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Das Tier in der Religion, mit hundertzwei Abbildungen

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sehe Verwandlungen heute wissenschaftHch<br />

zwar e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Ausdruck wählen, aber<br />

im Grunde genau denselben Vorgang erleb-<br />

nismäßig wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den, wie er die Gnmdlagen<br />

<strong>der</strong> alten Volkssagen bildet.<br />

Mir sche<strong>in</strong>t aber, daß man den Komplex <strong>der</strong><br />

Beziehungen zwischen den Lebewesen noch<br />

erweitem muß.<br />

In Mittelmeerlän<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> Indien und vielen<br />

an<strong>der</strong>en Teilen <strong>der</strong> Erde begegnet uns gele-<br />

gentlich die Auffassung, daß alle Menschen,<br />

wenn sie nicht endgültig aus den Lebensfor-<br />

men befreit werden, nach ihrem Tode stets<br />

<strong>in</strong> <strong>Tier</strong>e verwandelt werden und aus diesen<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Menschenformen zurückgehen, so<br />

daß also e<strong>in</strong> Teil des Geistes niemals wirklich<br />

erlischt, son<strong>der</strong>n von Stufe zu Stufe verwan-<br />

delt wird.<br />

Wenn man nun den Ausdruck Werwolf be-<br />

trachtet, so heißt es zwar landläufig, daß das<br />

Wort Wer Mann bedeuten soll, aber nach den<br />

an<strong>der</strong>en Sprachformen, die wir für Werwolf<br />

haben, nämUch z. B. Loup-Garou und War-<br />

kalak halte ich für sehr wahrsche<strong>in</strong>lich, daß<br />

Wer : Afra bedeutet, das heißt Sonne im Nacht-<br />

stand. Ich glaube bestimmt, daß auf Grund<br />

<strong>der</strong> alten, auch <strong>in</strong> Europa früher vollkommen<br />

heimischen taoistischen Begriffe die Vorstel-<br />

lungsform wie folgt g<strong>in</strong>g: Wenn e<strong>in</strong> Mensch<br />

nicht mehr er selbst ist, son<strong>der</strong>n außer sich,<br />

das heißt also, wenn er im Schlaf ohne Geist<br />

daliegt, wenn er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankheit völlig ver-<br />

än<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> auch gestorben ist, so kann die<br />

Bewegung se<strong>in</strong>es Geistes o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>er Seele<br />

nicht e<strong>in</strong>fach aufgehoben se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n durch<br />

die Bewegtheit se<strong>in</strong>es Geistes wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

se<strong>in</strong>er Passivität e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Wesen <strong>in</strong> Betrieb<br />

gesetzt.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten gesagt, denke ich, daß<br />

die Vorzeit nicht nur e<strong>in</strong> Gesetz von <strong>der</strong> Er-<br />

19<br />

haltung <strong>der</strong> Energie annahm, son<strong>der</strong>n auch<br />

e<strong>in</strong> Gesetz von <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Bewegung.<br />

Daß e<strong>in</strong>e solche Annahme möglich ist, kann<br />

niemand bezweifeln: Wie sich unsere eigene<br />

Weltkenntnis <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten Zeit zu ihr ver-<br />

halten wird, läßt sich noch nicht entscheiden.<br />

Unter e<strong>in</strong>em solchen Gesetz nun ergibt es sich<br />

von selbst, daß die Seele e<strong>in</strong>es Schlafenden<br />

z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Maus, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Wiesel, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Vo-<br />

gel verwandelt,o<strong>der</strong> auch als Rauchwolke sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt bewegt, Erlebnisse hat und Funk-<br />

tionen durchführt, nach <strong>der</strong>en Ende sie wie-<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Menschen e<strong>in</strong>geht, worauf bald das<br />

Erwachen folgt und <strong>der</strong> Mensch selbst die Be-<br />

wegungen fortsetzt. Ebenso zwanglos ergibt<br />

es sich, daß Menschen <strong>in</strong>folge verhältnismäßig<br />

langer Krankheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kritischen Augen-<br />

blick zu e<strong>in</strong>er ungeheuren tierhaften Bewegt-<br />

heit verwandelt werden und ihren Mitmen-<br />

schen gefährlich werden. Als ganz allgeme<strong>in</strong>e<br />

Anschauung könnte aber zu irgende<strong>in</strong>er Zeit<br />

die Grundauffassung bestanden haben, daß<br />

die Bewegungslosigkeit aller Menschen im<br />

Schlaf die Bewegung <strong>der</strong> Stürme, <strong>der</strong> Nacht-<br />

tiere etc. auslöst, daß überall, wo viele Men-<br />

schen gestorben s<strong>in</strong>d, die <strong>Tier</strong>e sich entspre-<br />

chend vermehren, und wir werden <strong>in</strong> den<br />

E<strong>in</strong>zelheiten noch manchen Vorstellungen be-<br />

gegnen, welche diese Hypothese unterstützen.<br />

DER BÄR. Verwandlungen von Menschen<br />

geschehen unter drei Aspekten: i. <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Krankheit o<strong>der</strong> <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>es Fluches (hierbei<br />

liegt dann oft e<strong>in</strong> Vergehen, e<strong>in</strong>e Sünde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vorgeschichte) ; 2. nach dem Tode; 3. freiwil-<br />

lig, <strong>in</strong>dem die Menschen im Besitze des Ver-<br />

wandlungswillens s<strong>in</strong>d. Oft ver<strong>mit</strong>tels e<strong>in</strong>es<br />

beson<strong>der</strong>en Zaubers. Es kommt auch vor, daß<br />

<strong>in</strong> bestimmten Gegenden o<strong>der</strong> Landschaften<br />

die Bevölkerung beson<strong>der</strong>s zu <strong>der</strong>artigen Ver-<br />

wandlungen imstande ist.

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