheiten.<br />
Die <strong>Auge</strong>nbrauen, die <strong>Auge</strong>nlider, die Pupillen können bewegt werden<br />
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