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Das Tier in der Religion, mit hundertzwei Abbildungen

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ist nun nicht <strong>der</strong> Ort, e<strong>in</strong>e ganze Psychologie<br />

neuer Art aufzubauen, aber wir können sicher<br />

se<strong>in</strong>, daß es <strong>in</strong> früherer Zeit e<strong>in</strong> Erlebnis gab,<br />

das sich zwischen Menschen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em be-<br />

stimmten Zustand halb aus sich herausgehen<br />

konnten, und zwischen <strong>Tier</strong>en gibt. Auf Neu-<br />

seeland vermehrte sich das Volk im gleichen<br />

Maße, <strong>in</strong> dem die Moa-Vögel ausstarben. <strong>Tier</strong>e<br />

s<strong>in</strong>d tatsächUch Träger menschlichen Geistes,<br />

und nur <strong>der</strong> Mensch kann diesen Geist wie<strong>der</strong><br />

von den <strong>Tier</strong>en nehmen. Es ist auch vollkom-<br />

men richtig, daß Menschen, die <strong>in</strong> E<strong>in</strong>samkeit<br />

sterben, e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>s großen Teil ihres Gei-<br />

stes, <strong>der</strong> nun eben nicht an die Umgebenden<br />

übertragen werden kann, auf e<strong>in</strong> <strong>Tier</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nähe übergeben, das dann zu den Menschen<br />

<strong>in</strong> irgende<strong>in</strong> Verhältnis tritt. Ich möchte über<br />

die E<strong>in</strong>samkeitszustände des Menschen e<strong>in</strong>e<br />

merkwürdige japanische alte Erzählung bei-<br />

tragen, obwohl dieselbe nicht ganz zum Thema<br />

gehört.<br />

Auf dem Hiyesan steht das Ste<strong>in</strong>bild e<strong>in</strong>es<br />

Heiligen, dessen Geschichte e<strong>in</strong>e gewisse Be-<br />

ziehung zum <strong>in</strong>dischen Naga-Kult aufweist,<br />

aber <strong>der</strong> auch e<strong>in</strong> gewisses Erleben zugrunde<br />

zu hegen sche<strong>in</strong>t : Nah bei Osaka baute man<br />

vor langer Zeit stets Vorratskammern etwa <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Art, wie sie als Pfahlbauüberreste überall<br />

<strong>in</strong> Sibirien bei den entferntesten Völkern vor-<br />

kommen, und sie wurden angelegt bei norma-<br />

ler Ernte, um zur Zeit <strong>der</strong> Not verbraucht zu<br />

werden. Die Schlüssel zu diesen Häusern er-<br />

hielt <strong>der</strong> Oberste <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, Als nun nach<br />

langer guter Zeit e<strong>in</strong>mal die Stapel verbraucht<br />

werden sollten, erschraken die Menschen vor<br />

e<strong>in</strong>em unbegreiflichen Wesen. Auf e<strong>in</strong>em zu-<br />

sammengerollten Leib stak <strong>der</strong> Kopf e<strong>in</strong>es<br />

Greises. Er fand die Sprache und erzählte, daß<br />

er <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>geschlossen war, als <strong>der</strong> Reis gesta-<br />

pelt wurde. Er merkte zu spät, daß er e<strong>in</strong>ge-<br />

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schlossen war, und konnte nicht h<strong>in</strong>auskom-<br />

men. Er hatte genug Reis zu essen, aber er litt<br />

unter <strong>der</strong> Kälte. Bald aber merkte er, daß auch<br />

e<strong>in</strong>e Schlange <strong>in</strong> das Vorratshaus e<strong>in</strong>geschlos-<br />

sen war, wie es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegend häufig ist. Er<br />

hatte zwar Furcht vor <strong>der</strong> Größe, aber er<br />

wurde <strong>mit</strong> ihr Freund, und sie begann ihn zu<br />

umr<strong>in</strong>ge<strong>in</strong> . So verg<strong>in</strong>gen Jahre, se<strong>in</strong> Haar wur-<br />

de lang, und so fand man den Greis, umwun-<br />

den von se<strong>in</strong>em Schlangenfreund. Da dachten<br />

denn die Menschen, Mensch und Schlange wä-<br />

ren zusammen e<strong>in</strong>e schützende Gottheit, sie<br />

machten das Bild und nannten es Takusho-<br />

Uga-J<strong>in</strong>. — Hier ist nicht mehr zu entschei-<br />

den, wieviel von diesem Vorgang schon rituell<br />

imd wieviel noch Erlebnis ist, aber die ganz<br />

enge Verb<strong>in</strong>dung zwischen Mensch und <strong>Tier</strong><br />

sowie die Idee, daß es vielleicht <strong>der</strong> Mensch<br />

selbst war, <strong>der</strong> die Schlange erst zu ihrer Grö-<br />

ße durch se<strong>in</strong>e Kräfte brachte, s<strong>in</strong>d doch ent-<br />

scheidend, <strong>in</strong> welcher Weise überhaupt My-<br />

then entstanden.<br />

Und wenn wir nun zurückkommen auf unsere<br />

südamerikanischen Beispiele, so möchte ich<br />

auch <strong>in</strong> ihnen trotz <strong>der</strong> ganz evidenten Moiid-<br />

rituale folgende Synthese machen, die aber<br />

auch weit vor <strong>der</strong> Entstehung dieser Märchen<br />

liegen wird : Der Mensch lebt eng <strong>mit</strong> den We-<br />

sen <strong>der</strong> Natur zusammen. Er kennt die Ab-<br />

hängigkeit se<strong>in</strong>er Stimmungen und Krank-<br />

heiten von den Gestirnen genauer wie wir,<br />

die ja immerh<strong>in</strong> allenfalls zugeben, daß die<br />

Zeit des VoUmondes auf die menschliche Psy-<br />

che ungewöhnliche E<strong>in</strong>flüsse hat, die dah<strong>in</strong><br />

gehen, daß <strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong>e gewöhnliche Kör-<br />

perregeneration <strong>der</strong> Nacht zeitweilig unter-<br />

bricht, um etwa gefährHche Wege zu gehen<br />

<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Stabilität, die sonst se<strong>in</strong>er Psyche<br />

unbekannt ist, und nur <strong>mit</strong> <strong>der</strong> von Katzen<br />

o<strong>der</strong> auch Affen vergHchen werden kann. Es

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